Der Leitwolf plant für später

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Noch zählt Ludger Beerbaum zu den Top-Reitern der Welt. In Rio 2016 will es der derzeitige Weltranglisten-Zweite bei seinem siebten Olympiastart nochmal wissen, aber die Weichen für das Leben danach sind schon gestellt. Wie das aussehen könnte, erlebt an diesem Wochenende die Szene live in Riesenbeck bei einer Eröffnungsgala der professionellen Trainingsanlage „Riesenbeck International“ und Hengstschau. ST. GEORG sah sich vorher schon mal um.

Man kann es nur hurtig nennen, wie Ludger Beerbaum, seine 51 Jahre Lügen strafend,  durch die Halle sprinted, auf zwei Blumentöpfe zu, die irgendwie noch nicht den richtigen Platz gefunden haben. Er greift sie sich und stellt sie rechts und links neben den Einritt. Jetzt  wird ein Ding draus, der Chef ist zufrieden. Um ihn herum wildes Gewusel, Generalprobenstimmung. Hier reitet eine junge Praktikantin auf dem rührend braven Turnierrentner Chaman über zwei Hindernisse, derHengst ist einer der Stars der Deckstation Beerbaum. Philipp Weishaupt, Hendrik von Eckermann und ein paar andere Reiter aus dem Stall Beerbaum bemühen sich, ein paar Haflingern die Feinheiten der höheren Reitkunst nahe zu bringen, das soll bei der Eröffnungsfeier die Dressurquadrille ergeben. Dazwischen eilen Helfer mit Stangen und Ständern, der Parcours wird im Trabe auf- und genauso schnell wieder abgebaut. Auch das klappt, und zwar in Rekordzeit. Auf der Tribüne verfolgt die Rest der Beerbaum-Familie das Treiben: Ludgers zweite Frau, die Britin  Arundell, mit den Töchtern Cäcilie, 6, und Mathilde, 3, beide perfekt zweisprachig,  die sich noch ein Pony teilen. Aber ich will, dass sie erstmal auch andere Sachen machen, sagt Frau Beerbaum. So fährt sie die Töchter auch zum Klavierunterricht und zum Sport.  Zu den Zuschauern zählt auch Alexander, Beerbaums Sohn aus erster Ehe, der in Osnabrück studiert und zusammen mit dem Vater eine neue Futterlinie entwickelt hat, und Stieftochter Vivien Schockemöhle. Die einzige Tochter von Paul Schockemöhle betreibt in Riesenbeck zusammen mit ihrem italienischen Freund, der ein bisschen aussieht wie der kleine Bruder von Rodrigo Pessoa, einen Handelsstall.

Die funkelnagelneue, mit edler Bande aus Eichenholz gesäumte Halle, in der sich Beerbaums Zukunft abspielen wird, hat eine Reitfläche von 80 mal 40 Meter. Theoretisch also Platz für vier Dressurvierecke nebeneinander. Es handelt es sich um die größte bereitbare Fläche wenn nicht in Europa, so doch in einem deutschen Reitverein. Viele Veranstalter internationaler Turniere können jetzt ein bisschen neidisch werden. Die Abreitehalle von 30 mal 60 Meter wird durch eine weitere Halle getrennt, in die Pferdetransporter herein und ohne zu wenden wieder herausfahren können, zum stressfreien und bei jedem Wetter trockenen Ver- und Ausladen der Pferde. Große Dimensionen. Hier will Riesenbeck International, so der Name  der Firma,  hochklassige Turniere, Seminare, Lehrgänge und Trainingstage ausrichten, ein Zentrum des Springreitens, über Deutschlands Grenzen hinaus. Auch umfangreiche Ställe sind geplant.

Wer als erster die Idee für den großen Wurf hatte, Ludger Beerbaum oder sein Freund und jetzt Geschäftspartner Philipp Freiherr Heereman v. Zuydwyk, darüber sind sich die Akteure nicht ganz einig. Wir sprechen die gleiche Sprache, sagt Philipp v. Heereman, der mit seiner Familie auf dem Stammsitz, der Surenburg, einen Steinwurf entfernt wohnt Er übernahm vor einigen Jahren von seinem Vater, dem früheren Bauernpräsidenten Constantin Freiherr Heeremann, den Vorsitz des Reit-, Fahr- und Zuchtvereins Riesenbeck, international bekannt durch seine Fahrturniere bis hin zu Welt- und Europameisterschaften. In diesem Jahr wird von 30. Juli bis 2. August  draußen auf dem großen Platz das Vierspänner-CAIO stattfinden, weil Aachen als Ausrichter der Europameisterschaft pausiert. Der 84-jährige Senior ist zwar bei der Eröffnung krankheitsbedingt nicht dabei, aber dennoch stets präsent, fungiert auch offiziell als Geschäftspartner von Beerbaum. Heereman Junior verwirklichte mit den beiden monumentalen Hallen mehr oder weniger ganz in Holz seinen Traum. Schließlich bin ich der Holzwurm hier, sagt der Herr über 500 Hektar Wald.

Praktischerweise hat die Familie von Heereman auch das Parkhotel Surenburg nebenan von Grund auf renoviert. Was früher etwas altdeutsch-düster daher kam, schimmert nun in frischem Hellgelb durch die westfälischen Wiesen.  Wir haben das Hotel löffelfertig verpachtet, sagt Philipp v. Heereman, das heißt: Wir haben bis zum letzten Löffel alles selbst ausgesucht und eingerichtet. Dann musste nur noch der Sternekoch kommen, und selbst die verwöhntesten Reitschüler aus Shangai können nicht meckern. Das hat internationale Klasse.

Ludger Beerbaum, der seinen eigenen Trainingsstall zwei Kilometer Luftlinie entfernt weiterführen wird, ist nicht nur Miteigentümer, sondern auch Betreiber der 3,5 Millionen teuren Anlage. Und er hat mehr als nur kommerzielle Vorstellungen.Er hat auch Visionen.  Ich will hier kein Hokuspokus, sagt er. Keine Gurus, sondern beste Qualität an Ausbildung auf allen Gebieten. Nicht nur beim Reiten, sondern auch im Bereich Fütterung, Haltung  und Beschlag. Man glaubt nicht, was da zum Teil für Fehler gemacht werden, sagt Beerbaum. Er ist die Lokomotive, letztlich hängt alles an seiner Person, an seinem Namen, an seiner Energie, an seinem Sachverstand. Viel Glück, Ludger Beerbaum!

 

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Gabriele PochhammerHerausgeberin

Herausgeberin des St.GEORG, den sie als Chefredakteurin von 1995-2012 als erste Frau auf dieser Position verantwortet hat. Als Berichterstatterin auf elf Olympischen Spielen und unzähligen Welt- und Europameisterschaften. Erfolgreiche Pferdezüchterin: Der von ihr gezogene Wallach Leonidas II war eines der besten Vielseitigkeitspferde seiner Zeit. Eines der Fachgebiete: internationale Sportpolitik, schreibt für die Süddeutsche Zeitung.