Geländelehrgang in Warendorf: „Disziplinübergreifend lernen“

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In toller Manier über die Bürste: Sina Richartz, 3. Lehrjahr.

Zweimal jährlich haben Auszubildende  die Chance, an einem von der Bundesvereinigung der Berufsreiter (BBR) organisierten Geländelehrgang teilzunehmen. 14 Nachwuchs-Profis nahmen teils hunderte Kilometer Anreise in Kauf, um sich vier Tage lang von Fritz Lutter in die Kunst der Geländeausbildung einweihen zu lassen.

„Das waren vier tolle, prall gefüllte Tage, ich habe richtig viel gelernt“, freute sich Christina Hoffmann, eine der Teilnehmerinnen des viertägigen BBR-Geländelehrgangs in Warendorf. Hoffmann hatte das große Glück, sogar mit zwei Pferden anreisen zu dürfen. „Das war toll, weil ich zwei ganz verschiedene Ziele mit den Pferden hatte“, berichtet die 42-jährige Berufsreiterin aus der Nähe von Düsseldorf. Ihr vierjähriger Fidertanz-Sohn Finnley sollte möglichst viele verschiedene Geländehindernisse kennenlernen, der zehnjährige Di Niro-Sohn Dark Dancer dagegen, mit dem sie Geländeprüfungen bis zur Klasse L reitet, mag schmale Sprünge nicht sonderlich, hier erhoffte sich die Ausbilderin Tipps vom Nachwuchstrainer der Ponyreiter, Fritz Lutter. Hoffmann hat zwar ihre Pferdewirt-Prüfung schon vor zwei Jahren absolviert, durfte aber beim Geländelehrgang trotzdem mitreiten, weil noch ein Platz frei war – „zum Glück“, strahlte Hoffmann. 

Im Normalfall ist der Lehrgang für Auszubildende konzipiert, die im Laufe ihrer Ausbildung wenig Möglichkeiten haben, sich mit der Sparte des Geländereitens zu beschäftigen. Schon vor rund 15 Jahren erkannte die Bundesvereinigung der Berufsreiter (BBR) die Notwendigkeit, hier die Auszubildenden zu unterstützen. Die Idee, einen viertägigen Lehrgang mit dem Thema Geländeausbildung anzubieten, wurde nicht nur von den Lehrlingen, sondern auch von den Ausbildern begeistert aufgenommen Diplom-Trainer Fritz Lutter beispielsweise unterstützt die BBR seit vielen Jahren in ihrem Vorhaben. „Der Grundgedanke ist einfach toll, weil im Prinzip nicht das Geländereiten, sondern das diziplinübergreifende Ausbilden in diesem Lehrgang für die Teilnehmer eine neue Bedeutung erhält.“ 
 

Viele Auszubildende sind in Ställen, die sich eher auf Dressur und/oder Springen konzentrieren, die wenigsten haben darum die Möglichkeit, regelmäßig die Arbeit im Gelände in die Ausbildung des Pferdes zu integrieren. „Und genau hier setzen wir am ersten Tag an“, berichtet Lutter, dem nicht entgeht, dass manchmal schon der eine oder andere Teilnehmer starkes Herzklopfen hat, wenn der Begriff „Gelände“ fällt. „Am ersten Tag steht das Springen von Geländehindernissen total im Hintergrund. Statt dessen ist das erste Ziel für alle: sich frei im Gelände bewegen können.“ Es wird über Gras und durch Sand, durch den Wald und auf Asphalt, hügelauf- und hübelabwärts geritten, die eine oder Wasserstelle wird zunächst im Schritt, später im Galopp genommen. Dieses „Gelände-Kennenlernprogramm“ für Reiter und Pferde wird darüber hinaus ergänzt mit dressurmäßiger Arbeit in der Reithalle, dafür steht der Ausbildungsleiter der Deutschen Reitschule, Hannes Müller, zur Verfügung. 

Die Verbindung Gelände und dressurmäßige Arbeit ist schnell hergestellt und ist etwas, das sich durch den gesamten Lehrgang zieht. „Was mich wirklich begeistert, ist zu sehen, wie die Reiter hier durch die Art des Trainings im Gelände sehr viel über die allgemeine Ausbildung des Pferdes lernen“, bestätigt einer der Prüfer und ebenfalls langjähriger Unterstützer dieses Lehrgangs, Thies Kaspareit (FN). „Ein Pferd, das nicht vor dem Reiter ist, kann im Gelände gefährlich werden die Wirkung ist also größer als zum Beispiel in der Dressur. Die Reiter fühlen schneller, wo es in der Ausbildung noch Defizite gibt und dies wiederum hat einen großen Einfluss auf ihr dressur- oder springmäßiges Reiten.“
„Vom Leichten zum Schweren“ – noch so ein Grundsatz der klassischen Ausbildung, den Diplom-Trainer Fritz Lutter im Laufe der drei Ausbildungstage mühelos mit Leben füllte. „Tag eins vergeht mit Dressur und Gelände-Kennenlernen, manchmal integrieren wir schon kleine Baumstämme. Am zweiten Tag widmen wir uns verschiedensten Geländehindernissen, die hier in Warendorf alle so freundlich, klein und einladend gebaut sind, dass auch unerfahrene Pferde und Reiter in der Regel sofort Erfolgserlebnisse haben.“ 

Ein besonderes Erfolgserlebnis für viele der Teilnehmer ist immer wieder das Überwinden von Wassergräben und Kanten, hat Lutter beobachtet. Das Gelände der Bundeswehrsportschule bietet hier tolle Entwicklungsmöglichkeiten: vom sehr schmalen, flachen Rinnsal zum tiefen, breiten Graben lassen sich die Anforderungen individuell für Reiter und Pferde steigern. Auch Tiefsprünge, Wasserein- und ausritt und -sprung sowie diverse immer schmaler werdende Hürden stehen den Teilnehmern zur Verfügung, „ein Geländereiterparadies“, schwärmt Christina Hoffmann.

Am letzten Tag wartete noch einmal eine besondere Herausforderung auf die Teilnehmer: Zunächst mussten sie eine Dressurreiterprüfung, wahlweise in der Klasse A oder L, je nach Leistungsstand, in der Halle reiten, diese wurde ausführlich kommentiert und mit Tipps für die weitere Arbeit zu Hause gespickt. Dann ging es zum letzten Mal ins Gelände – diesmal allerdings hat nicht Trainer Lutter die Strecke zusammengestellt, diesmal mussten die Teilnehmer selbst eine Route auswählen, die ihrem eigenen und dem Leistungsstand des Pferdes entsprachen. Die gewählte Strecke musste kurz erläutert werden, „es geht hier nicht um schneller, höher, weiter“, betonte Lutter. „Sondern viel wichtiger ist es zu erkennen, mit welcher Auswahl ich dem Pferd gerecht werde.“ Da durfte der eine Reiter, der zwar am Vortag noch über den Graben gesprungen war, darauf aber in der Prüfungssituation lieber verzichten wollte, den Graben weglassen, da durfte ein Auszubildender mit einem jungen Pferd, das nach drei Geländetagen schon voll mit Eindrücken war, auch eine ganz leichte Strecke mit wenig Hindernissen wählen. „Es geht immer zuerst um das Wohl des Pferdes und darum, den Lehrgang mit einem positiven Gefühl für Reiter und Pferd zu beenden“, erinnerte Lutter seine Schüler. 
Der diesjährige Herbstlehrgang im Geländereiten der BBR war sehr gut besucht, mittlerweile sind es auch wie gewünscht in der Hauptsache Auszubildende, die daran teilnehmen. Es scheint sich herumgesprochen zu haben, dass diese Lehrgänge sehr viel mehr nützen als schaden und so sind Ausbilder mittlerweile offener dafür geworden, ihre Lehrlinge zu dieser Fortbildung einige Tage aus dem Betrieb freizustellen. In diesem Jahr bekam eine Auszubildende sogar erstmals einen Bundeschampionats-Teilnehmer (fünfjähriges Springpferd) zu Verfügung gestellt – „damit er sich nach dem Turnierstress so richtig entspannt.“ Da war er bei Fritz Lutter auf jeden Fall in den richtigen Händen!
Zur Info: die BBR-Geländelehrgänge finden derzeit zweimal jährlich statt, Infos erhalten Sie immer rechtzeitig auf den „Gelben Seiten“ des ST.GEORG und im Internet unter www.berufsreiterverband.de. Die Schulungen sind dank des gemeinsamen Engagements der BBR, der nordrhein-westfälischen Landwirtschaftskammer sowie dem DOKR (Deutsches Olympiade Komitee für Reiterei) für Auszubildende kostenlos. 

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