Blog 1 aus Tryon: Distanzmassenstart ging in die Hose, Reiter gefrustet

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Rebecca Arnold und Serpa sind inzwischen leider ausgeschieden. Nicht die einzige Enttäuschung beim heutigen Distanzritt. (© Pauline von Hardenberg)

Dass bei der WM in Tryon alles anders läuft als geplant, ist in den letzten Tagen bereits mehr als deutlich geworden. Auch der Distanzritt bildet da keine Ausnahme, das deutsche Team ist inzwischen geplatzt. Ein Lichtblick scheint hingegen die Vielseitigkeitsstrecke zu sein. Gabriele Pochhammer bloggt über die Ereignisse des heutigen Tages und die weiteren (Wetter-)Aussichten.

Auf einmal waren alle wieder da. Statt in die zweite Runde der 160-Kilometer langen Distanzweltmeisterschaft zu starten, mussten alle 125 Reiter zurück auf Los. Der Distanzritt wurde abgebrochen, weil die Hälfte der Starter in die falsche Richtung dirigiert worden war. Eine Gruppe war versehentlich von den Stewards hinter dem falschen Auto hergeschickt worden, das sie zum Startplatz bringen sollte. Daraufhin mussten alle Starter zurück ins so genannte Vetgate, den zentralen Bereich für die Fitnessuntersuchungen der Pferde und das Areal mit den kleinen Zelten, unter denen jede Nation einen Bereich hat, in dem sich Reiter und Pferde für die nächsten Runden ausruhen können.

Mutmaßungen, Gerüchte, Vorwürfe über die miserable Organisation schwirrten durcheinander. Funktionäre, Equipechefs und Veterinäre berieten hektisch, die Reiter rätselten, was nun passieren würde. Nur die Pferde standen ruhig da und mümmelten das bereitgestellte Heu, vielleicht wunderte sich das eine oder andere, warum es denn nicht weiterging wie gewohnt. Ich besuchte die deutschen Distanzler in ihrem Quartier. Den Frust konnte keiner verbergen.

Alles auf Anfang

Am Ende vom Lied wurde ein Neustart eine Dreiviertelstunde, nachdem das letzte Pferd den ersten Loop beendet hatte, angesetzt. Aber nur für die Pferde, die den Vet-Check nach dem ersten Loop bestanden hatten. Die Strecke wurde auf 120 Kilometer verkürzt. Die Prüfung war also nur noch ein Zweisterne- statt eines Dreisterne-Rittes. „Für mich ist das keine richtige Weltmeisterschaft mehr“, sagt Ursula Klingbeil enttäuscht, eine der drei deutschen Starter. Die drahtige 58-jährige ist seit 20 Jahren dabei, hält sich mit Marathonlauf und Triathlon fit. Aber so etwas hat sie noch nicht erlebt.

Vor Sonnenaufgang, im Dunkeln, viele mit Bauarbeiterlampen auf dem Kopf, waren die Distanzler losgeritten. Es hatte viel zu lange gedauert, bis sie alle ihren „Tracker“ am Kopf hatten, das kleine GPS-Gerät, mit dem jeder Reiter geortet werden kann. „Dann bekamen die Franzosen einen Anruf ihres Equipechefs, dass abgebrochen werden müsste. Die haben das dann uns gesagt“, erzählt der deutsche Teilnehmer Bernhard Dornsiepen. Für ihn ein klarer Fall von miserabler Organisation, die sich von Anfang an durch diese WM zieht.

Ritt ins Unbekannte

Der offizielle Platz für den Massenstart war weder den Reitern noch den Equipechefs vorher bekannt gegeben worden. Auch durfte keiner vorher die Strecke anschauen, angeblich weil die Grundbesitzer des Geländes das nicht erlaubten. Den Reitern wurden lediglich Karten mit Höhenprofilen an die Hand gegeben, die aber nach Aussage von Bernhard Dornsiepen keine Hilfe boten.

„Normalerweise fahre ich die Strecke vorher mit dem Fahrrad ab“, sagt Dornsiepen, der seine ersten Weltreiterspiele 1990 Stockholm mitgemacht hat. „Wir versuchen uns bestens vorzubereiten, das sind wir auch unseren Pferden schuldig. Und dann enthält man uns wichtige Informationen vor. Das ist eine Unverschämtheit, uns Athleten gegenüber, aber auch den Pferden und den vielen Zuschauern, die hierher gekommen sind, um uns anzufeuern“, sagt er. „Wenn es nicht möglich sei, dass man die Strecke vorher besichtigen kann, dann kann man hier auch keine Weltmeisterschaft ausrichten.

Klare Worte von Dornsiepen, Pech für Arnold

Damit spricht Dornsiepen vielen aus der Seele. Immer noch verstopfen riesige Baumaschinen das Areal, kein Mensch weiß, was jetzt noch gebaut werden soll, wo die Weltreiterspiele doch längst begonnen haben. Bauschutt und Abfall liegt überall. Die Trasse für den Distanzritt ist teilweise von tonnenschweren Baggern zu rotem, zähen Matsch gefahren, indem selbst die trittsicheren Distanzpferde über tiefe Löcher stolpern. Die deutsche Mannschaft ist indessen geplatz. Der Wallach Serpa von Rebecca Arnold konnte sich nicht für den zweiten Loop qualifizieren, da sein Puls nach 15 Minuten noch zu hoch war. Das Pferd sei aber ansonsten fit gewesen.

Selbst das „Scheich-Haus“, ein eigener VIP-Bereich, den sich der Dubai-Herrscher Scheich Mohammed bin Rashid al Maktoum hat hinbauen lassen, ist nur im Erdgeschoss fertig. Im ersten Stock, von wo aus man den fabelhaften Rundumblick über das Turniergelände hat, starren scheibenlose Fenster ins Leere. Der Scheich soll Gerüchten zufolge einen Tobsuchtsanfall bekommen haben. Das Gebäude soll nach den Spielen als Clubhaus für den Poloverein dienen. „Für mich ist das hier keine WM mehr. Ich mache einen gemütlichen Ritt durch die schöne Landschaft und werde alle die Zuschauer, die so nett sind, freundlich begrüßen.“

Licht am Horizont?

Wenigstens einer hatte gute Nachrichten. Martin Plewa, der Technische Delegierte für die Vielseitigkeit, schwärmte von der Geländestrecke. Die Trasse auf dem ehemaligen Golfplatz ist drainiert und grasgrün, aber auch hügelig, das heißt konditionsfordernd. Ein wahrer Championatskurs, sagt Plewa.

Dazu kommt eine gewisse Entspannung im Fall von Hurricane Florence. Er soll sich abschwächen, später kommen als befürchtet, also erst nächste Woche, und den Kurs Richtung Süden gedreht haben. Aber mit Starkregen und Wind wird dennoch gerechnet. Die Veranstalter haben in einer Pressekonferenz eine ganze Liste von Maßnahmen bekanntgegeben, wenn die Fluten wirklich kommen. Ich denke, sie waren froh, über Florence reden zu können und darüber, warum die Weltreiterspiele auf einer Baustelle stattfinden. Schuld ist das Wetter, Regen im Frühjahr, Trockenheit im Sommer – irgendwie kommt mir das bekannt vor.

Und überhaupt baue man ja für die Zukunft, hier soll ja auch noch was stattfinden, wenn die Spiele vorbei sind. Aha, die WM nur als kleine Zwischenstation, gut zu wissen. Es wird schon geunkt, dass dies die letzten Weltreiterspiele sein würden. Einen Bewerber für 2022 gibt es jedenfalls noch nicht. Und wird es nach diesen Spielen vielleicht nie geben.

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Gabriele PochhammerHerausgeberin

Herausgeberin des St.GEORG, den sie als Chefredakteurin von 1995-2012 als erste Frau auf dieser Position verantwortet hat. Als Berichterstatterin auf elf Olympischen Spielen und unzähligen Welt- und Europameisterschaften. Erfolgreiche Pferdezüchterin: Der von ihr gezogene Wallach Leonidas II war eines der besten Vielseitigkeitspferde seiner Zeit. Eines der Fachgebiete: internationale Sportpolitik, schreibt für die Süddeutsche Zeitung.