Blog 3: Fleischhappen für einen alten Hund

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Jeder freut sich halt anders. Lagen sich die Dressurreiterinnen lachend, weinend, jubelnd in den Armen, blieben die Springreiter nach ihrer haarscharf errungenen Silbermedaille durchaus gefasst.

 

 Heißt ja nicht, dass sie sich nicht gefreut haben. Zumindest Otto Becker, wie seine Reiter mit einer Schärpe geschmückt, strahlte wie ein Honigkuchenpferd und man sah die Steine von seinem Herzen purzeln, dass er nach den London- und Göteborg-Desastern nun mit einer Medaille nach Hause fahren kann. Zwar konnte sich Ludger Beerbaum in der Pressekonferenz beim Studium des Ergebniszettels nur ein süffisantes Lächeln abringen. 15.000 Euro gabs für das Teamsilber, na ja, das kann einen gerne auch mehr Verdienenden nicht wirklich in Euphorie versetzen. Obwohl er das natürlich nicht zugab, nein ums Geld sei es ihm wirklich nicht gegangen, versicherte Beerbaum. Eher das Gefühl, noch ganz oben mitzumischen? Na ja, es ist ein bisschen so, als ob man einem alten Hund nochmal ein Stück Fleisch hinhält. Morgen in der Einzelentscheidung, da werden wir sehen ob es Filet oder doch nur Rippe wird, sagte er. Immerhin liegt er ja weniger als einen Springfehler von der Spitze entfernt.  Nicht ganz so locker reagierte Beerbaum, als er von einem deutschen Journalisten auf seinen 50. Geburtstag am Montag angesprochen wurde. Das hat nun gar  nichts mit dieser EM zu tun, sagte er etwas säuerlich und wurde rot wie sein Reitrock. Auch die kleine Anekdote, die eine mit diesem Jubiläum vertraute hochrenommierte Journalistenkollegin preis gab, konnte ihn nicht wirklich erheitern.

Höhenluft hatten Christian Ahlmann und Daniel Deußer zur Vorbereitung auf die entscheidende Runde im Fitness-Zentrums des Hotels geschnuppert. Da gibt es nämlich eine Kletterwand. Daniel sei bis ganz oben gekommen, hat Beckers Tochter Mia schwer beeindruckt ihrem Vater berichtet. Sie verfolgte neben ihrer Mutter  Julia jeden Ritt, schwenkte wild ihr schwarzrot-goldenes Fähnchen und zeigte bei jeder deutschen Nullrunde ihr Zahnspangenlachen. Apropos Fähnchen: Die deutschen Dressurreiterinnen hatten sie sich beim Einreiten zur Siegerehrung in die Stiefel gesteckt, während der Treppchen-Zeremonie wurden sie von Equipechef Klaus Roeser gehütet, bei der Ehrenrunde dann wild geschwenkt.

In der lockeren Runde der Reiter mit den deutschen Medienvertretern fehlte einer, Carsten-Otto Nagel.  Er ergriff gleich nach dem offiziellen Ende der Pressekonferenz die die Flucht, hatte offenbar überhaupt keine Lust auf bohrende Fragen. Was man ja ein bisschen verstehen kann, denn die 15-jährige Corradina war einfach nicht mehr dieselbe wie vor zwei geschweige denn vier Jahren, schaffte in drei Parcours keine abwurffreie Runde. Sie wirkte lustlos und ein Peitschenklaps, der sie motivieren sollten, erreichte das Gegenteil. Ein blödes Gefühl für einen Reiter, der sein Pferd mehr geschont und dosierter eingesetzt hat als alle anderen. In Holstein gibt es so schöne grüne Weiden…….

Die Briten freuten sich, nach London nun auch hier das Gold zu kassieren. Great sagte Michael Whitaker, der bereits beim letzten EM-Sieg der Briten vor 25 Jahren dabei war. Sein Pferd Viking gehört übrigens Helena Stormans, die mal Weinberg hieß und davor Dickinson und in England geboren ist. Sie suchte einen Reiter für das nicht ganz einfache Ausnahmepferd offenbar gabs in Deutschland keinen.

 

Keine übereifrigen Ordner, blauer Himmel und allmählich auch immer mehr Zuschauer im Stadion, eine entspannte EM ziehen die Dänen hier auf. Wenn da nicht gelegentlich ein Lautsprecher vom Dach fiele mit eindrucksvollem Funkensprühen.

Gerade reiten die Dressurer um den ersten Einzeltitel im Grand Prix Special, die Führung hat mit ihrem persönlichen Bestergebnis von 75,818 Prozent das deutsche Teamküken Fabienne Lütkemeier übernommen. Obwohl Mutter Gina es für nervenmäßig für eine Zumutung hielt, den Fuchs in der Mixed Zone kurz anzuhalten, damit die Journalisten  eine Stimme  ihrer Tochter einfangen konnten, parierte DAgostino brav einen Moment durch und blieb stehen, ohne auf die Leute loszugehen. Er weiß offenbar um die Bedeutung der Medien! Bin einfach super happy sagte Fabienne. Wer würde das bezweifeln?

 

 

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Gabriele PochhammerHerausgeberin

Herausgeberin des St.GEORG, den sie als Chefredakteurin von 1995-2012 als erste Frau auf dieser Position verantwortet hat. Als Berichterstatterin auf elf Olympischen Spielen und unzähligen Welt- und Europameisterschaften. Erfolgreiche Pferdezüchterin: Der von ihr gezogene Wallach Leonidas II war eines der besten Vielseitigkeitspferde seiner Zeit. Eines der Fachgebiete: internationale Sportpolitik, schreibt für die Süddeutsche Zeitung.