Die Weltreiterspiele der FEI – eine bemerkenswerte Geschichte

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Die Weltreiterspiele 2018 stehen vor der Tür. Das Flaggschiff-Event des Weltreiterverbandes FEI hat eine bewegte Geschichte hinter sich. Da lohnt ein Rück- und ein Ausblick.

Nach den Europameisterschaften, quasi im Zwischenjahr zwischen Olympischen Spielen und Weltmeisterschaften, schaut nun alles auf die Weltreiterspiele im kommenden Jahr. Der Schauplatz, das Tryon International Equestrian Centre (TIEC) ist zwar, wie es so schön heißt, in the middle of nowhere, also in der Pampa des US-Staats North Carolina, ist aber, wie es aussieht, eines dieser fulminanten „Resorts“, auf denen sich die Schönen und Reichen ganzjährig tummeln.

Wie bei den meisten Weltchampionaten sollten im Jahr zuvor, also dieses Jahr, einige Testevents zeigen, ob die Organisation funktioniert, meistens eine Vielseitigkeit, weil man dabei ja alle drei olympischen Disziplinen üben kann. Das Testevent ist ausgefallen. Aber wenn man sich den Kalender von TIEC anschaut, hat man eigentlich keine Sorge, dass die nicht wissen, wie man ein Turnier macht. An 42 (!) Wochenenden im Jahr finden pferdesportliche Wettbewerbe statt, außer den klassischen Disziplinen auch Poloturniere. Im Oktober allein drei CSI von drei- bis fünf Sterne-Niveau. Und, offenbar ganz wichtig, um das Gelände auf Eignung für Pferdehufe zu prüfen: BMW (WEG-Sponsor) plant in der nächsten Woche einen großen Test für diese Offroad-Treibstofffresser.

Noch ein paar Zahlen, die staunen lassen: 12 Reitarenen, 10 Restaurants und Ställe für 1200 Pferde. Leider ist von den geplanten Hotels, in denen Begleittross und Besucher untergebracht werden sollen, noch kein Stein gemauert. Aber was soll’s, Amerika ist ja nicht umsonst das Land der unbegrenzten Möglichkeiten, die werden doch wohl in elf Monaten ein paar Hotels aus dem Boden stampfen können! Ende Oktober hat übrigens St.GEORG die Gelegenheit, sich vor Ort über den neuesten Stand der Vorbereitungen zu informieren. In 14 Tagen also mehr dazu.

WEG? Pleiten, Pech und Pannen!

Stockholm – sportlich ein Highlight aus deutscher Sicht

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Nicole Uphoff und Rembrandt waren 1990 auf dem Zenit ihrer Laufbahn und wurden Doppel-Weltmeister in Stockholm. (© www.toffi-images.de)

Die Geschichte der Weltreiterspiele seit 1990 ist im übrigen eine von Pleiten, Pech und Pannen. Die ersten Spiele in Stockholm 1990 waren sportlich sehr gelungen, das Defizit übernahm zähneknirschend der schwedische Staat. Die deutschen Springreiter wurden auf Schritt und Tritt von „Barrskandal“ verfolgt, die Videos mit den jungen PSI-Auktionspferden, denen Stangen vor die Beine geschlagen wurden, damit sie höher springen, machten die Runde. Unter diesen Umständen war die Mannschaftssilbermedaille auch ein Sieg über die eigenen Nerven. Nicole Uphoff und Rembrandt auf dem Höhepunkt ihrer Karriere gewannen Mannschafts- und Einzelgold in der Dressur, auf dem Treppchen stand zweimal auch die heutige Bundestrainerin Monica Theodorescu, Gold fürs Team, Bronze für sich selbst.

Den Haag – St.GEORG leistet Lotsendienste

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Einer der größten aller Zeiten: Franke Sloothaak, hier mit Weihaiwej, die ihn 1994 zum Weltmeister machte. (© www.toffi-images.de)

Die zweite Auflage in Den Haag 1994 endet im finanziellen Desaster, es funktionierte wenig bis nichts. Das Gelände, anderthalb Autostunden entfernt auf einem Truppenübungsplatz, war so mit Drahtzäunen abgesperrt, dass weder Besucher noch Medien rechtzeitig hinkamen. Der Distanzritt führte erst über Dünen am Meer entlang, dann mitten durch die Stadt. Die Reiter mussten an den Fußgängerampeln bei Rot warten. Als Retter in der Not sprang damals mein SG-Chefredakteur-Vorgänger  Hermann Kothe beherzt auf die Kreuzung, gab den Schülerlotsen und winkte die Reiter über die Straße. Am Ende war die Organisation pleite. Für die Deutschen war’s ein gutes Jahr, ins Springreiterfinale kamen drei Deutsche, Franke Sloothaak auf Weihaiwej wurde Weltmeister und Sören von Rönne mit Taggi Dritter. Nicole Uphoff und Rembrandt musste den Titel im Special an Isabell Werth und Gigolo abgeben und sich mit Silber begnügen. Das Ende der Ära Rembrandt war eingeläutet. Anky van Grunsven blieb in Den Haag der Kürtitel, ein Vorgeschmack auf künftige Rivalitäten. Die deutschen Buschis brachten Bronze nach Hause.

Rom – hoch leben die Patrizier

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Isabell Werth und Gigolo waren die Sieger der Stunde bei den Weltreiterspielen 1998. (© www.toffi-images.de)

Es wäre den Römern 1998 nicht besser gegangen als den Holländern vier Jahre zuvor, wenn nicht ein paar reiche Familien am Ende noch mal die Portemonnaies geöffnet hätten. Sportlich war es schön und stimmungsvoll in der Ewigen Stadt. Isabell Werth auf Gigolo war jetzt das Doppelweltmeister-Paar der Stunde, die Springreiter gewannen Teamgold, die Buschis nix, nachdem die nach Gelände führende Bettina Overesch (heute Hoy) mit dem stocklahmen Watermill Stream die letzte Verfassung nicht passierte und Inken Johannsen (heute Gräfin Platen) mit Brilliante beim Springen in einer Kurve ausrutschte.

Jerez – Geburtsstunde des neuen Vielseitigkeitssports

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Bettina Hoy und Woodsides Ashby erreichten bei den Weltreiterspielen 2002 in Jerez ein Dressurergebnis, das bis heute unerreicht ist. Aber im Gelände stießen sie wie so viele andere Paare auch an ihre Grenzen. (© www.toffi-images.de)

Auch die Weltreiterspiele in Jerez vier Jahre später im Heimatland der damaligen Präsidentin Donar Pilar de Borbon, war keine finanzielle Erfolgsgeschichte. Besonders verärgert war die Schwester von König Juan Carlos über die hohe Kosten der Geländestrecke. Da wurde nicht nur an nichts gespart, da wurde richtig Geld rausgehauen, selbst den Blumenschmuck ließ der britische Aufbauer aus seinem Heimatland einfliegen. Die Strecke selbst war dazu geeignet, auch dem letzten Fan den Spaß am Busch zu nehmen. Viel zu schwer. Kein einziger deutscher Reiter trat noch zur letzten Verfassung an, es war der Tiefpunkt der deutschen Vielseitigkeit und für das Trainerpaar Hans Melzer und Chris Bartle, gerade ein Jahr im Amt, der ideale  Neubeginn. Schimmer ging’s nimmer und von da an ging’s ja auch bergauf. Einzig die Dressurreiter lieferten: Gold fürs Team und Nadine Capellmann auf Farbenfroh.

Die erste „Schwarze Null“ mit unvergleichlicher Atmosphäre

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Wer damals dabei war, als Isabell Werth und Satchmo in der Soers zum Weltmeistertitel im Grand Prix Special tanzten, wird diesen Moment nie vergessen. (© Toffi)

Aachen 2006 reklamierte als erstes für sich die „Schwarze Null“. Das erfahrene CHIO-Team stellte erstklassige Weltmeisterschaften auf die Beine, und konnte mit WEG-Rückenwind die gesamte Turnieranlage grundsanieren: Neue Plätze, das Dressurstadion perfektioniert, eine große neue Tribüne inklusive aller Räume für Verwaltung, Medien etc. Hier kann man zum ersten Mal von Nachhaltigkeit sprechen. Besonders für die Vielseitigkeit: Seit 2006 wird auf dem Wiesengelände neben dem Turnierplatz jedes Jahr ein CICO3* ausgetragen, also ein Nationenpreis in Form einer Kurzvielseitigkeit. Für die Gastgeber sah es gut aus, vier von sieben Nationenpreisen (Dressur, Vielseitigkeit, Fahren und Voltigieren) blieben im Lande, Meredith Michaels-Beerbaum wurde Dritte im Springreiterfinale und Isabell Werth gewann überraschend mit dem noch jungen Satchmo den Grand Prix Special, van Grunsven mit Salinero die Kür, wobei sie, unvergesslich, die Ehrenrunde im Stechtrab auf einem halblahmen Polizeipferd absolvierte, weil ihr Salinero bei der Ehrenrunde zuvor durchgegangen war.

Jungs erster Einzeltitel, kein Vorbeikommen an den Briten

Julia Rau

So sehen Sieger aus: Michael Jung und Sam. Bei den Weltreiterspielen 2010 in Kentucky holten sie ihren ersten Einzeltitel. (© Julia Rau)

2010 in Kentucky gab’s vielleicht einen Vorgeschmack, wie es in Tryon werden könnte. Gaaanz viel Platz, aber nicht allzu viele Zuschauer, die sich für den klassischen Sport interessierten. In der Dressur schlug die große Stunde von Totilas und Edward Gal, Sieger in allen drei Dressurprüfungen. Schon damals liefen vor Ort die Verkaufsverhandlungen mit Paul Schockemöhle. Magere Ausbeute für das deutsche Dressurteam: Teambronze, keine Einzelmedaille, das gab’s noch nie seit Bestehen der WM. Lichtblicke waren der Teamsieg der deutschen Springreiter und Michael Jungs WM-Titel, Leuchtturm in einer ansonsten wenig überzeugenden Mannschaft. Und natürlich drei Goldmedaillen bei den Paradressurreitern. Zum ersten Mal wurden die Deutschen im Medaillenspiegel überholt, nämlich von den Briten, die bei den Paras mit sechs Goldmedaillen absahnten. Übrigens musste auch in Kentucky der Sponsor kräftig nachschießen, um ein Fiasko zu vermeiden.

Zur Nachahmung nicht empfohlen

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Zu nass, zu tief, zu unorganisiert – die weltmeisterliche Geländestrecke bei den WEG in der Normandie stellte besondere Herausforderungen an Teilnehmer und Fans. Sandra Auffarth und Opgun Louvo wurden dennoch überzeugende Weltmeister. (© www.toffi-images.de)

Nach den Spielen in der Normandie 2014 kann es in Tryon eigentlich nur besser werden. Da klappte fast nichts, jedenfalls zu wenig: Distanzreiten über Geröllfelder, das Vielseitigkeitsgelände im eine Autostunde entfernten Haras du Pin zu lang und zu schwer durch aufgeweichtes hügeliges Wiesengelände, wobei hunderte von Besuchern gar nicht hinkamen, weil viele Busse im Stau steckten und schließlich kehrt machten. Unter diesen Umständen waren die beiden Titel (Einzel für Sandra Auffarth und Team) Lichtblicke. Die gab es auch in der Dressur: Hinter Dressurkönig Valegro mit Charlotte Dujardin glänzten Damon Hill unter Helen Langehanenberg (zweimal Silber) und Desperados unter Kristina Bröring-Sprehe (Bronze im Grand Prix Special). Und hoffentlich nicht zum letzten Mal sahen wir die wunderbare Bella Rose, mit der Isabell Werth im Grand Prix nur Valegro vorbeilassen musste. Nach diesem Ritt wurde Bella Rose verletzt zurückgezogen und war seitdem nur noch einmal bei den Stuttgart German Masters am Start, wo sie Grand Prix und Special gewann.

Schauen wir auf Tryon, was die Amerikaner aus der Chance Weltreiterspiele machen, die sie übrigens erst bekamen, als das kanadische Bromont wegen Geldmangels zurückziehen musste. Geld soll es angeblich reichlich geben im Luxus-Resort, lassen wir uns also überraschen.

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Gabriele PochhammerHerausgeberin

Herausgeberin des St.GEORG, den sie als Chefredakteurin von 1995-2012 als erste Frau auf dieser Position verantwortet hat. Als Berichterstatterin auf elf Olympischen Spielen und unzähligen Welt- und Europameisterschaften. Erfolgreiche Pferdezüchterin: Der von ihr gezogene Wallach Leonidas II war eines der besten Vielseitigkeitspferde seiner Zeit. Eines der Fachgebiete: internationale Sportpolitik, schreibt für die Süddeutsche Zeitung.

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