Ein Hoch auf die Reitabzeichen-Reform?

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Moment mal! Die Kolumne von St.GEORG Herausgeberin Gabriele Pochhammer (© Foto Bugtrup/Montage: www.st-georg.de)

Gold, Silber, Bronze – oder vielmehr Bronze, Silber, Gold – das waren Reitabzeichen, die für sich sprachen. Da wusste man gleich, was der Reiter kann, der die eine oder die andere Nadel am Revers stecken hatte. Heute ist das anders.

Manche reiten schon, bevor sie laufen können, andere reiten noch, wenn sie kaum mehr kriechen können, in der Gewissheit, beim Reiten läuft ja das Pferd. Der Reiter sitzt schließlich – mehr oder weniger – bequem. Ich weiß, wovon ich rede. Das ist ja das Schöne an unserem Sport und an der Beschäftigung mit dem Pferd: Es gibt keine Altersgrenzen, nicht nach unten und nicht nach oben.

Nebenjobs für Rentner

Ein Freund von mir, auch schon lange konfirmiert, früher ein passabler Springreiter, später ein erstklassiger Journalist, der jetzt einen runden Geburtstag feierte, erzählte stolz, dass ihn seine Tochter um Reitstunden gebeten habe. Sein Auftritt in einem großstädtischen Reitstall war so überzeugend, dass mehrere Freundinnen der Tochter schon angefragt haben, ob er ihnen nicht auch mal … Und zwar gegen Bezahlung! Da lacht des Pensionärs Herz.

Ein anderer Freund, Parcoursdesigner zweier Olympischer Spiele, hat jetzt als neues Wochenendvergnügen die Betreuung seiner 17-jährigen Tochter auf Turnieren entdeckt. Der Fliegende Wechsel vom TD zum TT macht richtig Spaß, sagt der jung gebliebene Best Ager.

Ziel: Silbernes Reitabzeichen

Neulich traf ich eine ältere Dame, topfit, Spitzenfigürchen, den 90 näher als den 70, die noch jeden Tag selbst in den Sattel ihres Dressurpferdes steigt. Natürlich hat sie ihr Leben lang geritten und nie aufgehört. Es macht ihr nichts aus, dass ihre Mitstreiterinnen beim Training um Jahrzehnte jünger sind und als kürzlich eine Reitabzeichenprüfung anstand, beschloss sie, da mache ich mit.

Das Ziel war das Silberne Reitabzeichen ohne Springen, da wird eine M-Dressur verlangt. Das Bronzene Reitabzeichen hatte sie schon vor vielen Jahren abgelegt und meldete sich, im Glauben, damit sei der Weg frei für das Silberne, frohgemut an.

Aber sie irrte, denn das Bronzene Reitabzeichen gibt es nicht mehr. Stattdessen gibt es inzwischen nicht weniger als zehn Reitabzeichen, durchnummeriert von 10 bis 1, und in verschiedenen Versionen – mit Springen, ohne Springen, mit Gelände, ohne Gelände.

Insgesamt gibt es 24 verschiedene Abzeichen, plus das Goldene Abzeichen für Reiter mit und ohne Behinderung, das aufgrund von Turniererfolgen verliehen wird. Wer sagt, er finde da noch durch, ist wahrscheinlich ein Mitarbeiter der FN. Sonst kenne ich keinen.

Reitabzeichen Klassen 10 bis 6, genannt FN-Sportabzeichen, dürfen in beliebiger Reihenfolge abgelegt werden, dann gilt ganz streng: Das eine erst dann, wenn das andere erledigt wurde, gleichgültig wie gut die Leistungen sind.

Im oben geschilderten Fall musste die Dame, deren ehemaliges Bronzenes Abzeichen als Stufe 4 angerechnet wurde, erst noch einmal ein Abzeichen Klasse 3 ablegen, mit einer L-Dressur. Das gelang ihr mit Bravour, jetzt ist sie zur Klasse 2, also dem angestrebten Silberabzeichen zugelassen. Was für ein Aufwand, was für eine Bürokratie! Eigentlich zum Abgewöhnen.

Jedem Abzeichen ist ein obligatorischer Lehrgang vorgeschaltet, den ja auch keiner für umsonst macht, jedesmal sind Gebühren fällig für Richter, den veranstaltenden Betrieb und für den Landesverband, der das Zeichen vergibt und die Urkunde ausstellt. Da kommt einiges zusammen. Außerdem wird als Lektüre dringend das Lehrbuch-Sortiment des FN-Verlages empfohlen. Bringt ja auch nochmal was.

Reitabzeichen Nummer fünf – cool?

Letztlich sagen die nüchternen Zahlen, die die kleinen Blechabzeichen schmücken, nichts aus über das, was der Reiter tatsächlich geleistet hat. Bronze und Silber, geschweige denn Gold – das stellte etwas dar. Auch das Kleine und das Große Hufeisen hatten ihren Charme.

Die Abzeichenliste liest sich eher wie eine Shoppingliste zum Abhaken mit null Spaßfaktor, die wenig Renommee ausstrahlt. „Hei, ich habe Abzeichen Nummer fünf!“ fetzt ja nicht wirklich. Dahinter steht eine Bürokratie, die in die falsche Richtung galoppiert. Reiten macht trotzdem Spaß, und deswegen hat die nette ältere Dame sich auch nicht abschrecken lassen und übt bereits fürs nächste Abzeichen. Das mal das Silberne war.men’s jordan upcoming releases | air jordan release dates kicks on fire uk

Gabriele PochhammerHerausgeberin

Herausgeberin des St.GEORG, den sie als Chefredakteurin von 1995-2012 als erste Frau auf dieser Position verantwortet hat. Als Berichterstatterin auf elf Olympischen Spielen und unzähligen Welt- und Europameisterschaften. Erfolgreiche Pferdezüchterin: Der von ihr gezogene Wallach Leonidas II war eines der besten Vielseitigkeitspferde seiner Zeit. Eines der Fachgebiete: internationale Sportpolitik, schreibt für die Süddeutsche Zeitung.

  1. Kathrin S.

    Wenn man als Verein jedes Jahr Reitabzeichenlehrgänge und Prüfung ausrichtet, steigt man schon irgendwann durch und auch was geleistet werden muss.
    Die Abzeichen 10 – 6 gab es auch früher, hießen dann Steckenpferd, großes und kleines Hufeisen etc. – Das sind auch die Motivationsabzeichen und nicht Sportabzeichen. 😉
    Die Kinder lieben das und machen jedes Jahr das nächste und sind so stolz. Und ohne Jugend stirbt unser Sport bald aus. Zumal Theorieunterricht ja in den wenigsten Vereinen noch veranstaltet wird. Daher finde ich das wirklich gut, weil Gurus in jeder Hinsicht und Halbwissen gibt es mehr als genug.

    Aber was die sportlichen Abzeichen also ab dem früheren kleinen betrifft, das was da rein gerutscht ist bevor man Silber machen kann,das hab ich nie verstanden. Und sie müssen auch nur Ohne Springen Dressurreiterprüfugnen der jeweiligen Klasse ablegen. Wobei auch früher war es erst das 4 er mit E Dressur und Sprignen dann III mit A Dressur und springen oder Reiter L/L springen bei Disziplinspez. Im zweifel einfach mal bei den Reitschulen die es jedes Jahr machen nachfragen, die erklären das sehr genau und gerne. Weil man freut sich sehr überinteressierte Reiter.

  2. Kerstin Müller

    Ja es ist ja nun bereits eine Weile eingeführt und es sollte bereits eine erste Klausur geben in die man auch solche Meinungen sachlich zusammen gefasst einbringt und zwar schnell.


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