Gabriele Pochhammer – ein ganz persönlicher Buchtipp

Von
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Moment mal! Die Kolumne von St.GEORG Herausgeberin Gabriele Pochhammer (© Foto Bugtrup/Montage: www.st-georg.de)

Es gibt nun eine Biografie über Isabell Werth, die erfolgreichste Dressurreiterin aller Zeiten. St.GEORG-Herausgeberin hat es nicht nur schon gelesen, sondern war bei seiner Entstehung quasi live dabei.

Jeder, der Isabell Werth bei ihrem achten und neunten Weltmeistertitel  in Tryon gesehen hat, lachend, weinend, winkend, der hat mitbekommen, dass Ehrgeiz und Entschlossenheit einer Athletin die großen Emotionen nicht ausschließen. Eher im Gegenteil. Auch wer Isabell Werth als Gast in der Talk Show von Markus Lanz und im „Kölner Treff“ erlebt hat, konnte spüren, dass hier jemand sitzt, der Pferde lebt, mit jeder Faser seines Herzens. „Vier Beine tragen meine Seele“ heißt das Buch, das meine Freundin Evi Simeoni zusammen mit Isabell Werth jetzt geschrieben hat und schon der Titel drückt aus, dass es sich nicht um eine nüchterne Aufzählung biographischer Daten handelt. Es wird von einem Reiterleben erzählt, in dem es vor allem um die vielen Pferde geht, die Isabell Werth selbst ausgebildet hat und mit denen sie die höchsten Stufen des Dressursports erklommen hat. Jedes ist anders, natürlich, jedes verlangt von der Reiterin Gefühl, Verstand, Geduld und Können. Eigentlich wissen wir das ja, aber selten wurde es uns so eindrücklich vor Augen geführt.

Evi, im „normalen“ Leben FAZ-Sportredakteurin, wohnt jedes Jahr ein paar Wochen bei mir und ich konnte quasi das „Making of“ der Geschichte hautnah erleben. Es ist ja nicht so, dass eine Autorin sich hinsetzt und, überwältigt von einer schöpferischen Eingebung, mal eben die Kapitel in den Computer haut. Und es ist nicht so, das jemand wie Isabell Werth sich wochenlang Zeit nehmen kann, um jedes Wort dreimal hin und her zu wenden. Es gab ein paar Treffen zwischen Autorin und der viel beschäftigten Hauptperson des Buches und viele Telefonate, getimt wie eine Vorstandssitzung. Dienstag um 18 Uhr. Und siehe da, das klappte.

Zwei Dinge wurden schon bald klar: Die Kapitel sollten sich an den Pferdepersönlichkeiten orientieren, nicht an chronologischen Abläufen. Und die Geschichte sollte quasi als Gespräch mit verteilten Rollen erzählt werden, einmal die Autorin, die den Ablauf der Dinge darstellt und die Reiterin, die vieles aus ihrer persönlichen Sicht erzählt, so authentisch, wie nur sie es kann. Ich durfte alle Kapitel gegenlesen, schon bevor sie in der endgültigen Fassung vorlagen. Vieles habe ich ja selbst als Berichterstatterin miterlebt. Als ich Gigolo zum ersten Mal bei einem Besuch in Rheinberg bei Isabells „Entdecker“ Dr. Uwe Schulten-Baumer sah, war er sechs Jahre alt und genoss bereits die allerhöchste Wertschätzung von Trainer und Reiterin. Dass dieser große, sein Leben lang immer etwas schlaksige Fuchs einmal die Dressurbühnen der Welt beherrschen würde, viele Jahre im Duell mit Bonfire, dem Pferd der Niederländerin Anky van Grunsven, konnten nur Fachleute erkennen. Und die Reiterin, die von oben fühlte: „Der ist es.“

Es zeichnet Isabell Werth aus, dass sie nach dem Ausscheiden von Gigolo nicht jahrelang in der Versenkung verschwand, wie so viele vor ihr, wenn das Ausnahmepferd in die Jahre gekommen ist. Sie blieb immer am Ball mit Pferden, die keine Gigolos waren, aber ihre Reiterin in der Spitzengruppe hielten, Fabienne, Antony und der unvergessene Amaretto, der ein ganz Großer hätte werden können, aber an den Folgen eine Kolik starb.

Und dann Satchmo, das Pferd, von dem Isabell sagte, von ihm habe sie am meisten gelernt, er habe sie an ihre Grenzen gebracht. Der auf einmal unerklärliche Angstmomente  erlebte und so von der Rolle war, dass er mitten in der Aufgabe auf den Hacken kehrt machte. Isabell war ratlos. „Wenn mir einer damals gesagt hätte, geh’ mit einer toten Katze bei Vollmond dreimal um den Kirchturm, ich hätte es gemacht“, sagte sie damals zu uns bei einem Interview. Dann eine Augen-OP, und alles schien in Ordnung. Bis zu dem Tag in Hongkong 2008, den Grand Prix souverän gewonnen, den Grand Prix Special in grandioser Form begonnen, die eingeblendeten Richternoten über 90 Prozent, die olympische Goldmedaille quasi abholbereit auf dem Tablett. Dann die Piaffe – und Satchmo sieht etwas und rastet urplötzlich aus, läuft rückwärts und seitwärts. Es gibt Momente, die auch ein Reporter nicht vergisst. Und was macht Isabell? Die macht die Beine zu und reitet weiter, als ob nicht gewesen sei. Jetzt erst recht, die Neunen erschienen wieder auf der Tafel. Diese Unverfrorenheit, dieses trotzige „Jetzt erst recht,“ das erst macht aus einem guten Reiter einen Weltklassereiter. All das erstand vor meinem inneren Auge wieder auf, als ich das Buch las. Die Geschichte von Bella Rose haben ja alle mitbekommen, von der Liebe auf den ersten Blick zu der eleganten Dreijährigen, die Enttäuschung und die Rückschläge, als sie dreieinhalb Jahre lang an einer Beinverletzung laborierte, und die Wiederauferstehung der Diva in dieser Saison. Das sind Geschichten, die das Leben schrieb. Und wer es noch nicht wusste, kann es jetzt nachlesen: Das Leben mit Pferden ist unberechenbar, manchmal unglaublich kompliziert, aber meist unbeschreiblich beglückend.


Das Buch „Vier Beine tragen meine Seele“ von Isabell Werth und Evi Simeoni ist erschienen beim Piper Verlag und bereits online gebunden oder als E-Book erhältlich.Axel Arigato Men's Bird Tape Sneakers in Cremino, women and kids • Hanbags and accessories | Cra-wallonieShops , Online Shopping for the Latest Clothes & Fashion

Dominique WehrmannRedakteurin

Studierte Politologin, seit 2006 bei St.GEORG. Als Jugendliche Dressurtraining bei Hans-Georg Gerlach, Michael Settertobulte und Reitmeister Hubertus Schmidt und das auf einem selbstgezüchteten Pferd. Verantwortet die Bereiche Spitzensport und Pferdezucht. Im Presseteam des CHIO Aachen und der Pferdemesse Equitana, hat für den NDR im Fernsehen kommentiert.