Gabriele Pochhammer über Reitsport in der Post-Corona-Ära

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Moment mal! Die Kolumne von St.GEORG Herausgeberin Gabriele Pochhammer (© Foto Bugtrup/Montage: www.st-georg.de)

Lob für die FN, Probleme der FEI und der Turnierveranstalter – Gabriele Pochhammer über die Auswirkungen von Corona im Pferdesport.

Es gehe nicht mehr darum, ob Reitunterricht stattfinden darf oder nicht, sondern allein darum, dass die notwendige Versorgung und Bewegung der Pferde sichergestellt werde, sagt der Generalsekretär der Deutschen Reiterlichen Vereinigung (FN), Soenke Lauterbach.

Und damit hat er auf den Punkt gebracht, was in diesen Tagen nicht für alle, die in den Behörden das Sagen haben, selbstverständlich ist: die Eindämmung der Pandemie ist wichtig – aber das Wohlergehen der Pferde auch, darauf haben sie einen gesetzlichen Anspruch.

Damit beides möglich ist, hat die FN auf ihrer Website den Reitern, Pferdebesitzern und Stallbetreibern Hilfen in Form von Downloads an die Hand gegeben, bis hin zu Vorlagen für Zutrittsberechtigungen, Trainings- und Bewegungsplänen für bis zu 48 Pferde und einer langen FAQ-Liste (SG online berichtete). Und das nur zwei Tage nachdem die ersten Kontaktverbote ausgesprochen wurden, ständig wird aktualisiert. Chapeau dem Team in Warendorf, das ja sonst nicht mit Lob überhäuft wird! Das war effektiv, schnell und setzt die richtigen Prioritäten.

Vorangegangen waren Gespräche mit Ämtern und Behörden, um den Sonderfall Pferdesport zu erklären. Einen Tennisschläger kann man in die Ecke stellen, den Rennwagen in die Garage, ein Pferd braucht halt mehr, wie wir alle wissen.

Auf Facebook bittet Lauterbach schon fast flehentlich die Reiter, sich entsprechend zu verhalten, ansonsten drohe die Sperre von ganzen Reitbetrieben, wie es hier und da schon versucht wurde. „Bitte, bitte haltet Euch an die Regeln, sonst können wir nichts mehr für Euch tun“, sagt Lauterbach, hinter ihm die bronzene Halla, die ihren Kopf in die Wolken reckt.

Für die FN ist die Coronakrise auch eine Chance, ihr Image von dem Verband zu korrigieren, der sich nur um zwei Dutzend Spitzensportler kümmert und ansonsten vor allem Gebühren kassiert und Paragraphen ausheckt. Was ja auch vor Corona schon so nicht stimmte.

So sieht’s aus bei der FEI

Der Weltverband, die Internationale Reiterliche Vereinigung (FEI), hat andere Sorgen. Da geht es natürlich um den Spitzensport in Zeiten, in denen der Spitzensport gerade mal so gut wie tot ist. Die Gültigkeitsdauer von Punkten für die Weltrangliste wurde verändert, sodass die turnierlose Zeit Reitern nicht zum Nachteil gereicht, weil Punkte verfallen, während sie keine neuen sammeln können (SG-online berichtete).

Diskussionen sind auch bereits um die neuen Termine für ausgefallene Turniere entbrannt. Dafür wurden jetzt acht Arbeitsgruppen gegründet, für jede Disziplin eine, die sich damit beschäftigen, wer wann zum Zuge kommt. Begehrt sind die Wochenenden Ende Juli und Anfang August, an denen eigentlich in Tokio um Olympisches Gold geritten werden sollte.

Wenn bis dahin überhaupt wieder vor Zuschauern geritten werden darf, da hören wir ja jeden Abend im Fernsehen andere Meinungen von Virologen, Immunologen, Serologen und Politikern. Das Wirrwarr reicht bis ins nächste Jahr.

Alle Termine für Fünf-Sterne-Turniere, die höchste Kategorie, mussten schon im Oktober 2019 eingereicht werden. Die Europameisterschaften 2021 – Springen und Dressur in Budapest (HUN), Vielseitigkeit in Pratoni del Vivaro (ITA) – stünden nun in Konkurrenz zu den verlegten Olympischen Spielen in Tokio, ein Unding.

„Wir wollen den Veranstaltern vorschlagen, die Europachampionate auf 2023 zu verlegen, also zwei Jahre später“, sagt Soenke Lauterbach, der auch im Vorstand der European Equestrian Federation (EEF) sitzt. „Für 2023 haben wir nämlich ohnehin noch keinen Bewerbungen.“ Das würde ja passen.

Zuckis ab 2021 für alle verboten

Anderes passt manchen vielleicht gar nicht. Denn das Verbot spezieller Hinterbeingamaschen im Springen auch für Senioren, also für den gesamten Springsport, gilt ab 1. Januar 2021.

Verhindert werden soll mit dem Verbot, das durch zu stramme oder anderweitig manipulierte Gamaschen die Pferde zu „vorsichtigerem“ Springen veranlasst werden. Verboten wurden sie aus nicht nachvollziehbaren Gründen zunächst nur für Nachwuchsreiter, also Kinder, Junioren und Junge Reiter. Die Senioren konnten darauf bauen, dass die sogenannten „Zuckis“ auch noch bei den Olympischen Spielen in Tokio ihren Pferden zu Höhenflügen verhelfen dürfen. Daraus wird ja nun nichts.

„Ab 1. Januar sind sie verboten“, bekräftigt Soenke Lauterbach. Es sei denn, die FEI verlängert mit einem fadenscheinigen Grund die Frist bis nach Olympia. Wenn sie klug ist, lässt sie sich auf solche Spielchen nicht ein.

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Gabriele PochhammerHerausgeberin

Herausgeberin des St.GEORG, den sie als Chefredakteurin von 1995-2012 als erste Frau auf dieser Position verantwortet hat. Als Berichterstatterin auf elf Olympischen Spielen und unzähligen Welt- und Europameisterschaften. Erfolgreiche Pferdezüchterin: Der von ihr gezogene Wallach Leonidas II war eines der besten Vielseitigkeitspferde seiner Zeit. Eines der Fachgebiete: internationale Sportpolitik, schreibt für die Süddeutsche Zeitung.