Horseman mit X-Faktor: Boyd Exell

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St.GEORG Herausgeberin Gabriele Pochhammer über einen Mann, der Horsemanship erlebbar macht: Viererzug-Legende Boyd Exell.

Von Horsemanship wird in letzter Zeit viel gesprochen, zuletzt kürzlich beim Sportforum der Internationalen Reiterlichen Vereinigung (FEI). Meist wird bedauert, dass es nicht da ist. Das bedeutet, dass Pferde es mit einem Menschen zu tun haben, der Horsemanship nicht versteht oder nicht verstehen will. Das leidige Thema Distanzreiten kommt dabei immer wieder auf die Tagesordnung. Aber nicht nur dort fehlt häufig jenes Horsemanship, das nichts mit einer sich so nennenden Ausbildungsmethode zu tun hat, auch nicht damit, dem Pferd beizubringen, rückwärts durch zwei Stangen oder über eine Plastikplane zu gehen. Horsemanship ist viel mehr.

„Der ist ein richtiger Pferdemann“ ist wohl das höchste Lob, das in der Szene vergeben wird. Wobei es sich natürlich, sorry, selbstverständlich auch um eine Pferdefrau handeln kann. (Wer in diesem Punkt nicht gender-korrekt ist, beleidigt ja quasi die halbe Menschheit, aber das ist wieder ein anderes Thema.). Was einen richtigen Horseman ausmacht, ist schwer in Worte zu fassen. Wer Monty Roberts, den Pferdeflüsterer der ersten Stunde, bei seiner Arbeit mit jungen, häufig ungerittenen Pferden erlebt hat, bekommt eine Ahnung davon, was gemeint ist. Jeder Youngster begreift auf Anhieb: Der Mann da in der Mitte, mit den sparsamen Gesten und den knappen Worten, meint es gut mit mir.  Aber er ist der Chef, ganz klar.

Vollstes Vertrauen

Es wäre schön, wenn man die Pferde selbst fragen könnte. Zum Beispiel Kian und Jupiter. Die beiden schicken Rappen, zarte vier Jahre alt, werden im Stall des vielfachen Vierspänner-Weltmeisters und Weltcup-Siegers Boyd Exell auf größere Aufgaben vorbereitet. Vergangene Woche hatte ich das Glück, den Champion in Valkenswaard zu besuchen und er nahm das ST.GEORG-Team zu seinem täglichen Training, diesmal einer kleinen Kutschfahrt durchs Dorf mit. Enge Straßen mit viel Verkehr. Ein Bus, groß wie ein Wochenendhaus, nähert sich, bremst kein bisschen ab und quetscht sich an den beiden Pferden vorbei. Kian, auf der linken Seite macht den Hals noch länger, als er ohnehin schon ist, und seine Augen werden riesig, auch Jupiter auf der rechten Seite guckt genau hin. Boyd Exell hinter ihm auf dem Bock macht gar nichts. Er unterbricht nicht seinen Satz, er verändert nicht mal seine Stimme, er greift nicht zur Peitsche, hält die Leinen ruhig in der Hand. Aber Kian und Jupiter spüren in jeder Sekunde, dass nichts los ist, was ihnen Angst machen müsste. Sie vertrauen dem Mann hinter ihnen, von dem sie nichts sehen, aber dessen Präsenz sie mit jedem Haar spüren. Sie vertrauen darauf, dass nichts schief gehen kann. Wenn sie reden könnten, würden sie sagen: „Der macht das schon.“ Ein Horseman eben.

Wusch, ist der Spuk vorbei, der Bus ist weg, die Pferde sind noch nicht mal aus dem Takt gekommen. Auch die drei knatternden Motorräder, die ganz schmale Brücke mit dem steinernen Geländer, der LKW, der ohne Vorwarnung von hinten vorbeiprescht, können sie nicht beeindrucken. Entspannung auf der ganzen Linie. „Es kommt immer drauf an, wo man ist“, sagt Boyd Exell pragmatisch. „In England halten die Autos höflich an und warten, bis man vorbei ist. Dann gucken die Pferde viel mehr. So geht’s kurz und schmerzlos.“ Aber eben nur mit dem nötigen Grundvertrauen, dass Kian und Jupiter dem australischen Horseman entgegenbringen. Und das muss im Übrigen beiderseitig sein, bevor sich Boyd Exell für ein Pferd entscheidet. „Ein Pferd muss den X-Faktor haben“, sagt er. Das Unerklärliche, das Besondere, wie die Vorfälle in der gleichnamigen TV-Serie. Er weiß sofort, ob er ein Pferd mag oder nicht. „Das ist wie mit einem Ölgemälde. Man sieht es an und weiß, ob man es mag. Wenn man zehn Minuten davor steht und überlegt, ob es einem gefällt, dann ist es schon falsch.“ Das zu erkennen, macht unter anderem den Pferdemann aus. Wenn Boyd Exell durch seinen Stall geht, nimmt jedes der 50 Pferde innerlich Haltung an, schaut ihn respektvoll, aber nicht ängstlich an. Den Mann mit dem X-Faktor.men’s jordan 1 release date | is air jordan outlet fake

Gabriele PochhammerHerausgeberin

Herausgeberin des St.GEORG, den sie als Chefredakteurin von 1995-2012 als erste Frau auf dieser Position verantwortet hat. Als Berichterstatterin auf elf Olympischen Spielen und unzähligen Welt- und Europameisterschaften. Erfolgreiche Pferdezüchterin: Der von ihr gezogene Wallach Leonidas II war eines der besten Vielseitigkeitspferde seiner Zeit. Eines der Fachgebiete: internationale Sportpolitik, schreibt für die Süddeutsche Zeitung.