Moment Mal! Gabriele Pochhammer: Die Diskriminierung der kleinen Züchter

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Die Bundeschampionate 2017, das alljährliche „Schaufenster der Pferdezucht“, sind Geschichte. Eine endliche Geschichte. Denn die kleinen Züchter, ohne die Pferdesport in Deutschland schwierig bis unmöglich wäre, haben mit immer mehr Schwierigkeiten zu kämpfen.

Mein Nachbar ist ein passionierter und erfolgreicher Pferdezüchter. Einer der sogenannten kleinen Züchter mit einer, maximal zwei Stuten. Seine Pferde verkauft er gut, einige bereits als Fohlen, andere lässt er anreiten, was ihn eine Stange Geld kostet, mehrere gehen im Sport.

Wieviel Geld ihm am Ende bleibt, ob überhaupt irgendwas, mag ich ihn gar nicht fragen. Aber seine Pferde deswegen abzuschaffen, auf diese Idee käme er nie. Vielleicht muss er es doch irgendwann, denn er darf den dringend benötigten Offenstall nicht bauen.

Wie viele Züchter im Lande ist er kein Landwirt, war nie einer und wird auch keiner mehr werden. Diese Gruppe ist inzwischen eine tragende Säule der Zucht geworden, neben einigen professionell geführten Großbetrieben. Immer mehr landwirtschaftliche Betriebe, früher das Rückgrat der Zucht, geben die Pferdehaltung auf, weil die junge Generation kein Interesse hat und keinen wirtschaftlichen Sinn darin sieht. Das kann man niemandem übelnehmen. Landwirte haben es heute schwer genug, aber der Pferdezucht bricht damit ein wichtiges Standbein weg. Die nicht-landwirtschaftlichen Züchter tragen einen wesentlichen Anteil zum Weiterbestehen der Zucht bei. „Fast keine der neuen Mitglieder, die wir bekommen, sind noch Landwirte im klassischen Sinne“, sagt Dr. Thomas Nissen, Zuchtleiter des Holsteiner Verbandes.

Das Wiehern des Amtsschimmels

Aber die Behörden, die Bauämter in den Kreisverwaltungen, tun alles, um den „kleinen Züchtern“ das Leben schwer zu machen und die Freude an der Zucht zu vermiesen. Gerade diese Züchter nehmen die Leitlinien Pferdehaltung des Bundeslandwirtschaftsministeriums sehr ernst, versuchen ihren Pferden beste Haltungsbedingungen zu schaffen. Dazu gehört soviel Auslauf wie möglich, frische Luft das ganze Jahr. Dazu brauchen sie meist einen Offenstall, in dem die Pferde Schutz suchen können, bei Regen, bei Hitze und sonstigen Unbilden des Wetters. So schreiben es auch die Leitlinien vor, eine Weide ohne Schutz ist tierschutzwidrig. Eine Gruppe Laubbäume mit im Winter kahlen Ästen reicht nicht.

Für einen Offenstall braucht man eine Baugenehmigung. Innerorts ist Pferdehaltung meist unerwünscht, im Außenbereich ist es in vielen Gegenden so gut wie unmöglich als Nicht-Landwirt die erforderliche Genehmigung zu bekommen. Nur Landwirte sind privilegiert, der kleine Züchter ist also einer der Unterprivilegierten im Lande. Man könne den Eindruck bekommen, es sei leichter, ein Atomkraftwerk zu bauen als einen Offenstall im Außenbereich, heißt es auf der Internetseite offenstall.de. Dort gibt es einige Tipps, wie man es trotzdem schafft.

Hilflos ausgeliefert

Es gibt zwar Spielräume auch für die Behörden, aber wer es sich einmal mit ihnen verdorben hat, weil er zu forsch aufgetreten ist oder die Nerven verloren hat, sieht sich auf die nüchterne Gesetzeslage zurückgeworfen. „Es wird höchste Zeit, dass die Ämter der neuen Entwicklung in der Pferdezucht Rechnung tragen“, sagt Dr. Thomas Nissen. Denn jeder Züchter, ob Landwirt oder nicht, hat eine Betriebsnummer und unterwirft sich damit der staatlichen Kontrolle. Nicht nur deswegen gibt es keinen Grund, die Mehrheit der Pferdehalter zu diskriminieren. Nach Angaben der FN werden jedes Jahr 6,7 Milliarden Euro rund ums Pferd umgesetzt, 39 Prozent davon auf dem Sektor Pferdehaltung.

Der unterprivilegierte Züchter sieht sich zur Zeit in der Situation, entweder gegen die Leitlinien Pferdehaltung zu verstoßen, wenn er seine Pferde ungeschützt Wind und Wetter aussetzt, oder gegen das Baugesetz, wenn er einfach eine noch so bescheidene Hütte aufstellt. Oder seine Pferde abzuschaffen. Das wird dem einen oder anderen auch von den Behörden nahe gelegt, was man nur als blanken Zynismus auslegen kann. Genau wie der Ratschlag, sich einen Resthof zu kaufen. Mal eben so. In diese Lage sollte der Gesetzgeber keinen Bürger bringen. Es ist letztlich eine Frage der Politik, die sich ja sonst so wortreich durch alle Parteien der Unterprivilegierten annimmt. Und wer sollte die Pferdeleute politisch vertreten, wenn nicht die Deutsche Reiterliche Vereinigung (FN)? Dort ist man sich des Problems bewusst. Das reicht freilich nicht, es wäre vielmehr an der Zeit, energisch ein Ende der Diskriminierung zu fordern!

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Gabriele PochhammerHerausgeberin

Herausgeberin des St.GEORG, den sie als Chefredakteurin von 1995-2012 als erste Frau auf dieser Position verantwortet hat. Als Berichterstatterin auf elf Olympischen Spielen und unzähligen Welt- und Europameisterschaften. Erfolgreiche Pferdezüchterin: Der von ihr gezogene Wallach Leonidas II war eines der besten Vielseitigkeitspferde seiner Zeit. Eines der Fachgebiete: internationale Sportpolitik, schreibt für die Süddeutsche Zeitung.

  1. Rolf Röhling

    Diese Meldung trifft wohl für die meisten Landkreise in Deutschland zu. Für uns in S-H wäre die Möglichkeit, dass Dr. Nissen vom Holsteiner Verband mit dem PSH zu den kommunalen und der Landesregierung dazu Stellung nimmt und dort einen Termin vereinbart. Von der gesetzlich vereinbarten Vereinfaching der Bauten im ländlichen Raum haben die meisten Bauämter noch nie etwas gehört.


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