Nach der EM ist vor Olympia 2020 in Tokio

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Moment mal! Die Kolumne von St.GEORG Herausgeberin Gabriele Pochhammer (© Foto Bugtrup/Montage: www.st-georg.de)

Es war eine gute Saison für Deutschlands Spring- und vor allem für die Dressur- und Vielseitigkeitsreiter. Doch wie wird die nächste, in der es um Olympiamedaillen geht, aber die Sinnhaftigkeit des Regelwerks infrage gestellt werden muss?

In Luhmühlen sind die Zelte abgebaut und die Parcoursstangen eingemottet. Die EM-Pferde sind im Urlaubsmodus. Vielleicht auch der eine oder andere Reiter und Organisator. Verdient haben sie es. Ein tolles Turnier war es dank Julia Otto und ihrem Orga-Team und dank der Reiter mit ihren großartigen Leistungen.

Das Beste an Luhmühlen: Man kennt fast jeden, der einem über den Weg läuft. Und wenn man einen Pferdemenschen lange nicht gesehen hat, dann braucht man nur nach Luhmühlen zu fahren. Alles ist wie immer und doch jedes Mal was Neues.

Bei dieser Gelegenheit muss ich mich korrigieren. Ich hatte geschrieben, dass Betti Hallwig die Galoppwechsel in der Dressur filmt, damit die Reiter sehen können, ob der Wechsel gelungen oder doch nachgesprungen war. Ganz falsch. Nicht für die Reiter sondern für die Richter wurden die Videoaufnahmen gemacht, damit sie im Zweifelsfall noch man prüfen können, wie der Wechsel wirklich war.

Das war’s jetzt für diese Busch-Saison, jedenfalls für die meisten. Zweitpferde werden hier und da gesattelt, etwa beim CCI4* Anfang Oktober in Boekelo, das die Holländer immer noch ungerührt „Military“ nennen. Das Wort ist ja bei uns schon lange nicht mehr PC. Aber prägnant und es erinnert daran, wie alles angefangen hat: Den Soldaten und sein Pferd zu prüfen, über Stock und Stein, mit einem gehorsamem Pferd, dessen Kräfte vernünftig eingeteilt werden müssen, das notfalls Gräben und Zäune überwindet und ins Wasser springt.

Das Fünfsterne-Event in Burghley fängt morgen an. Deutsche sind nicht dabei, da waren ja alle, die konnten, in Luhmühlen. Sieht man die Starterliste von Burghley, dann wundert man sich, wie viele Fünf-Sterne-Reiter die Briten noch in der Hinterhand haben. 45 Reiter, die EM-Starter nicht mitgezählt, haben genannt. Sie alle müssen die Vorleistungen erbracht haben, die Bedingung für einen Fünf-Sterne-Start sind. Da ist die Decke doch deutlich dicker als bei uns.

Durchatmen – oder auch nicht

Auch in anderen Disziplinen wird durchgeatmet, am wenigstens noch im Springen, da kommt noch das Nationenpreis-Finale in Barcelona, für das sich die deutschen Vize-Europameister ja in diesem Jahr bekanntlich nicht qualifizieren konnten. Die Global Champions Tour geht noch bis zum Finale in Prag im November weiter, dann kommt der Weltcup, der ja nicht mal vor Silvester halt macht. Dieser Zirkus hat seine eigenen Gesetze mit vielen Vorstellungen an allen Ecken der Welt.

Auch wenn sie noch nicht ganz zu Ende ist: Es war eine gute Saison für die deutschen Reiter und Fahrer. Letztere gewannen bei der EM in Donaueschingen endlich mal wieder ein Championat, auch wenn ihnen erst das Pech (oder die Dusseligkeit) eines Niederländers zum Glück verhalf.

Die Dressurreiter waren in Rotterdam so souverän, dass einem schwindelig wird, gewannen bis auf eine alle erreichbaren Medaillen. Ihnen wünscht man ein paar starke Gegner, damit es nicht langweilig wird.

Das wird es bei den Springreitern gewiss nicht. So viele Nationen können in die Medaillenränge reiten, da wird es schwer für die Deutschen, auch wenn Daniel Deußer und Christian Ahlmann wieder dabei sind. Was hätte Bundestrainer Otto Becker wohl ohne die beiden in Rotterdam gemacht? Und im nächsten Jahr? Ob Simone Blum, die ihr erstes Kind erwartet, dann schon wieder Lust auf Spitzensport hat? Man wird sehen.

Tokio mit eigenen Gesetzen

Nach den Europameisterschaften 2019 ist vor den Olympische Spielen in Tokio 2020. Und da werden andere Gesetze herrschen. Nur drei Reiter pro Nation sind bekanntlich zugelassen, es gibt kein Streichergebnis. Dafür kann der Reservereiter eingewechselt werden, falls einer ausfällt. Das könnte den Charakter der Prüfungen drastisch verändern.

Der Protest der Springreiter kam zu spät und nicht an der richtigen Stelle. Ich erinnere, dass Ludger Beerbaum bei der Pressekonferenz nach dem Gewinn der Bronzemedaille in  Rio eindrücklichst forderte, die Vier-Reiter-Regelung beizubehalten (deren Abschaffung das IOC im übrigen auch nie gefordert hat).

Aber über die Pressekonferenz hinaus hätten die Reiter vielleicht bei ihrem Weltverband FEI mehr kämpfen müssen. Vielleicht hätte das ja was genützt. Aber, wie der deutsche Reiterpräsident Breido Graf Rantzau richtig bemerkte, besteht die FEI zu 90 Prozent aus Ländern, in denen kaum gehobener Turniersport betrieben wird. Deren Delegierte sind leicht in die von der Verbandsführung gewünschte Richtung zu dirigieren. Nach Tokio wissen wir mehr und vielleicht obsiegt für kommende Spiele doch die Vernunft.Axel Arigato Men's Bird Tape Sneakers in Cremino, women and kids • Hanbags and accessories | air jordan 1 dark mocha

Gabriele PochhammerHerausgeberin

Herausgeberin des St.GEORG, den sie als Chefredakteurin von 1995-2012 als erste Frau auf dieser Position verantwortet hat. Als Berichterstatterin auf elf Olympischen Spielen und unzähligen Welt- und Europameisterschaften. Erfolgreiche Pferdezüchterin: Der von ihr gezogene Wallach Leonidas II war eines der besten Vielseitigkeitspferde seiner Zeit. Eines der Fachgebiete: internationale Sportpolitik, schreibt für die Süddeutsche Zeitung.