Ruhetag im Reitstadion, letzte Vorbereitungen im Fünfkampf-Parcours

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Gabriele Pochhammer (© www.st-georg.de)

Ja, es wird noch woanders gesprungen in Tokio und dabei hat einer die Hände im Spiel, den wir alle kennen: Olaf Petersen baut zum dritten Mal bei olympischen Spielen. Und natürlich sieht es, dem Gastland angemessen, auch hier ein bisschen japanisch aus.

Geritten wird in Tokio nicht nur im Equestrian Park, sondern auch im Tokyo Stadion beim Modernen Fünfkampf. Der Mann, der dort die Sprünge auf den – leicht vom Hockeyfinale demolierten – Rasen stellt, ist kein anderer als Olaf Petersen, Parcourschef der Olympischen Spiele in Seoul 1988 und Athen 2004. Eigentlich war jeder Funktionsträger bei der Internationalen Reiterlichen Vereinigung (FEI) am 80. Geburtstag aus allem raus, das musste die FEI jetzt wieder ändern. Wegen Altersmobbing. Dafür gibt es eine neue Regel, nach der jeder nur einmal im Leben die olympischen Springparcours bauen darf.

Olaf Petersen hat das System ausgetrickst, für ihn ist es der dritte Olympiaauftritt. Er wurde gebeten, den Fünfkampfparcours, etwa zwischen L- und M*-Niveau, zu gestalten. Der Bitte entsprach er nur allzu gern. Er entwarf nur nicht den Parcours – gefordert sind Sprünge bis 1,20 Meter – sondern er lieferte auch gleich die Hindernisse nach Japan, von ihm gemeinsam gestaltet mit dem Designer, der schon in Athen für Tempelchen und Säulchen im Parcours zuständig war. Als seine Course Designer-Assistentin fungiert in Tokio Ehefrau Dani, im anderen Leben Ärztin, die mit scharfem Diagnoseblick die bunten Gebilde begutachtet. Zehn LKW voller Hindernismaterial wurden nach Japan geliefert, zunächst kamen nur sechs an, der Rest trudelte dann abends ein. Acht Stunden dauerte es, bis die LKW-Fahrer durch die Sicherheits- und Gesundheitskontrollen waren.

Beim Fünfkampf, zu dem außer Reiten auch Schwimmen, Fechten, Laufen und Schießen (letzteres abwechselnd, wie beim Ski-Biathlon) gehört, werden die Pferde übrigens verlost, jedes Pferd geht zweimal. Ich habe ein paarmal bei Olympischen Spielen den reiterlichen Bemühungen der Fünfkämpfer zugeschaut, meistens nicht so, um davon nach Hause zu schreiben. Eher schrecklich. Aber Olaf beteuert, da hätte sich viel getan. Das wäre den Pferden ja sehr zu wünschen. An seinen Hindernissen soll’s nicht liegen.

Morgen sind die Frauen dran, übermorgen die Männer. Alle fünf Disziplinen sind von den Tribünen, auf denen ja nun leider kaum einer sitzt, einsehbar. Auf der Laufbahn wurden eine Fechtbühne und ein Schwimmbecken installiert, geschossen wird übrigens mit Laserpistolen, geritten aber auf lebenden Pferden. Alles wird in fünf Stunden absolviert, und zwar über den Tag verteilt, nicht in den kühlen Nachtstunden, wie beim Reiten im Equestrian Park. Na dann viel Spaß.

Viele unserer Befürchtungen über die Arbeitsbedingungen im Pressezentrum des Equestrian Parks, haben sich ja, wie mehrfach berichtet, als unbegründet herausgestellt. Manches ist sogar bedeutend einfacher als bei anderen Olympischen Spielen. Weil ja keine Zuschauer da sind, ist auf der Tribüne Platz satt, auch die Reiter gucken oft von dort aus zu, weil sie da besser sehen können als von der kurzen Seite, wo eigentlich die Plätze für „die Szene“ sind. Und was ich noch nie erlebt habe: Rechtzeitig vor der Prüfung ertönt die Stimme von Pressechef Andy, der alle einlädt, sich den Parcours anzusehen, eine halbe Stunde lang. Sonst ging das immer nur unter der Hand, nur fünf Leute gleichzeitig und meist geführt, sodass man nicht aus der Herde ausscheren durfte. Man darf natürlich die Reiter nicht ansprechen, aber das tut ja sowieso keiner, weil sie gerade Wichtigeres im Sinn haben, als mit Journalisten zu plaudern. Aber viele andere Leute trifft man ganz entspannt, wie Mannschaftsarzt Manne Giensch, der ja vor ein paar Tage hier seinen Geburtstag gefeiert hat. Er hatte eine gute Zeit hier, keine Krankmeldungen, außer vielleicht ein paar Muskelverspannungen durch die ewigen Klimaanlagen und Luftbefeuchter in den Zimmern. Die gibt es bei uns auch und ich stelle sie immer gleich aus, schon weil ich den Lärm nicht ertrage.

Nach enttäuschendem Einzelfinale hoffen die deutschen Springreiter jetzt auf die letzte Medaillenchance in der Mannschaftswertung. Morgen ist die Quali, die besten zehn Teams kommen weiter, das sollte zu schaffen sein. Aber dann … Briten, Schweden und Holländer reiten hier bärenstark! Und auch die Japaner, die, glaube ich, hier selbst ihren deutschen Trainer, Manager und Pferdeverkäufer Paul Schockemöhle überraschten. We will see – Daumendrücken sollte den Jungs helfen.The Global Destination For Modern Luxury | reviews on air jordan outlet

Gabriele PochhammerHerausgeberin

Herausgeberin des St.GEORG, den sie als Chefredakteurin von 1995-2012 als erste Frau auf dieser Position verantwortet hat. Als Berichterstatterin auf elf Olympischen Spielen und unzähligen Welt- und Europameisterschaften. Erfolgreiche Pferdezüchterin: Der von ihr gezogene Wallach Leonidas II war eines der besten Vielseitigkeitspferde seiner Zeit. Eines der Fachgebiete: internationale Sportpolitik, schreibt für die Süddeutsche Zeitung.

  1. Claudia

    Diese Bilder aus dem Parcours im Fünfkampf waren das Unwürdigste, was diese Spiele zu bieten haben und das Tierverachtendste. Wie die deutsche Athletin tränenüberströmt, weil Pferd nicht funktioniert, mit der Peitsche draufhaut, sind Bilder, die kein Mensch sehen will. Pferd ist Mittel zum Zweck Goldmedaille. Live übertragene den Tierschutz in Frage stellende Bilder. Keine Werbung. Und immer wieder: die armen Pferde!!!!

  2. Elvira Burkhardt

    Dem kann ich mich nur anschließen. Wie man ein vom vorherigen Ritt völlig verunsichertes Pferd nochmals dazu zu zwingen kann, seinen“Dienst“ zu tun, kann ich überhaupt nicht nachvollziehen. Das hat absolut nichts mit Sport oder sonstigem zu tun, sonder nur mit Erfolgsgier. Ich hatte Tränen in den Augen und hoffe für das arme Tier, dass es irgendwann wieder Vertrauen in das Individuum Mensch fassen kann. Da aber die Pferde vom Veranstalter gestellt wurden, bleibt zu befürchten, dass die psychische Verfassung der „Sportgeräte“ diesem völlig egal ist

  3. Claudia Reher

    Kann mich meinen Vor-Rednern nur anschließen. Hab es gerade auf der ZDF-Seite (stumm) gesehen. Was für ein entwürdigendes Bild für einen Athleten und vor allem für das Pferd. Auch hier hätten die Organisatoren das Paar herausziehen müssen. Die Athletin wird noch bedauern, dass dies nicht geschehen ist, denn diese Bilder werden nun ewig bei google hängen. Aber zurück zu meinen Vor-Rednern: Am schlimmsten ist es für das arme Tier. Ein Jammerbild auf Olympia, furchtbar. Die aufwändige und mit einem Tier nunmal verbundene Teil-Disziplin Springen gehört für mich nicht in den 5-Kampf – zum Schutze der Pferde.

  4. M. Bach

    Ich bin auch noch völlig geschockt!
    Am schlimmsten war, dass die völlig überforderten Reiterinnen nicht viel eher abgeläutet wurden.

    Fast keine der Reiterinnen hat ihr Pferd angesprochen und gelobt, oder sich sonst irgendwie um „zwischenmensch-pferdlichen“ Kontakt bemüht. Bleibt zu erwähnen, dass eine Reiterin ihre Gerte weggeworfen hat, als sie merkte, dass ihr ungestümes Pferd, die nicht braucht. Danach ging es etwas besser. Die letzte deutsche Reiterin war dann aber der absolute Tiefpunkt der Veranstaltung.

    Es zeigt noch einmal in aller Deutlichkeit, dass der Reitsport die technisch schwierigste aller Sportarten ist! Reiten fordert einen ganz und gar, das klappt nicht nebenbei und zwischendurch –
    schon gar nicht, in Kombination mit vier anderen Sportarten.

    Der Reporter berichtete, dass die 5-Kämpfer erst die vier anderen Sportarten erlernen und jahrelang trainieren. Das Reiten kommt als letzte und schwierigste Disziplin dazu, wenn sie 16 Jahre alt geworden sind. Das ist deutlich zu spät, wenn man Ambitionen hat, erfolgreich an Olympischen Spielen teilnehmen zu wollen.

    Ich habe vor Jahr und Tag einmal die deutschen 5-Kämpfer in meinem Reitstall in Darmstadt-Kranichstein erlebt. Sie kamen nur einmalig, um in unserer Anlage zu trainieren, und bekamen die Privatpferde von unseren Einstellern geliehen. Wir alle hatten uns Wunder was erwartet, und die Privatpferdebesitzer waren stolz: immerhin die besten 5-Kämpfer Deutschlands waren zu Gast.

    Die reiterlichen Qualitäten waren dann aber auch mehr als ernüchternd, nicht ganz so schlimm wie heute, aber auch grauenhaft. Die Pferde brauchten Tage, um sich von ihrem Schock zu erholen.

  5. ursula machner

    diese „reiterin“ hat doch tatsächlich geglaubt, daß ihr pferd mut faßt, losgaloppiert und über die hindernisse springt, wenn sie ihm ein paar mit der reitpeitsche überzieht! solche bilder tun weh – nicht nur dem pferd – sondern auch den zuschauern. eine schande ist das. sie hat beim reiten geheult und war total verzweifelt, weil das „sportgerät“ unter ihrem hintern nicht funktionieren wollte, obwohl sie mit den absätzen gedrückt , gehackt und mit der gerte geschlagen hat.

  6. Nadia

    Man kann nur hoffen, dass diese „Reiterin“ nie wieder in die Nähe eines Pferdes kommt und ihre Sportart aufgibt. Unfassbar!
    Kaum zu glauben, dass diese Sportart (Fünfkampf) „olympisch“ bleiben darf, während ernsthaft überlegt wurde, Dressur/Springen zu streichen …


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