Hagen: Rothenberger und Fendi gewinnen Grand Prix Special mit mehr als 78 Prozent

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HAGEN – Horses and Dreams meets Canada 2022

Sönke Rothenberger und Fendi in Hagen 2022 (© www.sportfotos-lafrentz.de/Stefan Lafrentz)

Seinen neuen Star im Stall präsentierte Sönke Rothenberger den voll besetzten Rängen in Hagen und den Richtern heute im Grand Prix Special. Nach seinem Ritt mit dem neunjährigen Fendi reckte Rothenberger zurecht die Fäuste hoch – auch die Richter sahen das Paar mit mehr als 78 Prozent ganz klar vorn in dem stark besetzten Feld.

Der Auftritt des neunjährigen Louisdor-Preis-Siegers in seinem ersten Grand Prix Special war einer, der mindestens eins, eher mehrere Ausrufezeichen setzte. Elastizität, Durchlässigkeit und Schwung gepaart mit reeller Aufrichtung, tiefer Kruppe in den Lektionen höchster Versammlung und einer Prise Coolness – Fendi bringt einfach alles mit, was es für den ganz großen Sport braucht. Ganz gefühlvoll stellte Sönke Rothenberger den Franklin-Sohn vor, immer mit dem Genick am höchsten Punkt, immer mit wohldosierten Hilfen.

Nach einer Trabtour mit Höhepunkten wie einer energischen, aber durchfedernden Passage und Piaffen, die nochmal besser als Donnerstag gelangen sowie überzeugenden Verstärkungen und Traversalen, lag die Zwischenwertung für das Paar bei über 80 Prozent. Die Schritttour gelang sicher, aber nicht ohne die letzte Losgelassenheit, die zu entwickeln Fendi ja aber auch noch alle Zeit der Welt hat. Die Galopptour begann sicher und mit gutem Durchsprung, die Zweierwechsel von erster Güte, die Einerwechsel wollte der von Sönke Rothenberger selbst ausgebildete Wallach fast zu gut machen, hier sind bei etwas mehr Losgelassenheit sicher noch mehr Punkte drin – wobei hier die Rede von Noten von über 9 die Rede ist, als Note für die Wechsel von Sprung zu Sprung gab es eine glatte Acht. Die Linie durch die länge der Bahn mit Links- und Rechtspirouette und dazwischen neun Einerwechseln gelang hinsichtlich der Pirouetten sicher, und das trotz eines Missverständnisses bei den Einerwechseln, das einige Punkte kostete. Mit sehr guten Momenten gelang dann wiederum die Schlusslinie, in der Chefrichter Henning Lehrmann bei C sogar einmal die 10 für die Passage zückte. Den Eindruck konnte auch der „Shit happens“-Moment in der Piaffe nicht trüben, wo Fendi einmal äppelte. Und vielleicht ist solch ein Moment ja wie bei Dalera und Jessica von Bredow-Werndl ein gutes Omen?

Unter dem Strich gab es für die Vorstellung des Paares 78,341 Prozent, eine Bestätigung des Eindrucks vom Grand Prix am Donnerstag, dass Deutschland spätestens für die Olympischen Spiele 2024 in Paris, so denn alles gut geht, ein neues Championatspaar hat.

Rothenberger: “In Hagen sind jedes Jahr die Besten der Besten am Start, wir wollten daher hierher kommen, um zu sehen, wie wir uns weiterentwickeln müssen und wo wir stehen für die weitere Saisonplanung. Beim Abreiten war Fendi heute so gut wie noch nie. Jetzt kommt es auf die Feinabstimmung an. Er kann alles — es kommt nur darauf an, wie man ihn hinsteuert.“ Fendi sei vor allem im Spécial zwar „noch etwas an“ gewesen: „Die Mittellinie war noch etwas wild, aber ich finde es besonders, dass er dann sofort wieder bei sich ist und keine Fehler machen möchte. Mit seinen neun Jahren darf er etwas an sein. Die Aufgabe ist neu für ihn und wir haben vor dem Spécial nicht allzu lange geritten – die Saison ist noch lang, das Pferd ist noch jung.“

Und was steht noch an in der Saison? „Die Deutsche Meisterschaft in Balve wäre ein Meilenstein, der für ein Grand-Prix-Pferd in Deutschland dazu gehört“, sagte Rothenberger.  Als großes Ziel habe er dann Paris 2024 im Blick.

Fendi und Sönke Rothenberger: 2,5 Prozent Abstand zur Konkurrenz

Das Paar auf Platz zwei bekam 75,808 Prozent und lag damit rund 2,5 Prozent unter der Wertung der Sieger: Patrik Kittel (SWE) und seine elfjährige Stute Forever Young. Die Fürst Fugger-Tochter ging eine solide Prüfung, auch wenn man sich die Kruppe in den versammelnden Lektionen tiefer wünschen würde. Lediglich bei der Schritttour mussten Kittel und die Stute aus einer Don Bosco-Mutter Punkte einbüßen. Richter Henning Lehrmann ordnete das Paar an sechster Stelle ein, dagegen standen zweimal Platz zwei und jeweils einmal Rang drei und vier von Lehrmanns Richterkollegen.

Kittels Landsfrau Therese Nilshagen wurde mit ihrem Olympia- und Championatserfahrenen Partner Dante Weltino Dritte. Der 16-jährige Oldenburger Hengst präsentierte sich auch heute wieder frisch und energisch, bekam aber Fehler in den Zweierwechseln und auch hier war die Schritttour nicht der beste Teil der Prüfung. 75,277 Prozent lautete die Bewertung für das Paar, wobei auch hier die Bewertungen der Richter von 77 bis 71 Prozent reichten.

Mit dem ebenfalls hochtalentierten St. Moritz Junior-Sohn St. Schufro platzierte sich Dänemarks derzeit wohl best berittenste Dressurreiterin Nanna Skodborg Merrald gemeinsam mit Nilshagen an dritter Stelle. Der imposante Rapphengst dürfte hier und da noch mehr in Richtung Schwerpunkt fußen, zeigt aber beispielsweise in den Galopppirouetten und auch in den Piaffen echte Versammlungsbereitschaft samt Absenken der Kruppe. Ein Umspringen vor der ersten Galopptraversale kostete reichlich Punkte, 75,277 Prozent lautete auch hier das Endergebnis. Rang fünf wurde es für Andreas Helgstrand (DEN) mit der auch erst neunjährigen Queenparks Wendy und 74,149 Prozent.

Nuxoll und Bonheur de La Vie mit neuem persönlichen Bestergebnis

Zu erstmals mehr als 72 Prozent in einem internationalen Grand Prix Special ritt Sandra Nuxoll mit ihrem Louisdor-Preis-Sieger aus 2020, Bonheur de La Vie. Der nun elfjährige Bordeaux-Sohn tanzte unter Nuxoll zu exakt 72,596 Prozent, Platz sechs. Dahinter folgten Fabienne Müller-Lütkemeier mit Valesco, Katharina Hemmer mit Denoix und Raphael Netz mit Great Escape Camelot auf den Rängen sieben, acht und neun.

Isabell Werth siegt mit Tzarina in der Einlaufprüfung zum Burg-Pokal

Eine Dressurfans nicht unbekannte Stute gewann bereits am Vormittag die Einlaufprüfung zur Qualifikation Nürnberger Burg-Pokal unter Isabell Werth: Skovens Tzarina, eine neunjährige Stute v. Zack aus einer Don Schufro-Mutter. Tzarina war fünfjährig bei den Weltmeisterschaften der jungen Dressurpferde am Start, damals noch unter Bettina Jäger, die die Stute für den damaligen Besitzer Andreas Helgstrand vorstellte. Mittlerweile zeichnet sich Österreichs Victoria Max-Theurer für den Besitz der braunen Stute verantwortlich und hat sie zu Isabell Werth in Beritt gegeben.

Die dänische Stute ging seither erst ein Turnier, nämlich in Wickrath vergangenen Oktober, wo sie mit mehr als 77 Prozent eine Dressurprüfung der Klasse S für sich entschied. Auf diesem Niveau legte die Zack-Tochter auch heute in Hagen los. Mit großem Ablauf und dem Genick am höchsten Punkt absolvierte Tzarina, sicher an den Hilfen stehend, die Trabtour. Im starken Schritt wurde die Anlehnung dann etwas unruhig, was sich auch in der Punktevergabe bemerkbar machte. Der versammelte Schritt gelang hingegen anfangs gut, wie auch die erste halbe Schrittpirouette, jedoch drohte die Stute dann anzuzackeln, was auch die Qualität der zweiten halben Schrittpirouette minderte. In der Galopptour präsentierte sich Tzarina dann erneut in sicherer Anlehnung und mit genügend Bergauftendenz, bei den fliegenden Wechseln wird die neunjährige Stute tendenziell noch etwas schief. Die hohe Grundqualität im Galopp machte Werth sich in der Verstärkung zunutze und ritt hier nicht das letzte Risiko. Auch beim Halten vor dem Rückwärtsrichten wurde heute noch nicht alles an Punkten ausgeschöpft. 75,365 Prozent bedeutete den Sieg mit komfortablem Vorsprung von mehr als einem Prozent.

Rang zwei ging in dieser Prüfung an Emma Kanerva aus Finnland mit dem neunjährigen Dimaggio-Sohn Don Domingo und 74,146 Prozent, gefolgt von Raphael Netz, der die achtjährige Finest-Tochter Finest Black Lady zu 74,048 Prozent ritt.

Andreas Helgstrand und Jovian: Hufabszess

Eine Neuigkeit aus dem Dressurlager in Hagen erreichte uns noch. Andreas Helgstrand und Jovian standen zwar auf der Teilnehmerliste für Hagen, erschienen aber nie auf dem Viereck. Nun erklärte der Pferdehändler aus Dänemark in den sozialen Medien, wieso er seinen Hengst nicht an den Start bringen konnte. Grund dafür sei ein Hufabszess, Jovian sei aber bereits wieder auf dem Wege der Besserung.

Alle Ergebnisse vom CDI4* Grand Prix Special und der Einlaufprüfung zum Nürnberger Burg-Pokal in Hagen 2023 finden Sie hier.

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Gloria Lucie AlterRedakteurin

Hat sich parallel zum Volontariat beim St.GEORG im Studium mit „Digital Journalism“ an der Hamburg Media School befasst. Als Redakteurin liefert sie Beiträge aus den unterschiedlichsten Bereichen, von Reitlehre bis zu Produktneuheiten. Ihre Erfahrungen aus Tätigkeiten bei privaten TV-Sendern in Köln ergänzen sich mit ihrer Kompetenz in Social Media und Videocontent.