Zu eng, Schlaufzügel, Video aus Landgestüt Warendorf – Landstallmeisterin Ankerhold in Erklärungsnot

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Landstallmeisterin Kristina Ankerhold, Landgestüt Warendorf (© Kemper, Frerichs)

Am 13. April 2021 wurden im Landgestüt Warendorf Videos gefilmt, die zeigen, wie unter Anleitung von Landstallmeisterin Kristina Ankerhold zwei junge Hengste „nicht pferdegerecht“ geritten werden. So nennt es die Deutsche Reiterliche Vereinigung (FN). Die erste Reaktion der Landstallmeisterin: Unter Strafandrohung ist Fotografieren und Filmen im Landgestüt Warendorf verboten. Die Szenen spielten sich in der Reithalle der Deutschen Reitschule ab, dem Ausbildungsort für angehende Pferdewirte und Pferdewirtschaftsmeister.

Kristina Ankerhold, Landstallmeisterin im Landgestüt Warendorf, hat am 13. April 2021 eine Mitarbeiterin beim Training von zwei jungen Hengsten angeleitet. So weit so gut. Nur, dass die beiden Hengste, einer vierjährig, der andere fünf Jahre alt, „nicht pferdegerecht“ geritten werden. Videoaufnahmen belegen dies. Die Einschätzung, dass hier „nicht pferdegerecht“ mit den Landbeschälern umgegangen wurde, stammt von Thies Kaspareit, Leiter der Abteilung Ausbildung der Deutschen Reiterlichen Vereinigung (FN).

Tatort: Deutsche Reitschule im Landgestüt Warendorf

Neben Landstallmeisterin Ankerhold und der Mitarbeiterin, die die beiden Hengste mit deutlich zu enger Halseinstellung und einen davon mit Schlaufzügeln in dieser Haltung reitet, sind aber noch andere Menschen in der Halle der Deutschen Reitschule zugegen. Pferdewirte, die sich auf ihre bevorstehende Meisterprüfung vorbereiten. Die Deutsche Reitschule ist Teil des NRW-Landgestüts Warendorf. Hier werden die Menschen in Lehrgängen geschult, die später einmal selbst Lehrlinge ausbilden dürfen. Für die Teilnehmer an diesem Lehrgang zur Vorbereitung auf die Pferdewirtschaftsmeisterprüfung steht eine theoretische Einheit in der Reithalle der Deutschen Reitschule an. Die junge Frau, die den angehenden Pferdewirtschaftsmeistern das richtlinienkonforme Reiten und Unterrichten näherbringen soll, ist eine Mitarbeiterin der FN-Abteilung Ausbildung. Sie wird, genau wie die Teilnehmerinnen und Teilnehmer, Augenzeugin dessen, wie in dem bald 200 Jahre alten Traditionsgestüt mit von Steuergeldern erworbenen Junghengsten umgegangen wird. Die jungen Leute sprechen die FN-Mitarbeiterin an, wie das Gesehene einzuschätzen sei.

Videos, um Vorfall zu dokumentieren

In der Gruppe, so berichtet Thies Kaspareit im Gespräch mit St.GEORG, sei Unruhe aufgekommen. Mehrere der angehenden Pferdewirtschaftsmeister griffen zu ihren Smartphones und filmten, wie Ankerhold ihre Mitarbeiterin von unten anleitete. Kaspareit weiß das, weil zwei dieser Videos ihm vorliegen. Die dort gefilmt hätten, „wussten sich in der Situation nicht anders zu helfen“, so Kaspareit. Man dürfe nicht vergessen, dass es nicht ganz einfach sei, wenn die Leiterin der Institution, bei der man zu Gast ist, so handele. Kaspareits Mitarbeiterin wendet sich an ihren Vorgesetzten, zeigt die Videos, schildert die Situation.

Zwei Tage später, am 15. April, ruft Thies Kaspareit Landstallmeisterin Kristina Ankerhold an, berichtet der FN-Ausbildungsleiter. Er argumentiert mit dem Leitfaden, der für das Abreiten auf dem Abreiteplatz definiert. Er sagt, er habe Ankerhold klar gemacht, dass es sich um „nicht pferdegerechtes Reiten“ handele. So wie der aufsichtführende Richter am Abreiteplatz in solch einem Fall das Gespräch suchen soll, habe auch er gehandelt, sagt Kaspareit. Ankerhold habe sich die Argumente angehört, auch zugegeben, dass die Pferde „sicherlich zu eng“ gewesen seien in der Halseinstellung. Das sei aber den Umständen – Enge in der Halle, junge Hengste – geschuldet gewesen. Kaspareit erinnert sich, dass die Landstallmeisterin ihm erklärt habe: „Das ging nicht anders!“

Kaspareits Einwand, dass neben dem nicht tolerablen Umgang mit den beiden jungen Hengsten auch die Situation zu bedenken sei, habe die Landstallmeisterin nicht von ihrer Position abgebracht. Kaspareit dringt darauf, einen Termin mit diesen beiden Pferden vor Ort zu vereinbaren. Auf das Gespräch folgt ein Brief am 7. Mai, in dem der Vielseitigkeits-Mannschaftsolympiasieger deutlich wird.

Es ist inakzeptabel, Pferde so zu reiten!

Das auf dem Video zu sehende Training sei zwar nicht „tierschutzrelevant“, aber ein Treffen unabdingbar. Bis heute gäbe es keinen Terminvorschlag, so Kaspareit im Gespräch mit St.GEORG. Das Gespräch habe er auch noch in einem Brief am 7. Mai 2021 „verschriftlicht“.

Filmen und Fotografieren im Landgestüt Warendorf unter Strafandrohung verboten

Eine erste Reaktion gibt es bereits. Auf dem Gelände des Landgestüts Warendorf ist mittlerweile Filmen und Fotografieren verboten. „Zuwiderhandlung wird zur Anzeige gebracht“, steht auf den laminierten Schildern. Auch sonst ist die gelernte Juristin Ankerhold mit ihrer Zunft schnell zur Stelle. Kaspareit kann bestätigen, dass auch Anwälte mittlerweile in der Sache aktiv sind.

Facebook

Fotografierverbot Landgestüt Warendorf (© Facebook)

Was er nicht bestätigen kann, sind Darstellungen, die im Internet als wahre Sachverhalte dargestellt werden. In diesem Zusammenhang habe man ihm auch unterstellt, er habe die Sache vertuschen wollen und aufgefordert, die Videos zu löschen. „Dagegen verwahre ich mich ausdrücklich!“ Allerdings kann auch Kaspareit nicht ausschließen, dass noch andere Videos von Vorfällen, die nichts mit dem vom 13. April zu tun haben, kursieren.

Landstallmeisterin Ankerhold hat Kaspareit mitgeteilt, dass zukünftig Hans Heinrich Meyer zu Strohen mit dem Training von Dressurhengsten des Landgestüts Warendorf betraut wird. Man solle doch mit dem Bundestrainer den Lokaltermin machen. Für Kaspareit der falsche Ansatz. Er will mit der Reiterin und ihrer Dienstherrin und den Pferden vor Ort zeigen, wie es richtig ist. „Wir haben den Weg gesucht, solche Vorkommnisse abzustellen und erwarten nun, dass das (der Termin) auch geschieht.“

Hannes Müller, der Leiter der Deutschen Reitschule, war am 13. April nicht Zeuge des Geschehens in der Reithalle. Das Verhältnis zwischen Landstallmeisterin und der Reitschule gilt Warendorfer Insidern zufolge schon lange als gestört. Kaspareit ist auch weiterhin an einer guten Zusammenarbeit mit der Deutschen Reitschule und damit zwangsläufig auch dem NRW-Landgestüt gelegen. „Dafür müssen wir aber fachlich an einem Strang ziehen und können nicht langfristig mit zwei verschiedenen Vorstellungen von Reitausbildung durchs Land gehen.“

Westfälische Landeskommission über Fall im Bilde

In einer Pressemitteilung hat die FN ebenfalls Stellung zu der Causa Ankerhold genommen. Darin wird auch darauf eingegangen, dass es heißt Kaspareit habe der Löschung der Videoaufnahmen positiv gegenüber gestanden: „Um die Fortsetzung der Gespräche nicht zu belasten, zeigte Thies Kaspareit sich dem Wunsch nach einer Löschung des der FN vorliegenden Filmmaterials zunächst zugänglich. Nach weiterer Beratung hat sich der Verband dazu entschlossen, dieses Material bis auf weiteres zu erhalten.“ Und die FN ist noch einen Schritt weitergegangen. Sie hat die zuständige Landeskommission über die Videos informiert, damit liegt nun der Ball im Feld dieses Verbandes: Er muss entscheiden, ob gegen die Reiterin vorgegangen wird.

St.GEORG hatte auch beim Leiter Medien & Kommunikation – Ministerium für Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz Nordrhein-Westfalen angefragt. Der Pressesprecher hielt sich bedeckt, bestätigte aber, dass der Fall im Ministerium bekannt ist: „Wir prüfen zur Zeit den von Ihnen geschilderten Vorgang. Gerne kommen wir erneut auf Sie zu.“ Das Landgestüt Warendorf hatte ebenfalls auf unsere Anfrage eine Stellungnahme in Aussicht gestellt. Bis 23.50 Uhr war das am heutigen Mittwoch, 12.Mai, nicht geschehen.

 

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Jan TönjesChefredakteur

Chefredakteur ab 2012, seit 2003 beim St.GEORG. Pferdejournalist seit 1988. Nach Germanistik/Anglistik-Studium acht Jahre tätig bei öffentlich rechtlichem Rundfunk, ARD, SFB, RBB in Berlin. Familienvater, Radiofan, TV-erfahren, Moderator, Pferdezüchter, Podcasthost, Preise: Silbernes Pferd, Alltech Media Award. Präsident Internationale Vereinigung der Pferdesportjournalisten (IAEJ).

  1. Sabine Brandt

    unabhängig vom stand der dinge und deren einschätzung seitens der landeskommission:
    das erlassen eines film – und fotoverbots bei androhen von anzeige in einem vom steuerzahler finanzierten öffentlichen landgestüt ist ein absolutes unding.

    wenn dieses verbot mit wissen des ministeriums dort „erlassen“ wurde, müssen die herrschaften in düsseldorf sich fragen lassen, ob da nicht der schwanz mit dem hund wackelt?

    film und fotoverbote erlässt man, wenn man etwas zu verbergen hat.
    von staat und land getragene deutsche reitschule und landgestüte haben per definition vorzeigecharakter und als vorbild zu dienen. da hat es nichts zu verbergen zu geben.

    hier geht es nicht darum, hengste und reiter vor unglücklichen momentaufnahmen und amateurfotografie in der öffentlichkeit zu bewahren.
    hier ist der vorsatz vater des gedanken, unangemessene eindrücke, derer man sich bewusst ist, zu verhindern.

    da müssen doch auch in düsseldorf die alarmglocken schrillen?
    es gibt einen feinen unterschied zwischen unglücklichen momentaufnahmen und dem subtilen bewusstsein, bei etwas unrechtem gefilmt und fotografiert zu werden.
    das eine ist pech.
    das andere unterstützt subtilen vorsatz.

    das ist keine juristische, sondern eine psychologische frage.

    der sachverhalt sagt mehr aus über den mangel an sozialkompetenz einer person, die sich als leitende regierungsdirektorin (!) durch führungsqualitäten im in- und aussenverhältnis auszuzeichen hat, als jede subjektive einschätzung tierschutzrechtlicher relevanz ihres verhaltens am pferd.

  2. schockstrand

    Frau Ankerhold ist, war und wird immer eine absolute Fehlbesetzung sein. Allen Insidern ist es unerklärlich, wie so eine Person in diese Position kommen konnte! Die Dame hat weder Pferdeverstand noch eine in irgendeiner Form geartete Sozialkompetenz!

  3. Elisa Lohe

    Und wer bitte nimmt sich mal die Herren bei der FN vor? Wie kann man es für eine gute Idee halten, Beweise zu vernichten und ein Thies Kaspareit überlegt, das Videomaterial zu löschen, anstatt es der Staatsanwaltschaft zu übermitteln???????!!!!!!

  4. Elisa Lohe

    Und wer bitte nimmt sich mal die Herren bei der FN vor? Wie kann man es für eine gute Idee halten, Beweise zu vernichten und ein Thies Kaspareit überlegt, das Videomaterial zu löschen, anstatt es der Staatsanwaltschaft zu übermitteln!

  5. Josef

    Wieso kann man dieses Bildmaterial von dem jetzt überall die Rede ist, nirgendwo sehen? Gerne möchte man sich selbst ein Bild von der Situation machen

  6. Carmen Fischer

    Ich finde es absolut richtig, das Herr Kaspareit das Gespräch sucht, leider zeigt sich Frau Ankerhold sehr unkooperativ. Für Sie, die Bereiter und die Pferde wäre eine Lehrstunde sicherlich viel nützlicher als ein Shitstorm. Jeder macht Fehler, und einen jungen Hengst im Deckeinsatz zu reiten ist sicher nicht immer eine leichte Aufgabe. Warum sich nicht Hilfe bei solch einem erfahrenen Reiter und Ausbilder suchen? Davon profitieren dann auch die anderen Pferde.

  7. Karola Bady

    Leider ist der Umgang mit solchen Vorfällen nach der Ära C. Hess vor 30 Jahren nicht besser oder gar klüger. Funktionäre schützen Aktive mehr als die Pferde. Es heißt leider Deutsche Reiterliche Vereinigung und nicht System zum Schutz von Pferden. Nach wie vor. Da muss sich niemand wundern, wie gering das Interesse am Reitsport ist, die TV Zeiten sind noch zu kulant! Skandale haften. Beim DFB wie auch in Warendorf, ob Landgestüt oder Sport. Die Tiere leiden still, schade

    • Karola Bady

      Die Bedeutung? Mittelalterliche Haltung, militärische Drills und Hengste als Ware,vom Steuerzahler finanziert. Also, welche Bedeutung genau, bitte?

  8. Sandra

    Mich würde der aktuelle Stand der Causa Ankerholt interessieren. Lsst man es im Sand verlaufen, in der Hoffnung, dass Gras drüber wächst?

  9. berndride

    Frau Ankerholt hat um ihre Versetzung gebeten. Das Landgestüt wird kommissarisch geführt und man sucht nach einer geeigneten Nachfolge. Die Begeisterung über den Job hält sich möglicherweise in Grenzen. Wer immer das macht, viel Glück! Er oder sie wird es brauchen.


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