Die Vielseitigskeitreiter erstmals im Olympia-Reitstadion

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Training eventing – Olympic Games Tokyo 2020

Julia Krajewski, GER, Amande de B Neville, Olympia Tokio 2021 - Stadiontraining mit Bundestrainer Hans Melzer (© hippofoto.be)

Gestern durften auch die Vielseitigkeitspferde zum ersten Mal ins Olympia-Reitstadion, zur Familiarization, das heißt, sie durften sich den Ort schon mal angucken, auf dem sie Freitag und Sonnabend zu ihrer Dressur antreten.

Ab ins Olympia-Reitstadion! Von nachmittags 17 Uhr bis spätabends um 23 Uhr konnten die Reiter dazu nationenweise erst zehn Minuten auf dem großen Platz, dann zehn Minuten auf dem Prüfungsviereck trainieren, es übten also immer acht Reiter gleichzeitig. Als Zuschauer muss man sich stets ins Gedächtnis rufen, dass diese Pferde nicht nach ihren Talenten für die höhere Dressur ausgesucht wurden, auch nicht nach dem spektakulären Trab, schon eher nach dem räumenden, rasch repetierenden Galopp, der nicht derselbe ist wie der, der im Grand Prix-Viereck Punkte bringt. Und man konnte erkennen, dass die Dressur auch nicht die  Lieblingsdisziplin der meisten Buschreiter ist.

Vielfalt im Olympia-Reitstadion

Da gab es dann die ganze Palette zu sehen, hervorragend sitzende Reiter, mit durchlässigen Pferden bis zu Paaren, von denen man sich fragt, wie sie es bis übermorgen schaffen wollen, ihr Pferd an den Zügel zu stellen.

Wie Vielseitigkeitsdressur – gefordert ist etwa M-Niveau mit Traversalen und einzelnen fliegenden Galoppwechseln – im besten Fall aussehen kann, zeigte der in England lebende Australier Andrew Hoy, Olympiaveteran bei seinen achten Olympischen Spielen, und der französische Fuchs Vassily de Lassos: Tiefer, geschmeidiger Sitz und ein ausdrucksvoll gehendes, perfekt gymnastiziertes Pferd,  das der Reiter immer vor sich hat, exzellente Trabverstärkungen –  die Zusammenarbeit mit dem deutschen Ausbilder Dolf Dietram Keller hat Früchte getragen, das Paar zählt in Tokio zu den Favoriten.

Durch seine schicke Falben-Jacke und seine solide Art sich zu präsentieren fiel Flamenco unter dem Iren Sam Watson auf, der Sohn einer Connemara-Scheckenstute kann seine Pony-Ahnen nicht verleugnen.

Ein Wiedersehen gab es mit Seigneur Medicott, wobei wie bei allen Pferden während der Spiele die Sponsoren-Anhängsel vorübergehend gestrichen werden, er hier schlicht unter Seigneur firmiert. Der hochbeinige Braune segelt zwar unter westfälischer Flagge, ist aber ein Trakehner, Sohn des in Deutschland wenig benutzten Vollblüters Seigneur d’Alleray xx aus einer Finley M-Mutter (der wiederum eine Vollblutstute v. Athenagoras xx zur Mutter hatte). Ausgebildet und in den internationalen Sport gebracht wurde er von der deutschen Vielseitigkeits-Amazone Bettina Hoy. Er und sein neuer indischer Reiter Fouaad Mirza passen hervorragend zusammen und werden zumindest im Dressurviereck ein gutes Bild abgeben.

Die vier Chinesen machten eine für manche vielleicht überraschend gute Figur im Dressursattel, tiefer Sitz, ruhige Hand, solide Arbeit. Ihr reiterliches Know How haben sie sich in Europa geholt:  Zwei trainieren beim Niederländer Tim Lips, einer in Belgien. Der Erfolgreichste, Alex Hua Tian, schon in London 2012 dabei, lebt seit vielen Jahren in Großbritannien.

Im US-Team treten zwei Söhne des von Ingrid Klimke gerittenen Trakehnerhengstes Windfall an, der leichtfüßige Tsetserleg unter dem Routinier Boyd Martin und Vandiver unter Doug Payne. Der Dritte im Bunde ist Philipp Dutton mit einem Braunen namens Z. Der hieß mal Albano Z und stammt von Asca, gezogen in Zangersheide. Reservistin Tamra Smith auf Mai Baum ritt wie eine „richtige“ Dressurreiterin: mit ihrem tiefen gestreckten Sitz konnte man sie sich in jedem Grand Prix-Viereck vorstellen.

Ordentliche Bilder auch bei den britischen Favoriten, die ja seit 2017 vom früher für die Deutschen tätigen Trainer Chris Bartle betreut werden. Das Weltmeisterpaar Rose Canter mit Allstar ist vorläufig noch als Reserve vor Ort. Reiten sollen der Olympiasieger von 2004, Oliver Townend auf dem Schimmel Ballagmor Class – Dressurreiten ist offensichtlich nicht seine liebste Beschäftigung –  Tom McEwen auf Toledo de Kerser v. Diamant de Semilly, Siegerpaar der britischen Olympiaqualifikation, dem CCI4* in Bicton, und Laura Collett auf dem Holsteiner London v. Landos-Quinar.

L’equipe les bleus – Franzosen sehen gut aus

Die Franzosen, Olympiasieger von 2016, sind nur noch zu dritt, nachdem Birmane von Thomas Carlile wegen einer Muskelentzündung zurückgezogen werden musste. Im Training sahen Nicolas Touzaint auf einem Pferd mit dem verheißungsvollen Namen Absolute Gold, Christopher Six auf Totem de Brecey und Karim Florent Laghouag mit Triton Fontaine hervorragend aus und so, als ob sie schon auf dem Viereck einen Medaillenanspruch anmelden wollen.

Die Deutschen kamen als letztes Team an die Reihe, so wie wir sie kennen. Michael Jung mit Chipmunk: sicher, solide, durchlässig in den Paraden, kraftvolle Verstärkungen, blitzblanke Dressurstiefel.

Auch Chipmunks Ausbilderin, Julia Krajewski hat Amande de B’Neville, „Mandy“, gut in Gang. Sandra Auffarth, die auch noch eine Kanadierin hier in Tokio betreut , konnte Viamant du Matz weiter verbessern. Aber die Elastizität, überhaupt die Dressurqualität von Olympiastar 2012 und 2016, dem Weltmeister von 2014, „Wolle“, wird er wohl nie erreichen. Dafür springt er über alles.

Reservist Andreas Dibowski auf Corrida ritt schon mit kurzen Bügeln und Martingal, wenn alles nach Plan läuft, zum ersten und letzten Mal ins große Stadion. Er war der einzige des deutschen Teams, der anschließend die Gelegenheit wahrnahm, noch ein paar Sprünge auf dem Abreiteareal zu machen. Langweilig wird es ihm trotzdem nicht werden: Er trainiert auch noch Reiter des polnischen Teams.

Das nächste Mal sehen wir die Buschpferde bei der Verfassungsprüfung am Donnerstag.Cheap Air Jordans 1 low For Sale | 1576 nike air jordan 1 grises y negras

Gabriele PochhammerHerausgeberin

Herausgeberin des St.GEORG, den sie als Chefredakteurin von 1995-2012 als erste Frau auf dieser Position verantwortet hat. Als Berichterstatterin auf elf Olympischen Spielen und unzähligen Welt- und Europameisterschaften. Erfolgreiche Pferdezüchterin: Der von ihr gezogene Wallach Leonidas II war eines der besten Vielseitigkeitspferde seiner Zeit. Eines der Fachgebiete: internationale Sportpolitik, schreibt für die Süddeutsche Zeitung.

  1. Müller

    Vor noch nicht allzu langer Zeit sprach man beim Training von mitkonkurrierenden Nationen durch deutscher Championatskaderreiter von Interessenkollission.
    Trainertätigkeiten wurden daraufhin unterbunden!


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