#twohearts – nur ein Hashtag?

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Jörn-Warners-Blog-2019

Jörn Warner bloggt aus Großbritannien, wo er bei Vielseitigkeitsreiter Chris Burton trainiert. (© Petra Boschen)

Jörn Warner, der momentan bei Christopher Burton in England trainiert, ist beim Vielseitigkeitsevent in Saumur mit drei Pferden am Start. Sein Fazit: Es gibt Turniere, bei denen es überhaupt nicht läuft. Und aus Fehlern kann man immer etwas lernen. Eine Analyse

Zu den Olympischen Spielen von Rio hat die FEI ihre Kommunikationskampagne #twohearts gestartet. Hinter diesem einfachen Hashtag verbirgt sich eigentlich alles, was unseren Sport ausmacht. Wenn von zwei Individuen eines nicht seine gesamte Leistungsfähigkeit abruft, dann kann das Unternehmen „Erfolgreich Reiten“ nicht funktionieren. Genau das ist mir am vergangenen Wochenende in Frankreich passiert. Deshalb sind meine Ergebnisse aus Saumur auch schnell zitiert:

  1. Lord Fauntleroy CCI2*-L – im Gelände ausgeschieden
  2. Castle King CCI4*-L – im Gelände aufgegeben
  3. Vicco Pop CCI4*-L – vor dem Springen zurückgezogen

So weit, so schlecht. Ich würde lügen, wenn ich sagen würde, dass ich mit diesen Resultaten zufrieden bin. Aber hinter jedem Ergebnis steckt eine kleine Geschichte, die kein Ergebnisdienst der Welt preisgibt. Ich möchte sie trotzdem erzählen, weil ich die Fakten gerne ins richtige Licht rücke würde.

Lord Fauntleroy – der falsche Sprung

Zu 1: Lord Fauntleroy ist auf dem Areal der Cadre Noir seine erste lange Prüfung gelaufen. Mit seinen erst sieben Jahren ist er bereits die Zuverlässigkeit in Person. Knapp acht Minuten galoppiert Cedy durch das sandige Gelände in Frankreich, nimmt jeden Sprung, absolviert jede Aufgabe mit absoluter Lässigkeit und kommt sogar einige Sekunden unter der Optimumtime ins Ziel. Mein Ergebnis wird verkündet und ich will gerade aus dem Zielbereich in Richtung Cooldown Area reiten als ein aufgeregter Hindernisrichter auf mich zu kommt und mir mitteilt, dass ich den falschen Sprung angeritten bin. Den falschen Sprung? Ich falle wirklich aus allen Wolken! Mein kleines Flugzeug ist fast acht Minuten im Gelände unterwegs und springt ohne mit dem Ohr zu wackeln den letzten Sprung aus dem 4*-Gelände, weil ich ihn darum bitte. Natürlich bleibt nach dem internationalen Regelwerk nur die Disqualifikation. In unserem Sport müssen eben zwei Individuen auf den Punkt da sein und an diesem Tag war ich es leider nicht. Trotzdem könnte ich nicht stolzer auf das Pferd sein.

 


Pferdewirtschaftsmeister Jörn Warner ist mit seinen Pferden für sechs Monate nach England ausgewandert, um mit Olympiareiter und Burghley-Sieger Christopher Burton zu trainieren. In seinem Blog erzählt er aus seinem neuen Leben, von Turnierstarts im Mutterland der Vielseitigkeit, den besten Tipps eines internationalen Profis und britischen (Stall-) Gepflogenheiten.


Castle King – zu viel Kopfkino

Zu 2: Castle King läuft eine sehr gute Dressur und wird von den Richtern sogar noch vor Paul gesetzt. Das gab es wirklich noch nie! Für das Gelände habe ich mit Christopher Burton ausgemacht auf einen Weiterritt zu verzichten, falls es zu einem Run Out kommt. Es wäre kein Qualifikationsergebnis mehr und nur eine unnötige Belastung für die Pferde. Ich hatte aber nicht damit gerechnet, dass mich dieser Vorsatz von Sprung 6a bis Hindernis 23 beschäftigen würde. Leider gelang mir der Einsprung ins erste Wasser nicht optimal und wir sind sehr weit außen über das Boot hereingekommen. Missing Flag – ja oder nein? Noch mal anreiten? Aufgeben, weil das der besprochene Grund ist aufzuhören? Ich habe mich entschieden weiterzureiten, aber konnte die Situation am ersten Wasser nicht hinter mir lassen. Carl galoppiert super frisch von Minutenpunkt zu Minutenpunkt und hat mir mit seiner Routine wieder etwas Ruhe gegeben. Trotzdem nagt der Vorfall die ganze Zeit an mir, bis ich kurz vor Schluss eine Distanz falsch anlege und wir einen echten Rausläufer kassieren. Damit hatte die Grübelei dann endgültig ein Ende und ich bin nicht weitergeritten. Meinen guten Iren trifft keine Schuld. Wir sind als Team unterwegs und ich habe ihn an diesem Geländetag leider daran gehindert, ein besseres Ergebnis nach Hause zu bringen.

Vicco Pop und der Tiefsprung

Zu 3: Vicco Pop ist stark motiviert und springt förmlich aus der Startbox. Wir müssen am Anfang ein bisschen diskutieren, wer in unserm Zwei-Mann-Team das Sagen hat, aber werden uns schnell einig. Ich bin der Boss. An Hindernis 4a – eine im Schatten liegende Sunken Road – nimmt er sich kurz Zeit den Überblick zu bekommen, macht einen Schritt zur Seite und springt dann beherzt zu. Aber der Drop in die Tiefe ist mit einem 20 Zentimeter hohen Baumstamm verbunden, der aus dem Vorwärts gesprungen werden muss. Deshalb wird uns eine Verweigerung angerechnet, die für mich als Ausbilder von Vielseitigkeitspferden keine echte ist. Schließlich erziehen wir unsere Tiere dazu, sich erst einen Überblick zu verschaffen, bevor sie losspringen. Weil ich diese neue Regel aber noch nicht kannte, bin ich die zehn Minuten zu Ende nach Hause galoppiert und war ganz glücklich zumindest einen meiner Jungs in die Wertung zu reiten. Die lange Strecke hat Paul körperlich super weggesteckt und trabte am nächsten Tage beim zweiten Vet-Check fröhlich den Tierärzten vor. Da ich aber an diesem Wochenende anscheinend meine Leistung im Sattel nicht abrufen kann und durch die „Verweigerung“ im Gelände auch kein Qualifikationsergebnis zustande kommt, ziehe ich ihn vor dem Springen zurück.

Burtos Wochenende steht definitiv unter einem besseren Stern. Mit Polystar gelingt ihm ein Start-Ziel-Sieg, der ihn in Saumur endgültig zum Helden werden lässt. Aber auch er kennt diese Turniere, wo es einfach gar nicht läuft. Es ist gut, mit ihm darüber sprechen zu können, das Positive aus den Ereignissen herauszuarbeiten und gemeinsam zu analysieren, was ich falsch gemacht habe. Damit sich meine Jungs in unserem #twohearts-Team wieder auf mich und meine Entscheidungen verlassen können.

Cheers, Jörn

 

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