Schön zu lesen: Wendelns Wunder-Quintett – Erfolgszucht aus Garrel

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Den Erfolg im Blick: Anne, Peter, Paul und Hilde Wendeln mit ihrer Spitzenstute C’est bon. (© Julia Kathmann)

Beim diesjährigen Bundeschampionat hat Züchterfamilie Wendeln ihren Erfolg noch um eine weitere Bundeschampionesse gesteigert. Sie reiht sich in die Reihe vierer Vollgeschwister ein, die allesamt ebenfalls mit einer Schärpe ausgestattet die Ehrenrunde in Warendorf anführten. Wie es zu dieser Erfolgsgeschichte kam? Das lesen Sie in diesem Porträt der Familie Wendeln aus dem Jahr 2018.

Ohne Pferde könnte ich gar nicht leben.

sagt der Oldenburger Erfolgszüchter Paul Wendeln – und das zeigt das liebevoll gepflegte Gestüt Wendeln in Garrel. Nach der Übergabe an Sohn Peter Wendeln steht verstärkt der Sport im Fokus. Mit großem Erfolg, wie nunmehr fünf Bundeschampions zeigen, allesamt Vollgeschwister. In diesem Jahr war nämlich Casey unter Hermann Gerdes der Sieg bei den vierjährigen Stuten und Wallachen nicht zu nehmen.

„Die Fürstin“ – diesen Kosenamen verdankt Paul Wendelns Erfolgsstute C’ est bon, die Mutter aller fünf Bundeschampions ist, eigentlich ihrem Vater Fürst Heinrich. Dass diese Zuchtperle im Hause Wendeln aber wirklich den Stellenwert einer Fürstin innehat, ist ohne Frage. Souverän steht die ausdrucksstarke Fuchsstute vor der Bronze-Statue der Bundessiegerstute C’Dur, deren Mutter Chin Chin Vollschwester zur Urgroßmutter von C’ est bon ist.

Groß das Auge, edel und trocken in der Textur, von mütterlichem Ausdruck geprägt, bedeutend aufgemacht – so blickt die 16-jährige C‘ est bon in die Kamera, ihr Hengstfohlen von Sir Donnerhall keck und cool zugleich daneben. Wie viel Ruhm und Ehre ihre Kinder dem Hause Wendeln schon gebracht haben, ahnt sie wohl nicht und schreitet nach dem Fototermin zufrieden zurück auf die Weide, auf der ein großer Laufstall Platz für die achtköpfige Wendeln’sche Stutenherde bietet.

Fünf Bundeschampions hat C’ est bon, die in vierter Generation auf die Stammstute Cinderella zurückgeht, bisher gebracht. Den Beginn des Erfolgsquintetts legte 2013 Cindy OLD mit Hermann Gerdes, 2014 siegte der inzwischen S-erfolgreiche Warendorfer Landbeschäler Sir Heinrich OLD unter Anja Wilimzig, 2017 holte Candy OLD Gold, 2018 war es Caty OLD, die jeweils mit Hermann Gerdes in Warendorf ganz vorne stand und Candy holte darüber hinaus unter Eva Möller Bronze auf der Weltmeisterschaft der fünfjährigen Dressurpferde. Und dann eben dieses Jahr Casey, die Gold bei den vierjährigen Stuten und Wallachen holte, ebenfalls unter dem Sattel von Hermann Gerdes.

Embryotransfer? Nein danke!

Alle Stuten waren zuvor schon hochdekoriert auf der Oldenburger Elitestutenschau: Dort wurde 2012 Cindy Reservesiegerstute, 2016 stand Candy ganz an der Spitze, 2017 Caty im Brillantring. In der Zucht ist bisher nur Cindy, die für 2019 ein Fohlen von Escolar erwartet. Bei solch geballter Erfolgsgenetik – steht da nicht auch die Frage nach Embryotransfer im Raum? „Wir möchten keinen Verkaufskatalog mit lauter Candys, Cindys und Catys“, betont Peter Wendeln, der die Familientradition von Paul und Hilde Wendeln seit 2015 fortführt.

„Finanziell wäre es vielleicht interessant“, gibt Vater Paul zu denken, „aber da müssen eine Menge Faktoren abgewogen werden. Für die Spenderstute ist es viel Stress, die Empfängerstute muss Qualität haben, um gute Zuchtprodukte zu bekommen und schließlich wäre es auch für unsere Stutenherde ein zusätzliches Risiko, ständig fremde Stuten zu integrieren.“ Vater und Sohn sind sich einig: „Wir haben es ausprobiert, aber derzeit ist Embryotransfer für uns keine Option.“ Überhaupt, die Beiden: Ständig im Dialog miteinander, tauschen sie sich aus, beraten sich, diskutieren.

„Es ist nicht so, dass ich die Zucht nun alleine weiterführe und mein Vater außen vor ist. Ganz im Gegenteil, wir machen uns gemeinsam Gedanken über die Pferde, überlegen, wie der jeweils richtige Weg aussieht. Ich würde sogar sagen, dass wir durch die Pferde noch enger zusammengerückt sind. Schon durch die Fahrten zu den Turnieren, auf denen sie starten, hat unsere persönliche Beziehung einen absoluten Mehrwert, der weit über die Pferde hinausgeht, bekommen“, berichtet Peter Wendeln (54), der mit seiner Frau Anne und den zwei Kindern im rund 30 Kilometer entfernten Oldenburg lebt.

Mit großer Spannung werden stets die Auftritte des als Fohlen ersteigerten gekörten Hengstes DSP Cashmoaker, der unter seinem ständigen Reiter Denis Nielsen 2015 Deutscher Meister wurde und mit ihm in Großen Preisen und Nationenpreisen hoch erfolgreich startet, verfolgt. Falls kein persönlicher Besuch möglich ist, auch per Clipmyhorse, das Paul Wendeln gerne auf seinem iPad im Wintergarten ansieht. „Mein Vater geht jeden Morgen durch den Stall. Da ist er natürlich viel näher dran am Geschehen als ich. Wir haben ein kleines, familiäres Team aus großteils langjährigen Mitarbeitern rund um unseren Gestütsleiter Gerd Gerdes, Nachfolger von unserem uns immer noch eng verbundenen Fitti Hagedorn – nur so kann es gehen“, erklärt Peter Wendeln.

Die Familie macht weiter

Zucht und Sport in intensiver Form – das ist die Neuzeit im Hause Wendeln. „Seit rund 15 Jahren behalten wir die Pferde länger, lassen sie sportlich fördern und haben seitdem viele Erfolge erzielt“, so Peter Wendeln, der als Unternehmer mit der Wendeln & Cie Asset Management GmbH an verschiedenen Firmen beteiligt ist, nachdem er 2013 die von ihm gegründete Firma Wback größtenteils verkauft hatte. Paul Wendeln entwickelte zusammen mit seinem jüngeren Bruder Bernhard den elterlichen Landhandel- und Bäckereibetrieb zu einer eigenen Firmengruppe, die Brot-Marken wie Golden Toast, Lieken Urkorn und Wendeln’s Bestes umfasste. „Für uns waren die Pferde immer Nebenberuf “, so Peter Wendeln. „Doch auch den führen wir mit ganz viel Leidenschaft und Energie.“

Der in den Vordergrund gerückte Fokus Sport kam mehr durch einen Zufall. Peter Wendeln hatte auf dem Bundeschampionat kurzerhand ein Springpferd gekauft, das ihm sehr gefiel. „Mein Vater fragte, wieso kaufst Du Dir ein Pferd, wir haben doch selbst genug im Stall.“ Und so wurden nach und nach mehr selbstgezogene Pferde mit langfristigen Plänen in den Sport gebracht. Vorerst stand der Springsport im Vordergrund.

Nach unzähligen Trophäen von Schau-Erfolgen schmückten nach und nach immer mehr Preise aus Spring- und später auch Dressurturnieren das Reiterstübchen in Garrel. Der 2004 gekörte Aquino gewann 2007 das Oldenburger Landesturnier der sechsjährigen Springpferde und sammelte mit Joachim Heyer über 60 S-Schleifen. Der drei Jahre jüngere Vollbruder Aquarell PW scheint Aquino noch zu übertreffen, ist er doch mit Heyer in internationalen Großen Preisen und Nationenpreisen erfolgreich. Aquarell und Aquino zeigen dabei genauso wie Cindy, Candy und Co das Wendeln‘sche Zuchtrezept:

Wenn wir einen Hengst gefunden haben, der passt, wird nur selten gewechselt.

Paul Wendeln.

Seine Fohlen schaut sich Paul Wendeln direkt nach der Geburt und dann erst wieder nach zehn Tagen an: „So kann ich sie am besten beurteilen“. Aquinos Mutter Journesse, eine Zeus-Bucephalos xx-Tochter aus dem Stamm der Juliane III, hat laut FN Jahrbuch Zucht 15 sporterfolgreiche Kinder (Stand 11/2018), von denen sieben im schweren Springsport unterwegs sind und zwei in S-Dressuren, darunter der gekörte Grand Prix erfolgreiche Aquilino. Neun davon stammen vom Millionen-Vererber Argentinus. Der stand quasi in der Nachbarschaft.

Aktuell in Wendelns Sportstall steht Journesse‘s sechsjähriger Chacco-Blue-Sohn Chacco Rosso, der mit Jaqueline Bührmann
2018 beim Bundeschampionat erfolgreich war. „Früher wurden die Pferde bei uns nur angeritten und gingen dann zu den jeweiligen Reitern, mit denen wir schon lange zusammenarbeiten. Mit Jaqueline haben wir eine sehr talentierte Bereiterin angestellt, die, zusammen mit Gerd Gerdes, die Pferde für den großen Sport vorbereiten soll“, so Peter Wendeln.

Die Springgarde

Die siebenjährige Jamela v. Last Man Standing ist so ein Pferd. Mit Jaqueline qualifizierte sie sich für die Weltmeisterschaft in Lanaken, stand 2017 im Bundeschampionats-Finale und hat inzwischen in Klasse S Fuß gefasst. Jamelas Großmutter ist – wen wundert’s – Journesse. Jamelas Vollschwester Jella stand übrigens 2015 ganz vorne auf der Elitestutenschau des Oldenburger Springpferdezuchtverbands OS. Den Titel holte sich zwei Jahre zuvor schon die aus gleichem Stamm gezogene Diarado- Couleur Rubin-Tochter Jurwina, die auf ihrer Stutenleistungsprüfung fürs Freispringen eine 10,0 erhielt.

Freud und Leid liegen in der Pferdezucht jedoch dicht zusammen – der Tod der OS-Siegerstute Jurwina war ein ebenso herber Verlust, wie der im Frühjahr 2018 geschehene Unfalltod des ans Landgestüt Celle verpachteten dreijährigen Fuchshengstes Action Hero PW, ein Action-Breaker Sohn aus der Vollschwester zu Aquarell PW, der in der HLP eine 9,5 fürs Freispringen erhielt.

Im Dressursport verstärkt aktiv sind die Wendelns seit den ersten Erfolgen der C‘ est bon-Kinder. Auch hier bauen sie dabei auf beständige Partner – drei Bundeschampions brachte Hermann Gerdes heraus. „Nun möchten wir ausgewählte Dressurpferde weiter nach oben bringen. Das ist das Ziel mit meinem persönlichen Liebling Candy, sie soll so weit wie möglich gefördert werden“, sagt Paul Wendeln.

Ich hätte gerne einmal im Leben ein Pferd für die großen Championate.

Paul Wendeln.

Candy für Helen

Seine Frau Hilde schmunzelt: „Wenn er ein Pferd sieht, das ihm gefällt, dann vergisst er alles andere um sich herum.“ Für die weitere Förderung von Candy suchte sich Wendeln Helen Langehanenberg aus. „Ich sollte sie vier Wochen zu Probe bringen, ob es zwischen den beiden passt“, denkt er zurück. „Nach zwei Wochen rief Helen an, so ein schlaues Pferd habe sie noch nie geritten. Nach weiteren zwei Wochen rief sie wieder an und sagte, ,ich be- komme ein Kind‘. Oh, dachte ich, was hast Du nun für eine Idee?“ So kam Candy interimsweise zu Eva Möller, die mit ihr Bronze auf der WM holte. Auch Caty, die Bundeschampio- nesse 2018, soll erstmal weiter im Sport gehen.

„Bei ihr ist die letzte Entscheidung hinsichtlich Zucht oder Sport noch nicht gefallen“, berichtet Peter Wendeln. Eines ist im Hause Wendeln jedoch immer klar: Wo ein großer Sieg, da eine große Feier. „Wir sind ein sehr gastfreundliches Haus und haben einen großen Freundes- und Bekanntenkreis, den wir sehr pflegen“, erzählt Hilde Wendeln stolz. Und so gab es auch für Cindy und Caty eine Championatsfeier mit 300 geladenen Gästen.

Party muss sein!

Selbstverständlich trug Paul Wendeln auch dabei Krawatte und Sakko – ohne geht der heute 88-Jährige nicht aus dem Haus. Legendäre Feiern haben Wendelns viele erlebt. Und oft kommt auch zu später Runde die Geschichte auf den Tisch, wie sein Vater auf den Wunsch des Sohnes nach einem eigenen Pony reagierte: „Mit einem weißen Ziegenbock inklusive Geschirr und Wagen.“ Das Tier nutzte der kleine Paul, um sich ein paar Taler mit Fahrten für den elterlichen Kohlen- und Landhandel zu verdienen. „Das Geschäft florierte, aber die Bockigkeit des Ziegenbocks hielt es dann doch in Grenzen“, schmunzelt Paul Wendeln.

Auf einem Trakehner lernte er Reiten. „Ein wunderschönes Tier, aber sehr schwierig. Ich bin oft im Dreck gelandet.“ Eine weitere Anekdote aus seiner Jugend: „Ich bin zeitweise auch Einspänner gefahren und habe tatsächlich einmal auf einem Fahrturnier den damals eigentlich unschlagbaren Ludwig Kathmann besiegt.“ Wie es sich für eine pferdebesessene Familie gehörte, ist auch Peter Wendeln in den Sattel gestiegen. „Wir mussten alle reiten lernen. Dahinter stand natürlich ein gewisser Druck. Und da ich von Turnieren meist mit maximal einer grünen Schleife heimkam, während ich im Fußball gerne auch mal das entscheidende Tor schoss, machte mir das schnell keinen Spaß mehr“, denkt Peter Wendeln lächelnd zurück.

„Aber seine DNA kann man nicht verleugnen und so sind es doch die Pferde, die mich begeistern. Und ich betrachte es als großes Glück und auch als Auftrag, unser Gestüt weiterzuführen.“ Für die Zukunft ist also gesorgt im Hause Wendeln im kleinen Städtchen Garrel zwischen Oldenburg und Vechta.

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  1. Helmold Baron von Plessen

    Ein Artikel, der seinen Titel im wahrsten Sinne des Wortes verdient. „Schoen zu lesen“. Eine Wohltat, das sich noch Menschen finden, die sich auf diese Weise der Zucht von Sportpferden verschrieben haben. Am allerbesten hat mir der Ausspruch gefallen : “ Embryotransfer Nein Danke“. Ein ganz herzliches weiteres zuechterisches „Hals und Bein“ der ganzen Familie Wendeln.

  2. M. Bach

    Ich habe mich sehr darüber gefreut, dass „Lordswood Dancing Diamond“ in die erfahrenen und guten Hände von Dorothee Schneider gekommen ist – und auf den Spuren von Showtime und Sammy Davies wandeln wird. Noch mehr gefreut hätte ich mich jedoch darüber, wenn der hervorragende Ritt von Markus Hermes und seinem „Hugo“ nicht nur in einem winzigen Nachsatz ganz am Schluss erwähnt worden wäre. Es war eine Freude seinen wunderbaren Sitz, sein gefühlvolles Reiten und die Zufriedenheit des Pferdes anzusehen. Das hätte mehr als nur einen Satz im Artikel verdient gehabt.


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