Beerbaums Doping-Devise bislang: Erlaubt ist, was nicht gefunden wird

Von
Ludger Beerbaum und Marco Kutscher

Hamburg Klein-Flottbek 23.05.2009 Deutsches Spring- und Dressurderby hier Youngster Springen fŸr Nachwuchspferde: Marco Kutscher zeigt seinem Chef Ludger Beerbaum den Weg im Parcours (beide GER) Foto: Julia Rau (© Julia Rau)

Das strahlende Wochenende beim Hamburger Springderby ließ die düsteren Wolken überm Springsport nur bedingt vergessen. Und Ludger Beerbaum hat mit ein paar markigen Zitaten nicht gerade zur Wetterberuhigung beigetragen.

Ehrliche Einsicht oder geschickte Selbstvermarktung? Die Frage stellte sich unwillkürlich den TV-Zuschauern, als Springreiter Ludger Beerbaum vor der Übertragung vom 80. Deutschen Springderby ins Mikrofon der früheren DDR-Schwimmerin und heutigen ZDF-Reporterin Kristin Otto sprach, Fehler in der Vergangenheit einräumte und einen Sinneswandel in seinem Verhältnis zu Medikation und Doping einräumte. Anlass des Interviews waren Bemerkungen von Ludger Beerbaum in der FAZ- Sonntagszeitung. Erlaubt ist, was nicht gefunden wird, sei seine Haltung zum Thema Doping in der Vergangenheit gewesen, gab er zu. Das ist heute nicht mehr aufrecht zu erhalten. Er habe müsse seine Haltung jetzt überdenken, sagte Beerbaum und schloss sich Forderungen nach einer unabhängigen Kommission an, die die Vorfälle von Hongkong untersuchen soll, an. Die olympische Bilanz liest sich in Sachen Doping und Medikation erschreckend: Der überführte Dopingsünder Christian Ahlmann, eine vermutete zweite verbotene Medikation seines Pferdes Cöster mit einem Rheumamittel sowie die nicht genehmigte Behandlung des Pferdes von Marco Kutscher mit den Stärkungsmitteln Lactanase und Arnika.  

Die Deutsche Reiterliche Vereinigung (FN) gab sich einmal mehr überrascht über Beerbaums Aussagen. Wir sind erschrocken über die Bemerkungen von Ludger Beerbaum zu seiner Vorgehensweise in den vergangenen Jahren, sagte Pressesprecher Dennis Peiler. Man könne allerdings seine Aussage nicht auf den gesamten Spitzensport übertragen. Die Einzelfall-Theorie wird allerdings selbst von Verbandsfunktionären inzwischen nicht mehr aufrecht erhalten. Ex-Generalsekretär Hanfried  Haring sprach kürzlich von einem Flächenbrand und Sportchef Reinhard Wendt gab am Rande des Derbyturniers zu: Es gibt wohl intensivere Manipulationen, als wir uns vorstellen konnten.  Auch der Missionschef von Hongkong gesteht Fehler ein, beruft sich nach wie vor auf fehlende Informationen: Ich hatte keinen Anlass, einen Misthaufen abzuräumen, den ich nicht gesehen habe.  Nach intensiven Gesprächen habe er auf die Einsicht der Aktiven gehofft, alle Medikamente dem Mannschaftstierarzt auszuhändigen und jede Behandlung abzusprechen. Jetzt stellte sich heraus, dass offenbar seit vielen Jahren ungenehmigte Behandlungen an der Tagesordnung waren. Ludger Beerbaum ist seit Jahrzehnten als Leistungsträger, Spitzenmanager Meinungsführer ganz vorne, sagt Reinhard Wendt, Jetzt steht er womöglich auch an der  Spitze von Regelüberschreitungen. Für Wendt muss jetzt vieles neu bewertet werden: Man glaube ja keinem mehr, dass Erfolge fair errungen wurden. Ich will Medaillen nur, die auf faire Weise erritten und erstritten wurden, betont Wendt.

Der Springausschuss, der für die Nominierung der Championatsreiter zuständig ist, hat zunächst einige unpopuläre Maßnahmen beschlossen. Für alle Pferde, die für einen eventuellen Championatseinsatz vorgesehen sind, muss ein Stallbuch geführt werden, in dem jegliche Behandlung vermerkt ist. Das stößt auf Widerstand bei Spitzenreitern, die ja zumeist auch professionelle Pferdehändler sind. Fürchten sie doch, dass Kaufinteressenten ihrer teuren Pferde durch einen Blick ins Medizinbuch abgeschreckt werden könnten. Betrügereien werden gewiss ein wenig schwieriger. Stallbücher sind übrigens im Rennsport seit langem Pflicht, ohne dass der Handel zusammengebrochen ist. Der Springausschuss will auch die Kaderzugehörigen von Ludger Beerbaum überprüfen, die offene Konfrontation zwischen dem Verband und seinem Zugpferd liegt in der Luft.  Auch die Kaderzugehörigkeit von Marco Kutscher, der sein Pferd Cornet Obolensky in Hongkong mit einem ungenehmigten Stärkungsmittel hat spritzen lassen, steht auf die Prüfstand. Christian Ahlmann ist bereits für zwei Jahre aus dem Kader und von allen Championatseinsätzen ausgeschlossen. Es könnte also für den neuen Bundestrainer Otto Becker schwierig werden, ein schlagkräftiges Team für die Europameisterschaft in Windsor im August zusammen zu stellen.  Einer empfiehlt sich, der gerne auch in Hongkong dabei gewesen wäre, Carsten-Otto Nagel. Mit Corradina wurde er am Samstag Zweiter in der Qualifikation zur Gobal Champions Tour. 54.000 Euro gabs dafür, 95.000 Euro erhielt der Brasiliner Bernardo Alves auf Chupa Chup. Nagel war nicht ins Hongkong-Team gekommen, obwohl seine Leistungen im Vorfeld stets überzeugten. Schade, mir wurden Altgediente vorgezogen, sagt er. Auch er fordert Änderungen: Ein klares Regelwerk, ein klarer Strafenkatalog und die Nulllösung für alle Medikationen. Klingt ganz einfach.

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