München: Hausaufgaben erledigt, Totilas siegt im Grand Prix Special

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Matthias Alexander Rath und Totilas

(© www.sportfotos-lafrentz.de)

Zweiter Start, zweiter Sieg: Matthias Alexander Rath und Totilas haben
auch die zweite Prüfung der gemeinsamen Karriere gewonnen. Immerhin mit
knapp 80 Prozent. Das ist stattlich, selbst wenn dabei einiges besser
als gestern gelang. Dafür ging anderes in die Hose.

Keine Völkerwanderung zum Viereck, keine Drängelei am Rand des Abreiteplatzes. Der Totilas-Hype ebbt ab. Zumindest war das heute in München so. Gestern hatten die Veranstalter 8000 Zuschauer rund um die Arena gezählt. Heute waren es deutlich weniger. Die, die dort waren, sahen eine Kombination, die in der Normalität angekommen ist. Pferd und Reiter kämpften um Punkte. Das heute war Reiten, sagt Bundestrainer Holger Schmezer zusammenfassend.
Ging es am Himmelfahrtstag noch darum, beim Grand Prix-Debüt ein Gefühl zu entwickeln, wie der dreifache Weltmeister von 2010 unter Wettkampfbedingungen funktioniert, wurde heute angefangen, aus den Lehren von gestern zu lernen.
Totilas ist ein Pferd, das unwahrscheinlich schnell das umsetzt, was der Reiter von ihm fordert, sagt Klaus-Martin Rath, Matthias Vater und Trainer. Ich habe heute auch wie gestern nur auf Matthias geachtet und nicht einmal zur Anzeigentafel geschaut. Noten und Platzierungen seien an diesem Wochenende zweitrangig. Uns ging es darum, herauszubekommen, wie Matthias in der Prüfung reiten muss. Dazu hatte Familie Totilas noch zweimal die Videoaufzeichnung des gestrigen Grand Prix angeschaut. Hausaufgaben hatte der niederländische Hengst seinem neuen Team genug aufgegeben. Heute, bei Sonnenschein und wärmeren Temperaturen, zeigte sich Matthias Rath als Musterschüler er konnte, gerade zu Beginn der Prüfung, einiges verbessern, das gestern noch unsicher gewirkt hatte.
Da aber Turniere zuhause, bzw. im Training gewonnen werden, begann das Finetuning schon hier. Gestern hatte Ann-Kathrin Linsenhoff noch geschwärmt, was für ein Showman im besten Sinne Totilas sei. Dem macht man die Bandagen ab, und er bewegt sich gleich noch anders. Heute wurde schon darauf reagiert. Nach einer morgendlichen Trainingseinheit kam Matthias Rath früher als gestern auf den Abreiteplatz. Dort trabte er lange leicht, ritt viele Übergänge. Trab-Halten, dann mal eine Traversale, wenig Galopp. Und dann haben wir ihm schon zwei Pferde vor dem Starttermin die Bandagen abgemacht, erklärt Klaus-Martin Rath. Dann haben wir nur an der Durchlässigkeit gearbeitet. Viele Übergänge und Schulterherein. Wir wollen ihn gestreckter im Hals bekommen, daran arbeiten wir.
Diese Arbeit zahlte sich vor allem im ersten Drittel des Grand Prix Special aus, der von starkem Trab, Passagen und Piaffen beherrscht wird. In der Anlehnung war der Hengst besser als gestern. Im Grand Prix hatte er sich mehrfach versucht nach oben herauszuheben, oder aber im Hals abzuknicken. Heute war die Silhouette in diesen Lektionen der höchsten Versammlung wesentlich gleichmäßiger. Die Trabverstärkungen sind nach wie vor eine heikle Angelegenheit. Ich hatte da heute ein besseres Gefühl, er riss die Beine vorne nicht so hoch, sagte Matthias Rath nach dem Ritt. Doch die Hinterhandaktivität ist etwas, was weiterhin auf der To-Do-Liste stehen wird. Nach dem Grand Prix gab es mehrere Stimmen, die gerade wegen des starken Trabs sich fragten, ob man dem Hengst seinen in diesem Jahr deutlich ausgeprägteren Zweitjob als Deckhengst nicht doch ansehe. In den Traversalen zeigte sich vielleicht am deutlichsten, in welche Richtung die Reise des neuen Paares gehen soll. Der Hengst war offen in der Ganasche und jederzeit vor der treibenden Hilfe. Nach diesen Lektionen und den Passagen, die gleichmäßig waren und nicht so exaltiert waren, wie man sie schon bei Totilas gesehen hat, landete der Zwischentrend schon bei über 81 Prozent.
Im Schritt musste das Paar Punkte lassen. Gestern hatte sich der Hengst bei relativ langem Zügel freigemacht, darum war sein Reiter heute bemüht, den Kontakt zum Pferdemaul auf keinen Fall aufzugeben. Auf dem Abreiteplatz ging er ja schon sehr schönen Schritt, jetzt müssen wir das im Viereck auch noch hinbekommen, freut sich Klaus-Martin Rath, der den kommenden Turnierwochenenden optimistisch entgegensieht. Im Training kennen wir, jetzt müssen wir ihn auf dem Turnier noch besser kennenlernen. Am kommenden Pfingstwochenende soll der Hengst in Wiesbaden gehen, fünf Tage später in Balve bei den Deutschen Meisterschaften. Und die Europameisterschaft? Nominiert wird nach Aachen, keine Chance, Bundestrainer Holger Schmezer aus der Reserve zu locken. Nur so viel: Wir haben in dieser Saison ja noch viele andere starke Paare.
Auch in der Galopptour kam Matthias Rath heute zum Reiten: Die Zweierwechseln schwankten zwar, waren aber gut eingeteilt und die 15 fliegenden Wechsel von Sprung zu Sprung gestern ohne nennenswerten Raumgriff nur auf Sicherheit geritten waren auch besser. Dabei hatte es eine minimale Schrecksekunde beim Angaloppieren aus der Passage gegeben. Da machte Totilas einen Freundensprung in den Links- und nicht wie gefordert in den Rechtsgalopp. Der gröbste Schnitzer waren die neune Einerwechsel zwischen den Pirouetten auf der Mittellinie. Bei der Einleitung gab es ein deutliches Missverständnis, erst zum Ende gelangen noch Wechsel von Sprung zu Sprung. Dafür waren auch die Pirouetten besser als im Grand Prix. Rath hatte die Anweisung, sie größer anzulegen. Gestern hatte Totilas kurzerhand die Regie übernommen und war recht schnell gedreht. Passagen und Piaffe am Ende der Prüfung gelangen. Und nach dem Gruß konnte ein wirklich befreit wirkender Matthias Alexander Rath dann jubelnd mit dem Zylinder winken. Das Publikum klatschte. Lauter und ausdauernder als gestern. Auf die Idee, sich Standing Ovations zu erheben kam niemand. Da ergriff Richterin Anke Frömming im VIP-Bereich an der kurzen Seite schnell die Initiative. Ihr folgten aber nur wenige. Am Ende waren es 79,838 Prozentpunkte.
Zweite wurde Carola Koppelmann mit Le Bo (70,274) vor der Österreicherin Victoria Max-Theurer, deren Eichendorff sich deutlich verbessert zum Grand Prix zeigte (69,313).
Platz vier ging an die Britin Emma Hindle, die erstmals ihren Neuzugang auf internationalem Parkett zeigte: Brisbane, ein Fuchs, der seinen Vater Briar in vielerlei Hinsicht nicht verleugnen kann. Er ist ein echtes Rechteckpferd mit Talent für Passagen und Piaffen. In der Szene munkelt man, dass der beim Schweizer Otto Hofer ausgebildete Wallach über 1,5 Millionen Euro gekostet hat. Bei den Briten herrscht im vorolympischen Jahr Einkaufslaune. Leider ging der Fuchs durchgehend mit hoher Kruppe (68,188).
Fünfte wurde Nadine Capellmann mit der Gribaldi-Tochter Girasol. Die Fuchsstute ging deutlich gehorsamer als in Lingen, wo es zwischen Pferd und Reiterin noch Abstimmungsprobleme gegeben hatte. Auf der letzten Mittellinie zeigte die Württemberger Stute ausdrucksstarke Passagen aber zuvor hatte Capellmann die Passage einmal schlicht und einfach vergessen und somit wichtige Punkte verspielt. Platz sechs erzielte der ehemalige Bundeschampion, der Trakehner Kaiserkult v. Van Deyk unter Dorothee Schneider (67,583).

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