Niederlande läuten neue Dressur-Ära ein

Von
Edward Gal (NED) und Totilas

Windsor Castle (GB) Europameisterschaft Dressurreiten 26.08.2009 Grand Prix (Teil II): Edward Gal (NED) und Totilas Foto: Julia Rau (© Julia Rau)

Sie werden in den nächsten Jahren in der Dressur den Ton angeben. Die Reiter aus den Niederlanden machen die Europameisterschaft in Windsor zu einem beispiellosen Triumph.

Sie werden es nicht gerne hören, aber die Holländer sind die neuen Deutschen. Natürlich nur im Dressurviereck. Mit rund 17 Prozent (238,595) vor den Silber-Briten (221,659),  knapp 20 Prozent vor den Deutschen (219,234) holten sie sich den Europameisterschaftstitel in Windsor im Spaziergang. War der EM-Sieg 2007 in Turin noch  knapp und auch das Ergebnis strittiger Richterurteile, so gab es diesmal an den Vorführungen auf dem Viereck nichts zu deuteln und es spricht Bände, dass die dreifache Olympiasiegerin Anky van Grunsven froh sein kann, dass sie nicht das Streichergebnis lieferte. Der polnische Richter Markowski hatte sie nur auf Platz 14. Nicht mal ein Prozent (73,872) trennte sie und Salinero vom holländischen Streichergebnis, Imke Schellekens-Bartels (73,149) auf Sunrise. Und selbst deren Ergebnis mal drei hätte noch gereicht, die Deutschen zu schlagen.

Die beiden einzigen Ritte, die mit mehr als 80 Prozent bewertet wurden, zählten dann auch fürs niederländische Team. Adeline Cornelissen auf Parzifal knackte als erste die 80 Prozent-marke (80,638) mit einem Ritt, der wenig Wünsche offen ließ und vom dem das deutsche Dressurausschussmitglied Ulrich Kasselmann glaubte, dass er kaum zu überbieten sei. Sehr schade, dass Cornelissen für diese Leistung wieder längere Zeit ihr Pferd mit der Rollkur traktieren musste: Kopf auf die Brust gezogen – eine Methode, die man erinnere sich,  die FEI-Veterinäre für pferdeschutz-relevant halten. Aber das sahen die Richter natürlich nicht.

Doch der Star des Tages war der neunjährige bildschöne Rapphengst Totilas unter Edward Gal, dem keine Lektion schwer zu fallen scheint, der piaffieren und passagieren kann und im Trab die Beine schmeißt, dass den Richtern die Noten nur so in den Computer purzelten. 23 Mal zückten sie die Zehn. Losgelassenheit ist nicht die große Stärke des Gribaldi-Sohnes, aber das ist ja ohnehin eine Qualität, die zur Zeit nicht besonders in Mode ist. 83,085 Prozent, das war neuer Weltrekord, wenn man so etwas für Richternoten sagen kann.

Die Briten ritten mit erstklassig ausgebildeten Reitern und Pferden zur verdienten Silbermedaille. Alle drei gewerteten Reiter bekamen mehr als 72 Prozent, Carl Hester für den vorzüglich vorgestellten Holsteiner Liebling v. Lorentin, den er erst zehn Monate unter dem Sattel hat (72,085), die von Klaus Balkenhol trainierte Laura Bechtolsheimer auf Mistral Horjis (76,683) und die in Deutschland lebende Emma Hindle auf Lancet  (72,936). Die Reiter dieser beiden Teams werden wohl die meisten Einzelmedaillen unter sich ausmachen.

Die deutschen Reiter gingen mit ihrem dritten Platz entspannt um. Das gesamte Olympiateam von Hongkong 2008 war bekanntlich im Laufe der Saison ausgefallen Isabell Werth wegen ihrer Dopingsperre, Heike Kemmer und Nadine Capellmann wegen verletzter Pferde und die vier von Windsor taten, was sie konnten. Matthias Rath auf Sterntaler erreichte mit 75,617 Prozent das beste Ergebnis der deutschen Mannschaft und seiner bisherigen internationalen Laufbahn. Sterntaler punktete in vorzüglichen energischen Trabverstärkungen, verlor ein wenig in den Piaffen, die zwar ohne Katastrophen abliefen, aber, vor allem die letzte, zu wenige Tritte bei zuviel Vorwärtsbewegung enthielten. Er lag im Grand Prix auf Platz vier hinter Gal, Cornelissen  und Bechtolsheimer und hat als einziger wohl eine Chance auf eine Einzelmedaille.

 Susanne Lebek auf dem hübschen Halbbluthengst Potomac gestaltete ihren ersten Auftritt in einem deutschen Championatsteam zu einem persönlichen Erfolg. Mit ihrem erstklassigen Sitz, ihrer feinen Hilfengebung und souveräner Selbstverständlichkeit gelang ihr eine Prüfung fast ohne Fehler, sieht man von einem kleinen Versehen in den Zweierwechseln und einer nicht richtig zu Ende gerittenen Rechtspirouette ab. Die Punkte entsprachen dem Handicap als erste und dazu noch international wenig etablierte Teamreiterin (71,277). Da ist noch Luft nach oben. Im morgigen Grand Prix Special, in dem es ja bereits den ersten Einzeltitel zu gewinnen gibt, sind alle vier deutschen Reiter dabei, außer den bereits genannten auch Ellen Schulten-Baumer auf Donatha, mit 70,638 Prozent das Streichergebnis, und Monica Theodorescu auf Whisper, die trotz einiger kleiner Unstimmigkeiten und den bekannten Schwächen in den Piaffen auf 72,340 Prozent kam. Schweden und Dänemark folgten auf den nächsten Plätzen, elf Mannschaften blieben in der Wertung.  In der Pressekonfernz gab Chefrichter  Eric Lette seine Einschätzung der Prüfung zum besten: Best Ever. Was die Höhe der Noten angeht, hat er zweifellos Recht.

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