Das Pferd schwitzt: Was uns der Pferdeschweiß verrät

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Weißer Schweiß entsteht durch Reibung, wie zum Beispiel vom Zaumzeugs am Fell. (© Julia Rau)

Wer sich anstrengt, kommt ins Schwitzen. Da geht es den Pferden genauso wie den Menschen. Aber wieso eigentlich? Und warum schwitzen manche Pferde mehr und andere weniger?

Wenn das Pferd schwitzt und dabei weißer Schaum entsteht, kann das zum großen Gesprächsthema werden. Tierärztin Dr. Annette Wyrwoll stellt zunächst einmal fest: „Schwitzen ist grundsätzlich sehr gesund. Der Organismus transportiert über den Schweiß Schadstoffe ab und sorgt dafür, dass das Pferd seine Kerntemperatur von 37,2 bis 38,3 Grad beibehält.“ Das ist wichtig, denn bei großen Anstrengungen kann die Körpertemperatur bei Pferden schon mal auf über 41 Grad ansteigen.

Pferde schwitzen nicht ohne Grund – zwei Arten von Schweiß

Die Thermoregulation des Pferdes ist ein biologisches Wunderwerk. Dabei handelt es sich um einen komplizierten, aber sehr effektiven anatomischen, physiologischen und verhaltenstechnischen Mechanismus.

Wenn das Pferd nun schwitzt, benetzt Feuchtigkeit die Hautoberfläche, um Verdunstungskälte entstehen zu lassen und den Körper damit wieder abzukühlen. Dabei werden etwa 85 Prozent der Wärme durch die Verdunstung abgegeben.

Tierärztin Dr. Annette Wyrwoll erklärt, dass es zwei Arten von Schwitzen gibt – zum einen das, das durch Muskelarbeit entsteht und zum anderen das Schwitzen, das auf psychischen Druck, Aufregung oder auch Schmerzen zurückzuführen ist.

Coole Socke oder heißer Ofen – Ursachen für starkes Schwitzen beim Pferd

Die Menge an Schweiß, die ein Organismus produziert, ist individuell unterschiedlich und von verschiedenen Faktoren abhängig.

Zum einen von der Anzahl und der Verteilung der Schweißdrüsen (beim Pferd ca. 400 bis 500 pro Quadratzentimeter, je nach Körperstelle). Sie sitzen in der Schicht unter der Oberhaut, der sogenannten Lederhaut (Dermis). Je mehr Drüsen, desto intensiver das Schwitzen.

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Zum anderen spielt auch das Interieur des einzelnen Pferdes eine tragende Rolle. Ein heißer Ofen schwitzt meist eher als eine coole Socke. Für die Frage ob der Schweiß fließt oder nicht, sind schließlich auch klimatische Bedingungen, wie Außentemperatur, Luftfeuchtigkeit und Windgeschwindigkeit von Bedeutung.

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Pferde schwitzen bei ähnlicher Belastung nicht genau gleich. Wie viel jedes Einzelne schwitzt ist unter anderem auch abhängig von der Situation. (© www.toffi-images.de)

Pferde in Bewegung – Schwitzen auch schon im Schritt?

Cool zu bleiben ist für Sportler unmöglich – nicht etwa weil sie nicht lässig genug sind, sondern weil ihre meist sehr gut ausgeprägte Muskulatur beim Sport Wärme produziert. Etwa 20 Prozent setzt der Muskel in Energie um, die restlichen 80 Prozent in Wärme. Damit der Körper weitere Leistung erbringen kann, muss die angestaute Muskelwärme nach außen abgeben werden.

Feuchtes Fell, manchmal auch weißer Schweiß und eine höhere Atemfrequenz sind beim Pferd ein klares Zeichen für körperliche Anstrengung. Je mehr sich das Pferd anstrengt und je heißer das Klima ist, desto mehr erwärmen sich auch die Muskeln.

Hohe Temperaturen und hohe Luftfeuchtigkeit, Windstille, langes Fell und viel Körperfett erschweren es dem Pferd, Wärme abzugeben. Aus diesen Gründen kann ein Pferd bereits im Schritt zu schwitzen beginnen. Ist es draußen besonders heiß, sommerliche Temperaturen über 30 Grad und tropische Nächte (Temperatur nicht unter 20 Grand Celsius) sind auch in unseren Breitengraden keine Seltenheit mehr, können Pferde dann durchaus auch schon in ihren Boxen schwitzen.


Wasserbedarf der Pferde

Wasserbedarf

Ein Pferd säuft täglich zwischen 30 und 50 Litern. Die Menge hängt von der Größe der Tiere ab, aber auch der Haltungsform und Trainingsintensität und damit, wieviel das Pferd schwitzt.

Qualität

Wasser für Pferde sollte immer frisch und klar sein.

Versorgung

Gerade auf der Weide muss bei sommerlichen Temperaturen darauf geachtet werden, dass ausreichend Wasser für alle Pferde zur Verfügung steht – auch rangniederen Herdenmitgliedern. Bottiche, alte Badewannen oder andere Behälter, die aufgefüllt werden, sollten auf Sauberkeit untersucht werden. Stehende Gewässer sind häufig voller Krankheitserreger und außerdem Brutplätze für vielerlei das Pferd störende Insekten.

Akzeptanz

Wenn Sie den Eindruck haben, dass Ihr Pferd nicht genug säuft, die Wasserqualität aber gut zu sein scheint, versuchen Sie den Apfelsaft-Trick: Einfach etwas Apfelsaft in den Eimer mit Tränkwasser schütten. Das ist appetitanregend und bei vielen internationalen Turnierpferden gängige Praxis, wenn diese das in vielen Ländern gechlort aus der Leitung kommende Wasser nicht saufen mögen.


Nach dem Training: Das Pferd schwitzt in der Box

Nachschwitzen ist ein Zeichen, dass der Körper nach einer Anstrengung noch nicht wieder auf „Betriebstemperatur“ abgekühlt ist. Das sollte er aber eigentlich sein, wenn man das Pferd zurück in den Stall bringt. Das Pferd schwitzt in der Box nach getaner Arbeit nur nach, wenn es beim Reiten nicht ausgiebig genug trocken geritten wurde. Kühlen mit Wasser hilft zwar auch, hat aber nicht denselben Effekt für Muskeln, Sehnen und Gelenke wie die lange ruhige Bewegung beim Schrittreiten.

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Ausgiebiges Schrittreiten ist nach einer schweißtreibenden Einheit wichtig für das Pferd – führen geht auch. (© www.toffi-images.de)

Das kann man sogar selbst ausprobieren: Wer sich nach einer sportlichen Anstrengung sofort aufs Sofa legt, wird deutlich mehr Muskelkater haben als derjenige, der sich danach bei einem ruhigen Spaziergang erholt.

Übrigens schwitzen Pferde meistens an denjenigen Stellen nach, die während der Arbeit trocken geblieben waren. Schließlich müssen auch diese heruntergekühlt werden. Das erklärt, warum nach dem Reiten unter der Abschwitzdecke plötzlich die Kruppe nass ist und die Sattellage schon trocken.

Fazit: Ein Pferd, das schwitzt, sollte in Ruhe trocken geritten werden.

Das Pferd schwitzt in Ruhe – Gestörter Seelenfrieden?

Wenn das Pferd schwitzt ohne einer Belastung ausgesetzt zu sein, kann es die psychische Anspannung des Pferdes sein, die den Schweiß produziert. Verantwortlich dafür ist das vegetative Nervensystem – der sogenannte Sympathikus. Das ist der „Notfall-Flucht-Angstnerv“, der auch die Schweißdrüsen aktiviert wenn Gefahr droht. Übrigens ist Angstschweiß tatsächlich kalt bzw. ist es eigentlich nicht der Schweiß, der kalt ist, sondern der Körper darunter. Wenn ein Pferd hingegen vor Anstrengung schwitzt, dann weil es durch die Arbeit erhitzt ist und versucht sich abzukühlen.

Achtung: Mineralmangel durch zu starkes Schwitzen!

Starkes Schwitzen kann zu Störungen im Mineralhaushalt des Pferdes führen. Gerade der Mangel an Elektrolyten kann für das Pferd lebensbedrohlich werden. Deshalb sollte immer ein Salzleckstein mit den wichtigsten Mineralien in der Box, im Offenstall oder eventuell auch auf der Weide zur Verfügung stehen. Das genügt in der Regel bei durchschnittlicher Beanspruchung, um den Mineralhaushalt des Pferdes im Gleichgewicht zu halten.

Wenn Pferde trotzdem den Boden ablecken oder sogar Erde fressen, kann man davon ausgehen, dass ihnen ein wichtiges Mineral fehlt. In solch einem Fall sollte man den Tierarzt zu Rate ziehen und das Problem mittels einer Blutuntersuchung abklären.

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Wenn das Pferd stark schwitzt, verliert es wichtige Mineralien. Ein Leckstein kann den notwendigen Ausgleich schaffen. (© www.slawik.com)

Gefahrenquelle Hitze

Das Schwitzen selbst ist nie gefährlich, solange den Pferden genügend Mineralien angeboten werden und Wasser zum Flüssigkeitsausgleich zur Verfügung steht.
Ein Körper kann allerdings überhitzen, wie etwa bei hohem Fieber oder einer Anstrengung in ungewohnt heißer Umgebung. Dann ist jedoch die Überhitzung die Gefahr und nicht das Schwitzen. Durch den Schweiß versucht der Pferdekörper lediglich einen Temperaturausgleich herbeizuführen, um der Überhitzung vorzubeugen.

Fazit: Heißes Wetter sollte für hitzeempfindliche Pferde lieber für einen Spaziergang genutzt werden, als für schweißtreibendes Training.

Korrektes Schweißbild – Was es uns Verraten kann

Partielles Schwitzen kann ein gutes oder ein weniger gutes Zeichen sein, je nachdem in welchem Zusammenhang es auftritt und an welchen Stellen. Tierärztin Dr. Annette Wyrwoll erklärt: „Schweißflecken geben grundsätzlich einen Hinweis darauf geben, dass die Muskeln an dieser Stelle besonders beansprucht wurden.“

  • Kopf und Hals
    Es ist normal, dass das Pferd bei Anstrengung an Kopf und Hals schwitzt. Die Muskelstränge über der Stirn und teilweise auch hinten den Ohren sind in Bewegung, wenn das Pferd kaut.
    Das Pferd schwitzt nur ohne Grund an Kopf und Hals, wenn es unter psychischer Anspannung leidet. Verursacht wird dieses oft durch Aufregung, Angst oder auch durch Schmerz.
  • Halsunterseite
    Wenn mit dem Pferd daran gearbeitet wird, dass es durchlässiger wird und den Hals aufwölbt, sind Schweißflecken an der Unterseite des Pferdehalses etwas außerordentlich Positives. Die dortige Muskulatur ist unter anderem für die Maultätigkeit verantwortlich und Schweiß an dieser Stelle kann bedeuten, dass das Pferd eifrig gekaut hat.
  • Ohren
    Schwitzen Pferde hier, weil sie so viel nachdenken? Leider nein! Der Schweiß hinter den Ohren ist ein Resultat des Trensendrucks bzw. der Auflagefläche, an die während des Trainings nun einmal kaum (kühlende) Luft kommen kann.
  • Sattel- und Gurtlage
    Manche Pferde schwitzen sogar schon im Schritt, weil durch den auf dem Pferderücken liegenden Sattel, die Satteldecke bzw. Schabracke und den Gurt zusätzliche Wärme gespeichert wird. Praktische Zusatzinformation: Das Schweißbild kann verraten, ob der Sattel des Pferdes richtig passt. Sollten die verschwitzten Flächen in der Sattellage unsymmetrisch sein, am besten ein Foto mit dem Smartphone machen und dem Sattler beim nächsten Besuch zeigen!

    Pauline von Hardenberg

    Das Schweißbild des Sattels zeigt, ob die Ausrüstung des Pferdes richtig sitzt. (© Pauline von Hardenberg)

  • Flanken
    Ihr Pferd schwitzt an der Flanke – herzlichen Glückwunsch! Das Pferd hat seine schräge Bauchmuskulatur angestrengt. Die braucht es, um den Rücken aufwölben zu können. „Gerade wenn ich mit den jüngeren Pferden arbeite, die noch am Beginn der Ausbildung sind, achte ich sehr genau darauf, an welchen Stellen sie geschwitzt haben. Feuchte Stellen an den Flanken zeigen mir: Wir sind auf dem richtigen Weg“, erklärt Dr. Annette Wyrwoll.
  • Hinterschenkel
    Wenn man anfängt, mehr in Richtung Versammlung zu arbeiten, ist Schweiß an der langen Sitzbeinmuskulatur und an den sogenannten Hosen, der Muskulatur an den Außenseiten der Hinterschenkel, ein gutes Zeichen. Daran kann man beginnende Hankenbeugung erkennen.
  • Innenseite Hinterschenkel
    Wer allerdings gedacht hat, der weiße Schweiß beim Pferd zwischen den Hinterbeinen sei Hinweis auf besonders aktives Arbeiten von hinten, den muss die Olympiareiterin und Tierärztin enttäuschen – „Der Schaum zwischen den Hinterbeinen entsteht durch Reibung, wenn die Schenkelseiten sich berühren. Das kann der Fall sein, wenn Pferde sehr stark bemuskelt oder einfach zu dick sind.“

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