Gebogene Linien meistern: Tipps für effektives Dressurtraining

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Der einfache Galoppwechsel auf dem Zirkel – Kombination aus den beiden Geheimtipps von Monica Theodorescu, Übergänge und gebogene Linien. (© Kiki Beelitz)

Es ist kein Hokuspokus – die Zauberwörter von Dressur-Bundestrainerin Monica Theodorescu sind nicht Abrakadabra oder Simsalabim, sondern Übergänge und gebogene Linien.

Gebogene Linien sind das Salz in der Suppe, mit dem Unterschied, dass man nie genug davon haben kann. Ups, erwischt! „Es gibt ja viele Reiter, die immer nur außenrum reiten und mal ‘ne Diagonale“, sagt Monica Theodorescu. Das ist Zeit, die sich sinnvoller nutzen lässt – schon von Anfang an, beim Lösen. Stichwort: „gebogene Linien“. Hätte sie einen Zauberstab, so gewinnt man schnell den Eindruck, würde die Hermine Granger der deutschen Dressur mit einem schnellen Zauber dem uninspirierten Treiben im Geradeaus gern ein Ende setzen.

Ganz Verfechterin der Prinzipien der Reitlehre betont die Olympiasiegerin, sich immer wieder die Bedeutung jeder einzelnen Lektion vor Augen zu halten. Reiten auf gebogenen Linien ist keine Kringelreiterei, vielmehr wird das Pferd gymnastiziert. Wer im Sattel sitzt, ist buchstäblich auf Schritt und Tritt (und im Galoppsprung) aufgefordert, den eigenen Sitz zu überprüfen: Sitze ich gerade, ohne einzuknicken? Sitze ich in der Balance und kann mein Pferd dadurch unterstützen, zu (noch) mehr Gleichgewicht zu kommen? Sind meine Schultern stets parallel zu denen des Pferdes, gerade auf gebogenen Linien und beim Handwechsel? Sitze ich in der „Mitte des Pferdes“?

Zirkel, aus dem Zirkel wechseln und Schlangenlinien

Weil die einfachsten Zutaten meist die besten sind, empfiehlt Monica Theodorescu einfache Dinge – die dann aber sauber geritten. „Zirkel, aus dem Zirkel wechseln und Schlangenlinien, wie sie in den Aufgaben gefordert sind, sind ideal. Das heißt, dass das Pferd sich im Gleichmaß bewegt, gleichmäßig an beide Zügel heranzieht.“

Was der Bundestrainerin ganz wichtig ist, ist die konzentrierte Ausführung. Aus dem Zirkel zu wechseln im Trab bietet mehr Chancen, als man denkt. Denn es ist mehr als nur ein Richtungswechsel. „Umsitzen, umfassen, umstellen“ – die Doktrin ist schließlich nicht für das Protokoll der Dressurreiterprüfung erdacht worden. Es ist das Wechselspiel halber Paraden, die bereits in der Lösungsphase helfen, das Pferd geschmeidiger, ausbalancierter und damit langfristig kräftiger und ausdrucksstärker zu machen.

Gebogene Linien – auch im Galopp

Wer es nicht glaubt, einfach mal ausprobieren: Ein wirklich kreisrunder Zirkel, von Zirkelpunkt zu Zirkelpunkt geritten, dann bei X das Geradestellen für eine Pferdelänge, um dann mit der neuen Stellung und Biegung auf der anderen Hand einen ebenso kreisrunden Zirkel hinzubekommen, ist herausfordernder, als man denkt. Gleiches gilt für die Schlangenlinien, bei denen das Umstellen schneller erfolgt und entsprechend Takt und Selbsthaltung in schnellerem Wechsel überprüft werden. Auch im Galopp lässt sich auf diesen beiden einfachen Linien viel verbessern. Zunächst im Handgalopp, später auch im Außengalopp.

„Eine tolle Lektion bei der Erarbeitung beginnender Versammlung, wie sie ab Klasse L gefordert wird. Ich kann an der Geraderichtung arbeiten, gerade auch im Außengalopp auf der Zirkellinie, und muss mich konzentrieren, selbst nicht in der Hüfte einzuknicken.“ Einfache Galoppwechsel können diese Arbeit unterstützen und helfen ebenfalls, das Pferd „sicher vor den treibenden Hilfen zu haben.“

Übergänge: Schlüssel zu Geschmeidigkeit, Kraft und Balance

Übergänge bringen Geschmeidigkeit und Kraft, Balance und Ausdruck. Was die Gewichtshilfe für den Reitersitz ist, sind Übergänge fürs Reiten: die Basis und damit der Schlüssel zum Erfolg – egal ob in der A-Dressur oder im Grand Prix. „Saubere Übergänge“, das Wort „sauber“ betont die Bundestrainerin dabei besonders, egal ob in eine höhere Gangart gewechselt oder durchpariert wird, sind entscheidend. Zwei Ks sind Monica Theodorescu wichtig.

„Konsequent und korrekt“ müssen die Übergänge sein. Eingeleitet von halben Paraden wird die Hinterhand des Pferdes herangeschlossen, das Pferd nimmt etwas mehr Last auf, es stößt sich am Gebiss bei leichter Verbindung ab, sprich, es trägt sich. Wenn es anschließend sofort taktmäßig und in Spur fußend in der nächsten Grundgangart geht, ist der Übergang gelungen. Klingt einfach, bedarf aber der Konzentration und des Willens zur Selbstkritik. „Man muss sich Zeit nehmen“, so die erfahrene Grand Prix-Trainerin.

Keine faulen Kompromisse eingehen

Wie lange sollte man beispielsweise an dem erst einmal nicht so spannenden Übergang Trab/Schritt/Trab arbeiten? „Bis er gut ist“, kontert Theodorescu. Da kommt das dritte K ins Spiel: Kompromisse sollte man nicht eingehen, erst recht keine faulen. „Wenn das Pferd beispielsweise beim Durchparieren vom Galopp in den Trab fällt, auf die Hand drückt und bergab auf der Vorhand landet, anstatt mit dem ersten Tritt aus aktivem, unter den Schwerpunkt fußendem Hinterbein ins Bergauf zu schwingen, muss ich daran arbeiten.“ Aus ihrer Erfahrung weiß Theodorescu: „Wenn ich konsequent immer dasselbe verfolge, dann wird das Resultat auch schneller erreicht.“

Was, wenn das Pferd die Übergänge beim Training vorwegnimmt? Also von allein durchpariert, angaloppiert oder wartend anzackelt? „Ruhe bewahren, gegebenenfalls einen Schritt zurück, weiter arbeiten.“ Das Pferd wird die halben Paraden immer besser verstehen und auch besser annehmen. Und damit schlussendlich seine Betrachter verzaubern.

Gewichtshilfe: Gebogene Linien und Übergänge

„Die Gewichtshilfe ist die erste und wichtigste Hilfe.“ Sie soll möglichst unsichtbar sein. So will es das Lehrbuch. Die Praxis zeigt jedoch, dass hier Luft nach oben ist. Bevor mit Schenkel- und Zügelhilfen eingewirkt wird, soll der Einsatz des Reitergewichts das Wesentliche so weit vorbereitet haben, dass die beiden anderen Hilfen nur noch der Feinjustierung dienen. Ein balancierter Sitz ist dafür die entscheidende Basis. Gerade, wenn etwas nicht funktioniert, sitzt hier häufig das Problem. Wie überhaupt das Problem ja meist auf dem Pferd sitzt. „Die Überprüfung einer misslungenen Lektion muss immer bei mir selbst, bei meinem eigenen Sitz beginnen“, unterstreicht Monica Theodorescu.

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