Sinnvolle Entwurmung: Die richtige Wurmkur fürs Pferd

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Eine Wurmkur im Herbst enthält meistens einen anderen Wirkstoff als im Frühjahr, um Resistenzen zu vermeiden. (© www.slawik.com)

Nachhaltige oder „zeitgemäße“ (selektive) Entwurmung – so funktionieren die beiden Strategien.

Beim Thema Wurmkur scheiden sich die Geister: Zur Sicherheit viermal im Jahr wie früher, nur bei nachgewiesenen Endoparasiten, oder zweimal eine Wurmkur plus dazu noch Kotuntersuchungen? Seit vor ein paar Jahren bekannt wurde, dass manche Wurmkuren nicht mehr wirken, weil einige Parasiten resistent geworden sind, muss sich jeder Pferdebe­sitzer bzw. Stallinhaber die Frage stellen: Wann entwurme ich und wann lasse ich eine Kotuntersu­chung machen?

Die „alte“ Methode der strate­gischen Entwurmung beim Pferd

Viele Jahre lang war es Standard in deutschen Ställen, alle drei bis vier Monate alle Pferde zu entwurmen, ohne Untersuchung, ob sie mit Würmern befal­len sind. Die Wurmkuren wurden aber immer so ausgewählt, dass sie jeweils die passenden Wirkstoffe gegen die zum Zeitpunkt ihres Einsatzes aktiven Parasiten enthielten.

Pro & Contra dieses Entwurmungsplans

Vorteil der Methode ist, dass mögliche Endoparasiten, die etwa über eine Kotuntersuchung nicht entdeckt werden, unschädlich gemacht werden. Ein Nachteil der Methode, der sich im Laufe der Jahre gezeigt hat: Mit jeder Wurmkur steigt das Risiko, dass die Würmer sich an einen Wirkstoff gewöhnen und resistent gegen ihn werden. Außerdem wird mit der Wurmkur ein Medikament eingesetzt, obwohl das Pferd vielleicht kernge­sund ist, also kaum Würmer bzw. Parasiten in sich trägt.

Strategisch Pferde entwurmen: Wann, wie oft und womit?

Das kommt immer darauf an, welche Wurmkuren im jeweiligen Bestand zu welcher Zeit verabreicht werden. Oft gibt es Sammeltermine, damit möglichst mit dem gleichen Präparat und Wirkstoff am selben Tag alle Pferde entwurmt werden.

Bei der Frage danach, wie oft man entwurmen soll, richtet man sich meistens nach dem Entwurmungskonzept des Bestands, in dem das Pferd steht. Zur Auswahl steht die strategische oder zeitgemäße (+selektive) Methode. Je nach Befall eines Pferdes können bis zu vier Wurmkuren pro Jahr nötig sein. Welchen Wirkstoff man wählt, hängt vom Befall und der Jahreszeit ab. Für die Wurmkur im Frühjahr empfiehlt sich oft ein anderer Wirkstoff als im Herbst. In vielen Ställen wird dazu regelmäßig das Präparat gewechselt, um möglichen Resistenzen vorzubeugen.

Die Wurmkur-Wirkstoffe fürs Pferd im Frühjahr

MonatWirkstoffaktive Wurmart
März bis MaiIvermectin, PyrantelRundwürmer (z.B. Kleine und Große Strongyliden, Zwergfadenwürmer, Spulwürmer, Pfriemenschwanz u.a.)
Juni/JuliIvermectin, Moxidectin, Pyrantel, Benzimidazole*Rundwürmer

* Vermehrte Resistenzen beobachtet

Im Herbst gibt es als Wurmkur fürs Pferd

MonatWirkstoffaktive Wurmart
September/OktoberIvermectin, PraziquantelMagendasseln, Lungenwürmer und Rundwürmer
November/DezemberIvermectin, Praziquantel, MoxidectinMagendasseln, Bandwürmer und Rundwürmer
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Das Pferdegewicht bestimmt die Dosierung der Wurmkur

Wichtig ist bei der Gabe der Wurmkur, dass immer Größe und Gewicht des Pferdes den Herstellerangaben nach berücksichtigt werden. Die Herstellerangabe auf dem Präparat enthält meistens eine Einteilung pro Gramm für Kilogramm Lebendgewicht des Pferdes. Über einen Drehregler lässt sich die individuelle Dosierung einstellen. Eine Wurmpaste reicht dabei im Regelfall für ein 700 Kilogramm schweres Pferd.

Wichtig: Angebrochene Wurmkuren sollten niemals aufgehoben und weiterverwendet, sondern nach Nutzung direkt und sicher entsorgt werden!

Um zur richtigen Zeit die richtige Wurmkur zu geben, sollte man sich an den Tierarzt seines Vertrauens wenden und einen entsprechenden Entwurmungsplan für das Pferd erstellen. Die Wurmkuren sind (z.B. über Internetshops oder Apotheken) nicht mehr frei verkäuflich. Das heißt: Die Wurmkur fürs Pferd kann man nicht mehr kaufen, ohne dass ein Rezept des Tierarztes vorliegt. Am einfachsten ist es, die entsprechende Wurmkur in Rücksprache mit dem Tierarzt auszusuchen und diese direkt von ihm zu kaufen.

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Schmeckt nicht, geht nicht. Beim Entwurmen muss man aufpassen, dass das Pferd nichts ausspuckt. (© www.slawik.com)

Die zeitgemäße (+selektive) Entwurmung

Diagnose – das ist das Stichwort der selektiven Entwurmung, die mittlerweile „zeitgemäße (+selektive) Entwurmung“ heißt. Die „selektive Entwurmung“ bezog sich nur auf die Behandlung von Strongyliden. Da nun auch alle weiteren Endoparasiten beim Pferd berücksichtigt werden, trägt sie jetzt den Namen „zeitgemäß“.

Darunter fallen insbesondere Würmer wie:

  • Bandwürmer
  • Kleine Strongyliden und große Strongyliden (zugehörig zu den Palisadenwürmern/auch als Blutwürmer bekannt)
  • Pfriemenschwänze
  • Magenwürmer
  • Dassellarven
  • Magendassellarven
  • Lungenwürmer
  • Fadenwürmer
  • Zwergfadenwürmer
  • Spulwürmer

Das Ampeljahr zur Bestimmung der Würmer im Pferd

Bei allen Pferden eines Bestandes, die älter als drei Jahre sind, werden in bestimmten Abständen Kotproben genom­men und genau mit verschiedenen Analyseverfahren untersucht. Im ersten Jahr findet vier Mal eine Kotuntersu­chung statt: zwei im Frühjahr, im Abstand von sechs bis acht Wochen und zwei im Hochsom­mer bzw. eine im Hochsommer und eine im Herbst.

„Das ist das sogenannte Screening-Jahr. Anhand der Ergebnisse der Untersuchungen werden die Pferde in eine sogenannte ‚Ampelgruppe‘ eingeteilt. Pferde, die keine oder kaum Endopara­siten in sich tragen, kommen in die grüne Gruppe, die anderen in die gelbe bzw. rote Gruppe“, erklärt Dr. Marcus Menzel, leitender Tierarzt der Tierarztpraxis Thurmading, der diese Methode mitentwickelt hat.

Welche Pferde brauchen nun eine Wurmkur?

Pferde, die weniger als 200 Strongyliden-Eier pro Gramm Kot ausgeschieden haben und bei denen keine Eier von Spulwürmern, Bandwürmern oder Pfriemen­schwänze gefunden wurden, bilden die grüne Gruppe und müssen nicht entwurmt werden.

Die Pferde, die bei den meisten Tests in der grünen Gruppe liegen und dann einmal diesen Schwellenwert überschreiten, rutschen zunächst in die gelbe Gruppe, werden gezielt mit einer auf den Parasiten abgestimmten Wurmkur behandelt und beobachtet.

Tiere der roten Gruppe müssen regelmäßig entwurmt werden, entsprechend der Wirksamkeits­länge des jeweiligen Präparates. 14 Tage nach einer Wurmkur wird nochmals eine Kotprobe genommen, um zu überprüfen, ob die Wurmkur gewirkt hat.

Im ersten Jahr nach dem Screening-Jahr folgen zwei bis drei Kotuntersuchungen, in den darauffolgenden Jahren nur noch zwei.

Erfahrung zeigt: Das Immunsystem wehrt Wurmbefall beim Pferd ab

Seit mehreren Jahren wendet Dr. Menzel diese Methode der Ent­wurmung an, über 6000 Pferde hat er nach diesem Sche­ma behandelt. Seine Erfahrung zeigt: „Etwa 70 Prozent der Pferde landen in der grünen Gruppe und 30 Pro­zent in der gelben bzw. roten. Ich kann an einer Hand abzählen, wie viele Pferde bisher in eine andere Gruppe gerutscht sind.“

Zu diesen Patienten zählte beispielsweise ein Pferd, das Cushing bekommen hatte und dessen Immunsystem die Parasiten nicht mehr abweh­ren konnte. Das Immunsystem ist nach Ansicht Dr. Menzels ganz entscheidend bei der Diskussion ums Entwurmen. „Der größte Teil der Pferde ist mit einer ganz kleinen Menge an Parasiten be­fallen und kommt damit gut klar. Ein kleiner Teil der Pferde ist hingegen mit einer großen Menge an Parasiten befallen. Entscheidend ist die Immunitätslage des Pferdes – also wie gut sein Immunsystem die Parasiten abwehren kann.“ Deswegen wird nur das Pferd mit einer Wurmkur behandelt, das auch befallen ist.

Ausnahme: Der Bandwurm im Pferd

„Bei einem Befall mit Bandwürmern müssen alle Tiere behandelt werden. Das Problem hierbei ist, dass die Bandwürmer sich als Zwischenwirt die Moosmilbe auf der Weide suchen und gegen diese Milbe kann man nicht vorgehen“, erklärt der Tierarzt.

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Die Leistungsbereischaft nimmt kontinuierlich ab? Gewichtsverlust und Schweifscheuern treten auf? Dazu noch stumpfes Fell? Dann ist es ratsam auch einen Wurmbefall in Betracht zu ziehen. (© www.slawik.com)

Regelmäßige und kontinuierliche Kotuntersuchung auf Endoparasiten

„Wenn ein Pferd vier Mal negativ war, so darf ich dennoch nicht ganz auf Kotuntersuchungen verzichten“, warnt Dr. Menzel. „Ich muss immer beweisen können, dass ein Pferd untersucht wurde, um damit die Sicherheit geben zu können, dass es nicht behandelt werden muss.“

Kosten dieser Entwurmung

Manche Pferdebesitzer schre­cken aufgrund der Kosten vor der zeitgemäßen Methode zurück. „Klar kostet es zunächst mehr, die Pferde erst zu untersuchen, anstatt vier Mal im Jahr zu ent­wurmen. Unsere Erfahrung zeigt aber, dass die Kosten sich lang­fristig angleichen“, erzählt der Tierarzt aus Bayern.

Sein Tipp: In einigen der Ställe, in denen die zeitgemäße Entwurmung durchgeführt wird, hat man eine Entwurmungskasse eingeführt: Jeder Pferdebesitzer zahlt einen festen Betrag ein, egal ob bei sei­nem Pferd eine Wurmkur oder eine Kotuntersuchung ansteht. Auf dieser Basis zahlt fast jeder soviel wie früher bei der strate­gischen Entwurmung.

Entwurmungsplan fürs Pferd in der strategischen Methode

Eine Mischung aus der früheren Strategie und der zeitgemäßen Methode favorisiert Prof. Dr. Georg von Samson-Himmelstjerna vom Institut für Parasitologie und Tropenveterinärmedizin der Freien Universität Berlin. Er schlägt vor, zu festen Zeiten eine Wurmkur zu verabreichen und zu anderen Zeiten erst mittels einer Kotuntersuchung zu prüfen, ob eine weitere Wurmkur nötig wäre.

Die Wurmkuren für erwachsene Pferde

Je nach Alter des Pferdes unterscheiden sich seine Empfeh­lungen. Bei erwachsenen Pferden, älter als vier Jahre, empfiehlt der Parasi­tologe:

  1. Die erste Wurmkur ein bis zwei Monate nach dem Weideaustrieb mit einem Präparat auf Basis makrozy­klischer Laktone (Moxidectin, Ivermectin), um gegen kleine Strongyliden vorzugehen.
  2. Die zweite Wurmkur erfolgt im November/Dezember ebenfalls gegen kleine Strongyli­den und bei Bedarf gegen Ma­gendasseln sowie Bandwürmer.
  3.  Im August/September und im Februar/März sollte jeweils eine Kotun­tersuchung stattfinden und bei Bedarf gezielt entwurmt werden.

Entwurmung für junge Pferde

Für alle Jährlinge und Jungpferde gilt prinzipiell dasselbe, doch muss hier zusätzlich noch ein möglicher Befall mit Spulwürmern beachtet werden. Gibt es Hinweise auf Parasiten, werden immer alle Tiere einer Alters­gruppe behandelt.

Hygiene ist wichtig, um Wurmbefall vorzubeugen

In vielen Fällen helfen bereits ganz einfache Hygienemaßnahmen, um einem Wurmbefall vorzubeugen und zeitgleich das Immunsystem des Pferdes nicht zu belasten. So können zum Beispiel mit dem Auswaschen der Rosette am After mit einem feuchten Lappen Eischnüre der Pfriemenschwänze am Pferd entfernt werden. So kann sich das Pferd selbst gegen die Endoparasiten zur Wehr setzen.

Gefürchtet: Die Dasselfliege am Pferd

Gerade im Sommer und im Herbst sollte man wöchentlich einmal Beine und Brust mit einem feuchtwarmen Tuch abreiben, um die Eier der Dasselfliege zu entfernen. Auch in der Tierarztpraxis von Dr. Menzel hat sich gezeigt, dass Hygiene bezüglich des Parasitenbefalls bei Pferden eine Rolle spielt. Allerdings manchmal in geringeren Maßen als angenommen.

„Wenn wir saubere mit weniger sauberen Ställen vergleichen, so stellen wir fest, dass jeweils 70 Prozent der Pferde kaum Parasiten haben und 30 Prozent befallen sind. Nur selten kommt es vor, dass in einem sauberen Stall 80 Prozent oder mehr der Pferde kaum Parasiten haben“, erklärt der Tierarzt. „Grundsätzlich kann man mit Hygienemaßnahmen etwas verbessern, aber entscheidend hängt es vom Immunsystem des Pferdes ab.“ Um die Dassellarven und Magendassellarven mit einer Wurmkur zu bekämpfen, greift man oft zu Wirkstoffen wie Ivermectin oder Moxidectin.

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Verschiedene Maßnahmen, wie z.B. ein sauberer Stall entlasteten das Immunsystem des Pferdes und können so helfen einen Wurmbefall zu mindern. (© www.slawik.com)

Einem Befall mit Spulwürmern im Pferd vorbeugen

Um einem Befall mit Spulwürmern entgegenzuwirken, ist insbesondere Hygiene auf der Weide und im Pferdestall wichtig. Im Stall bedeutet das: Tägliches Ausmisten und bei einem bestehenden Befall mit Spulwürmern den Mist entsorgen. Das ist wichtig, da die Eier der Spulwürmer eine dicke Hülle haben und lange überleben können.

Das Heu sollte in dem Fall zumindest übergangsweise nicht vom Boden, son­dern aus Heuraufen oder Heunetzen gefüttert werden und die Pferdebox mindestens einmal im Jahr mit einem wurmeiwirksamen Mittel aus der DVG-Liste (Deutsche Veterinärmedizinische Gesellschaft) desinfiziert werden. Genauso sollte man daran denken, die Wände und Tränken regelmäßig zu reinigen.

Auf der Weide sollten grundsätzlich Geilstellen entfernt und zwei Mal pro Woche der Kot abgesammelt werden. Eine Düngung mit Kalkstickstoff im Frühjahr bei beginnendem Aufwuchs und eine Wechselbeweidung mit Rindern kann ebenfalls helfen.

Wenn bereits ein Befall mit Spulwürmern nachgewiesen war, ist es sinnvoll die Pfer­de nach einer Wurmkur zwei bis drei Tage lang nicht auf die Weide lassen und die ausgeschiedenen Eier des Spulwurms mit dem Mist zu entsorgen, um die Weide nicht zu kontaminieren. Bei einer Wurmkur, die Spulwürmer abtöten soll, wird oft zu den Wirkstoffen Ivermectin oder Pyrantel gegriffen.

Keine Würmer sichtbar – wirken Vorbeugung und Wurmkur?

Auch wenn keine Würmer (mehr) mit bloßem Auge in den Pferdeäpfeln zu sehen sind: Nach einer Wurmkur muss er­neut der Kot untersucht werden, um deren Wirkung zu überprüfen.

In diesem Punkt sind sich die Be­fürworter der strategischen, wie auch der zeitgemäßen selektiven Methode einig. Denn gibt es in einem Bestand zum Beispiel bereits Resistenzen gegen den verabreichten Wirkstoff, so war die Wurmkur vergebens und es muss zu einer Wurmkur mit ei­nem anderen Wirkstoff gegriffen werden.

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