BLOG von Jan Tönjes: Schnee, Sir Donnerhall und eine Bremsprobe

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Der Umstand, dass die Schneeflocken beim Verlassen der Halle tendenziell eher waagerecht flogen, hätte mich stutzig werden lassen sollen. Doch am Flughafen sah erstmal alles noch ganz gut aus. Da war es halb acht. Noch früh am Abend …

Vermutlich gibt es ein Handbuch für die Säuselansagen bei Flugverspätungen. Regel 1: Setze den Passagier erst zehn Minuten nach der geplanten Abflugzeit davon in Kenntnis, dass der Flieger verspätet ist. Regel 2: Alle weiteren Verspätungen immer in handlichen Häppchen servieren, nicht dass es jemand übel aufstößt. Aaaaaaaaahhhhhhhh.
Statt 20.15 Uhr ging es gegen 22 Uhr in den Flieger. Der Kapitän machte auf launig, erklärte, dass gleich noch entfrostet werden würde und dann ginge es auch gleich los. Eine Entfrustung der Passagiere wäre schon zu diesem Zeitpunkt angesagter gewesen. Immerhin habe ich mittlerweile das Körergebnis per Telefon bekommen. Eingeleitet von einem halt dich fest, die haben alle Sir Donnerhalls gekört. 26 gekörte Hengste, elf Springer, 15 Dressurkandidaten Zahlen, die ich jetzt nicht so wahnsinnig spannend finde. Denn kurz nach dem Anschnallen war wieder der Kapitän zu hören. Der Airport sei jetzt ersteinmal eine halbe Stunde geschlossen, dann würde eine Bremsprobe gemacht und dann erhielte er weitere Informationen, die er natürlich unverzüglich an uns weiterleiten würde. Bremsprobe! Ich versuche mich dann doch wieder auf die 26 Gekörten, darunter halt dich fest! 4 Sir Donnerhalls, zu konzentrieren. Bremsprobe!!
Ich verspüre ein dringendes Bedürfnis aufzuspringen und laut zu schreien. Ich bin ein Redakteur, holt mich hier raus. Bremsprobe!!! Naja, 26 gekörte, und alle Sir Donnerhalls, denk mal einer an… Der Typ hinter mir telefoniert unentwegt. Die setzen uns bestimmt in Hannover ab, da kennen die gar nichts. Das Sch-Wort hat er häufig auf den Lippen, dabei trägt er einen teuren Businessanzug und hat sich bestimmt beim Meeting heute über im produktspezifischen look and feel gebrandete Anreize am Pi Oh Ess unterhalten. Schade, dass es keine Telefonkonferenz im Handy gibt. Er ruft wohl jeden an, den er meint von seiner Misere in Kenntnis setzen zu müssen. Ich kann den Text mit Hannover schon fast auswendig. Meine Sitznachbarin vertreibt sich anders die Zeit. Sie liest in der Cosmopolitan den auf dem Cover groß angekündigten Artikel über Mythos Vorspiel und lässt dabei ihren linken Fuß in den Gang ragen. Prompt sind auch ein paar Männer darüber gestolpert. Die werden verlegen, entschuldigen sich, und ein paar werden sogar rot, wenn sie dann auf die aufgeschlagene Doppelseite des Magazins gucken. Kein Wunder, da sieht man recht viel Zunge. Mehr muss man wohl nicht sagen.
Die schicken uns bestimmt nach Hannover Der Hinterbänkler hat das nächste Opfer am Ohr. Apropos Hannover, da kommen wir dann doch irgendwie zurück zu den Pferden. Es wurden übrigens 26 Hengste gekört, schrieb ich das schon? Natürlich keine 26 Hannoveraner. Ist ja eine südeutsche Körung. Elf nicht süddeutsche Hengste wurden gekört, davon drei Hannoveraner. Söhne von Cornet Obolensky (sprang beeindruckend, hielt sich beim recht hohen Oxer am Ende aber deutlich fest), Sandro Hit (Mutter v. De Niro, blutidentisch zu Leistungsprüfungssieger Scolari) und einer von richtig! Sir Donnerhall. Unter der NRW-Fraktion fiel ein Stalypso-Sohn besonders auf. Der sprang sensationell und lässt seinen Vater nach dem Springsieger von Mecklenburg und diversen hochprämierten u.a. in Verden und Vechta endgültig zum Kult-Vererber aufsteigen.
Dose Warsteiner koschtet hier zwoi Euro fünftschig, Frühstück 6,50 Euro – die Beinstellerin neben mir kommt offensichtlich aus Schwaben und plant schon mal voraus. Dabei haben wir erst 23 Uhr. Und der Kapitän schweigt. Bremsprobe war wohl noch nicht. Gebremst haben übrigens recht wenige Hengste heute beim Freispringen. Allerdings war die Spezialisierung bei einigen Dressurhengsten nicht nur zu sehen, sondern auch zu hören. Das war quasi eine Symphonie in F-Dur, Holzhackerverzeichnis 0/8/15. Gekört wurde davon keiner.
Bleibt die Frage, wer am Samstag das Rennen macht. Ein schwarzer Hotline-Sohn aus Bayern (schwungvoll mit drei guten Grundgangarten), ein Brauner v. Concetto Famos (den sie wohl gestern noch geschoren hatten, der sah richtig nackig aus, vielleicht sprang er deswegen so schnell und so gut damit er rasch seine Blöße wieder bedecken kann). Oder doch der Flamur-Sohn ganz am Anfang, ein Württemberger mit rheinischem Vater, ein Fürst Heinrich-Sohn, und einer westfälischen Mutter v. Likoto xx-Weinberg, der wirklich bildschön war und sich elastisch bewegte? Auch den kraftvollen Bayern v. Cordius (ein Contender-Sohn aus der Familie von Hayas Come on) aus einer Papageno-Mutter haben einige auf der Liste. Flugzeug steht in meinem Katalog. In Großbuchstaben! Mit zwei dicken Pluszeichen dahinter! Ja, ja die Fliegerei.
Draußen sind die Schneeschieber am Werk. Ist das jetzt ein gutes oder ein schlechtes Zeichen? Der Businessanzug hinter mir ist verstummt. Er starrt auf sein iPhone. Der Typ rechts vor mir hat seine Bildzeitung aus der Hand gelegt (der Schuft, ich konnte den Artikel über die unsinnige Schulreform des schwarz-grünen Senats in Hamburg nicht zu Ende lesen, grrrrrrr). Auch er hat ein iPhone und guckt dort Dick und Doof. Wenn ich zwischen den Rückenlehnen der Vorderreihe hindurch linse, kann ich sehen, wie Stan und Olli sich prügeln. Stan bohrt seinen Finger in Ollis Auge. Das würde ich jetzt mit Frau Holle auch gerne machen. Nach 20 Stunden Wachsein und Schnee kommen langsam die niederen Instinkte hoch. Rechts neben uns parkt ein Airbus von Condor ein. Scheint gelandet und somit wohl auch gebremst zu haben. Im Flugzeug machte es piep. Die Leute blicken auf. War aber wohl falscher Alarm. Ne Piepprobe. Na toll! Zum Piepen!!
Um es kurz zu machen – um 1.50 Uhr war das Taxi dann zuhause. Beim Halten es gerutscht. Bremsprobe? Durchgefallen!

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