CHIO Aachen Scientist Circle: Wissenschaft fürs Tierwohl

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CHIO AACHEN 2023

Stargold mit breitem Grinsen nach dem Sieg im Rolex Grand Prix von Aachen 2023. (© Pauline von Hardenberg)

Durch das Projekt CHIO Aachen Scientist Circle wird das Wohlergehen von Sportpferden wissenschaftlich beleuchtet. Schon 2023 wurde dafür beim CHIO Aachen die Haltung der Pferde auf dem Turnier überwacht. Nun soll das Projekt ausgeweitet werden.

Der CHIO Aachen Scientist Circle besteht aus acht Wissenschaftlern und Pferdefachleuten aus Deutschland, Belgien und der Schweiz. Entsprungen ist das Projekt einem Treffen von Prof. Dr. Dirk Winter, Studiendekan Pferdewirtschaft an der Hochschule für Wirtschaft und Umwelt Nürtingen-Geislingen, und Birgit Rosenberg, Vorstandsmitglied des Aachen-Laurensberger Rennvereins (ALRV).

Beim CHIO Aachen 2023 startete der Scientist Circle seine Untersuchungen, mit denen fundierte Daten zum Tierwohl der Pferde während des Turnieraufenthaltes gesammelt werden. Das erklärte Ziel: Haltungsbedingungen weiter verbessern und bestmöglich gestalten. Folgende Fragestellung liegt der Pilotstudie zugrunde: Wie geht es den Turnierpferden in ihrer Haltung beim CHIO Aachen im Vergleich zu ihrem Heimatstall? Dafür wurden vier internationale Turnierpferde mittels KI-gestützter Kameratechnik dauerhaft überwacht. Zusätzlich wurde der Cortisol-Gehalt im Kot der Pferde überprüft, um Rückschlüsse auf ihr Stresslevel zu erhalten. Diese Proben umfassten vier Tage im Heimatstall, den Transport nach Aachen, Training und Wettkampf vor Ort, den Transport zurück und die darauffolgenden drei Tage zu Hause.

Erste Auswertungen der Pilotstudie

„Positiv ist uns bei der Beobachtung aufgefallen, dass die Pferde beim Turnier in Aachen zwar längere Verweilzeiten in der Box hatten als im Heimatstall, aber sie wurden viel beschäftigt und bewegt“, sagt Prof. Dr. Winter. In Bezug auf die Cortisol-Ergebnisse fügt Doktorandin Leonie Krüger hinzu: „Cortisol wird ausgeschüttet bei physischem und psychischem Stress, deshalb gab es einen Anstieg am Wettkampftag. Der ist völlig logisch. Die Kurve würde beim Reiter wahrscheinlich ähnlich aussehen. Die weiteren Cortisol-Werte, die während des Aufenthalts der Pferde in Aachen erhoben wurden, lagen auf einem ziemlich niedrigen Niveau.“ Weiter erklärt sie: „Der Transport und das Training in Aachen hatten in Bezug auf das Stresslevel offenbar keine großen Auswirkungen. Und wir konnten feststellen, dass die Pferde nach dem Wettbewerb zu Hause auch schnell wieder auf dem Level von vor dem Turnier sind.“

Doch diese ersten Erkenntnisse dürften noch nicht überbewertet oder falsch interpretiert werden, warnen die Wissenschaftler. „Wir haben jetzt eine erste Auswertung, aber mit vier Pferden können wir noch keine Ableitungen oder allgemeingültige Aussagen treffen“, sagt Prof. Dr. Winter. Die Studie soll weitergeführt werden. Schon beim CHIO Aachen 2024 sollen mindestens zwölf Pferde wissenschaftlich beobachtet und überprüft werden.

Langfristige Untersuchungen zum Thema Tierwohl geplant

Aus der Pilotstudie zum Thema Tierwohl soll der Versuchsplan für die kommenden Jahre erarbeitet werden. „Der muss sinnvoll sein und die richtigen Parameter abdecken, damit wir dann auch wirklich wissenschaftlich fundierte Aussagen über das Wohlergehen der Pferde in ihrer Haltung auf dem Turnier treffen können“, sagt Leonie Krüger. Dazu soll die Kameraüberwachung mit direkter Tierbeobachtung ergänzt und wesentliche Stallluftfaktoren sensorisch ermittelt werden. Nach einem Gesamtzeitraum von drei Jahren, in dem 30 bis 40 Pferde untersucht werden, sollen fundierte Ergebnisse vorliegen können. Doch die Wissenschaftler wissen auch, dass es „immer neue Faktoren geben“ wird, „die das Tierwohl beeinflussen“ und die in der Folge untersucht werden müssen.

Eine weitere Idee von Prof. Dr. Winter ist, die Boxen in Aachen grundsätzlich mit Kameras auszustatten. „So könnten Veranstalter und Reiter zeigen, dass zum Beispiel die Haltungsparameter engmaschig kontrolliert werden.“ Doch der Wissenschaftler hat für die Zukunft nicht nur den CHIO im Blick: „Aachen ist das wichtigste Turnier weltweit. An den Standards, die wir hier bestmöglich erarbeiten, könnten andere Veranstalter sich künftig orientieren.“

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Tina GummarVolontärin

Als Volontärin seit März 2023 in der Redaktion St.GEORG dabei. Kommt aus einer Pferdefamilie, hat die Fohlen ihres Großvaters aufwachsen gesehen, sie angeritten, ausgebildet, auf Turnieren vorgestellt und verkauft. Erfolgreich in Springprüfungen Klasse M2*. Ausbildungsmodul an der Akademie für Publizistik, Expertise in Jungpferdeausbildung und Trainingslehre.