Zum Gedenken an Olympia-Richter Heinz Schütte

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Moment mal! Die Kolumne von St.GEORG Herausgeberin Gabriele Pochhammer (© Foto Bugtrup/Montage: www.st-georg.de)

Die Reitlehre verstanden zu haben, reichte Heinz Schütte nicht. Ein Dressurrichter muss selbst gefühlt haben, wie es geht – das war seine Devise. Selbst in jungen Jahren erfolgreich in allen drei Disziplinen, wusste er, wovon er redet. Nach einer beispiellosen Karriere hinter dem Richtertisch, zu der Einsätze bei Olympischen Spielen und großen Championaten zählten, ist Heinz Schütte im Alter von 93 Jahren in Braunschweig verstorben.

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Heinz Schütte (© www.toffi-images.de)

„Er war ein absoluter Fachmann und hoch angesehen“, sagt Dressur-Bundestrainerin Monica Theodorescu, die Heinz Schütte als Reiterin und Aktivensprecherin erlebt hat. Schüttes Wort hatte Gewicht. Als Vorsitzender des DOKR-Dressurausschusses und langjähriges Mitglied im Dressurausschuss der Internationalen Reiterlichen Vereinigung (FEI) beeinflusste er das Dressurrichten und damit das Dressurreiten seiner Zeit wie nur wenige. „Er hatte die richtigen Prinzipien“, sagt Monioca Theodorescu, „deswegen wurde er von allen respektiert.“

Für sein Engagement im Sinne der Pferde und des Sports wurde Heinz Schütte von der Deutschen Reiterlichen Vereinigung (FN) das Deutsche Reiterkreuz in Gold verliehen.

Freunde fürs Leben

Heinz Schütte war gerade mal sieben Jahre alt, als er seine Liebe zum Pferd entdeckte, im Reitstall Reimann in seiner Heimatstadt Braunschweig. Dort traf er auf einen gleichaltrigen Jungen, Joachim Bösche. Die beiden wurden Freunde fürs Leben, erlernten zwar einen bürgerlichen Beruf, Schütte wurde Wirtschaftsjurist, Bösche Rechtsanwalt, aber den Pferden blieben beide treu. „Wir sind zusammen geritten in allen drei Disziplinen“, sagt Bösche, „der Krieg trennte uns zeitweilig, aber ab 1952 kreuzten sich unsere Wege wieder.“ Erst beim Reitverein Braunschweig, dann jahrzehntelang auf vielen großen und kleinen Turnieren, erst im Sattel, dann am Richtertisch.

Bis 1998, 25 Jahre lang, war Heinz Schütte O-Richter, genauer Internationaler Offizieller Dressurrichter. Seit 1972 gehörte er dem DOKR-Dressurausschuss an. Im selben Jahr hatte er seinen ersten olympischen Einsatz in München, als Assistent von Chefrichter Graf Rothkirch bei der Vielseitigkeitsdressur. Gerne erzählte er in späteren Jahren, wie er dem damals 84-jährigen Kavalleriegeneral über manche Gedächtnis- und Konzentrationslücke im Verlauf der stundenlangen Prüfung hinweghelfen konnte.

Schüttes große Zeit begann 1980 bei den Olympia-Ersatzspielen in Goodwood (die westlichen Nationen hatten bekanntlich die Moskau-Spiele boykottiert), in den folgenden Jahren richtete er bei den Olympischen Spielen in Los Angeles 1984 und Seoul 1988, darüber hinaus fünf Weltmeisterschaften, zahlreiche Europameisterschaften, Weltcup-Prüfungen und Deutsche Meisterschaften.

Mehr als „nur“ Richter

Aber für den Sport genauso wichtig waren seine internationalen Seminare und Richterlehrgänge. 350 S-Richter hat Heinz Schütte geprüft, einer von ihnen war der heutige Dressurrichter Christoph Hess, dessen Karriere er mit angeschoben hat. In seiner Zeit als Mitglied im FEI-Dressurkomitee (1981 bis 1985 und 1989 bis 1993) entwickelte er die Weltcup-Kür mit, der ja die Deutschen zunächst sehr langzähnig gegenüberstanden, weil sie das Ende der klassischen Reiterei kommen sahen. Dass es nicht doch nicht so weit kam, ist Heinz Schütte zu verdanken, der die klassische Reitlehre, das gut gerittene, losgelassene Pferd nie aus dem Auge verlor.

Nicht nur, weil er von Dressurreiten mehr als die meisten seiner Mitrichter verstand, gab es wohl keinen, der Heinz Schütte nicht mochte. Es war seine freundliche, unaufgeregte Art, sein leiser Humor, mit denen er auch hitzig begonnene Debatten in friedlichere Gewässer lenken konnte.

Für uns Journalisten war er ein geduldiger Gesprächspartner, der auch das Buch mit sieben Siegeln, das die Dressur für die meisten Menschen ist, so erklären konnte, dass es jeder verstand. Und lange nach seinem Rückzug aus dem aktiven Geschehen, ließen ihn die Pferde nicht los, verfolgte er das Geschehen auf dem Viereck via Clip My Horse.

„Nach der Weltmeisterschaft in Tryon vor zwei Jahren hat er mich angerufen, mir mit fester Stimme gratuliert zu den tollen Ritten unseres Teams“, erzählt die Bundestrainerin. „Er hat sich jeden Ritt angesehen. Ich habe mich unglaublich gefreut.“

So ein Lob ist schließlich was wert. „Die Reiter wussten sich bei ihm in guten Händen“, sagt Monica Theodorescu. Und es klingt so, als müssten sich auch in Zukunft Dressurrichter an Heinz Schütte messen lassen.dolce gabbana portofino lace up sneakers item | Sneaker News & Release Calendar for 2023 in UK | Grailify | spider-man jordan 1 release date canada

Gabriele PochhammerHerausgeberin

Herausgeberin des St.GEORG, den sie als Chefredakteurin von 1995-2012 als erste Frau auf dieser Position verantwortet hat. Als Berichterstatterin auf elf Olympischen Spielen und unzähligen Welt- und Europameisterschaften. Erfolgreiche Pferdezüchterin: Der von ihr gezogene Wallach Leonidas II war eines der besten Vielseitigkeitspferde seiner Zeit. Eines der Fachgebiete: internationale Sportpolitik, schreibt für die Süddeutsche Zeitung.