Blog 12: Die olympischen Ringe unter den Augen

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Rezepte zum Energiesparen im Bus und warum die Holländer vor der VIP-Tribüne salutierten.

Heute ist Dienstag, heute werden die Dressurmannschaftsmedaillen verteilt. Früher war das ein Goldtag für die Deutschen, so sicher wie das Amen in der Kirche. 1972 wurden sie zuletzt olympisch geschlagen, in München von den Russen. Ja und heute ist es womöglich wieder soweit. Die Verfolger sind nicht die Niederländer, sondern die Briten, die, davon kann man ausgehen, auf der jubelnden Erfolgswelle, die durch das Land und ganz besonders durch London fegt, noch mal ein Schippchen drauflegen werden, da bin ich sicher. Aber der Abstand ist winzig, und unsere Mädels reiten toll. Also abwarten. 18 Goldmedaillen haben die Briten von morgens um sechs bis nachts um 12 Uhr quieken die überglücklichen Sieger/Innen, Moderator/Innen , Zuschauer/Innen auf allen Kanälen. Es sei ihnen gegönnt, unterm Strich sind es fröhliche herzliche Spiele und London ist ja sowieso nach Hamburg die schönste Stadt der Welt.

Wir gehen jetzt auf die Zielgerade, bei vielen Kollegen, die morgens Richtung Russell Square zum Bus wanken, zeichnen sich die olympischen Ringe unter den Augen ab. Schon lange wird in den Bussen nicht mehr begeistert das obere Stockwerk gestürmt, um einen guten Rundum-Blick zu haben. Jeder sinkt auf den nächst gelegenen Platz und nutzt die Fahrt für ein Nickerchen.

Ach und heute sitzt auch der unrasierte Bruce-Willis-Verschnitt, ein britischer Fotograf, wieder im Bus, der von dem Moment, in dem der Fahrer den Motor anlässt sabbelt, in einem sonoren Ton wie eink aputtes Radio. Man weiß gar nicht, mit wem er redet, weil heute morgen noch keinem nach antworten zumute ist. Und den Knopf zum Abstellen hat auch noch keiner gefunden.

Während gestern von den britischen royalen Kernfamilie auf der Tribüne keiner zu sehen war, das sind doch wohl mehr Buschfans, waren die Holländer da, Kronprinz Willem Alexander und seine Maxima. Er mit Rucksack, oranje Blazer und heller Hose, sie umgekehrt, mit oranje Hose. Die niederländischen Silberreiter legten eine besondere Ehrenbezeugung vor der Tribüne ein, hielten an vor dem Thronfolgerpaar und grüßten.

Im Queens House, dem Hauptgebäude im Greenwich-Komplex, weilen die VIPs, denen es auf der Tribüne zu eng, zu nass und zu langweilig oder alles zusammen ist. Vom Balkon aus kann man sehr herrschaftlich aufs Geschehen blicken, es empfiehlt sich allerdings ein Fernglas. Dort brach an den ersten Tagen die Logistik fast zusammen, am Geländetag wurden 50 Leute erwartet, 300 kamen. Da routierten die Protokollchefs!

Beim ersten Qualifikationsspringen erschien auf einmal ein Baum von Mann auf der Tribüne, Wladimir Klitschko, der Boxer. Erst wollte man ihn nicht hineinlassen, irgendwann hat er es dann doch geschafft. Wollte seine ukrainischen Springreiter sehen. Tatsächlich hat ja Multimilliardär Aleksandr Onischenko es irgendwie geschafft, nicht nur sein zusammengekauftes Team bis London zu bringen, er verschonte uns auch nicht mit seinem eigenen Anblick im Sattel. Zweistellige Fehlerzahlen in der ersten Quali und im ersten Nationenpreisumlauf, nicht mehr unter den besten 60. Das wars dann. Das konnten auch Supertrainer Paul Schockemöhle und Equipechef Heinrich-Wilhelm Johannsmann nichts mehr richten. Der Regen war schuld, sagte Onischenko. Na klar doch, das wirds gewesen sein. Immerhin, zwei seiner Söldner sind weiter, Björn Nagel (31.) und Cassio Rivetti (27.).

An unserer Stammkneipe an der Ecke überwiegt zur Zeit die Farbe oranje, aber wenn man bis acht wartet, trifft man doch auch die Roten. Das sind in den Kentucky-Jacken von 2010 unsere Reiterspitze Breido Graf zu Rantzau und Generalsekretär Soenke Lauterbach. Und vielleicht haben sie ja heute abend wieder was zu feiern. Einfach mal die Daumen drücken!

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Gabriele PochhammerHerausgeberin

Herausgeberin des St.GEORG, den sie als Chefredakteurin von 1995-2012 als erste Frau auf dieser Position verantwortet hat. Als Berichterstatterin auf elf Olympischen Spielen und unzähligen Welt- und Europameisterschaften. Erfolgreiche Pferdezüchterin: Der von ihr gezogene Wallach Leonidas II war eines der besten Vielseitigkeitspferde seiner Zeit. Eines der Fachgebiete: internationale Sportpolitik, schreibt für die Süddeutsche Zeitung.