Ein Distanzreiter wird vom FEI-Tribunal verurteilt – endlich!

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Moment mal! Die Kolumne von St.GEORG Herausgeberin Gabriele Pochhammer (© Foto Bugtrup/Montage: www.st-georg.de)

Das erste Mal ist ein Distanzreiter wegen Misshandlung vom Weltreiterverband (FEI) verurteilt worden. Endlich, findet St.GEORG-Herausgeberin Gabriele Pochhammer und zollt einer couragierten Kollegin aus Großbritannien Respekt.

Sie bewegt sich also doch! Das Tribunal der Internationalen Reiterlichen Vereinigung (FEI) hat den Distanzreiter Ali Mohd Ali Hosani aus den Vereinigten Arabischen Emiraten (UAE) für sechs Monate gesperrt, weil er sein Pferd Corleone auf dem Scheich Mohammed-Cup, einem 160 Kilometer-Ritt in Dubai am 14. Januar diesen Jahres, misshandelt hat. Das Gericht unter Leitung der kanadischen Richterin Marveen Thauli stellt fest: Ein Reiter darf sein Pferd nicht mit irgendwelchen Gegenständen verprügeln, auch wenn es keine Peitsche ist. Eine Wasserflasche, rüde über die Flanken gedroschen, reicht auch. So steht es in den FEI-Regeln, die in diesem Fall endlich mal konsequent angewendet wurden. Zunächst ist man erstaunt, dass so etwas überhaupt detailliert im Regeln festgehalten sein muss, dass es nicht so etwas wie ungeschriebene Grundsätze des Anstands und der Horsemanship gibt, die jeder befolgt, der mitmachen will. Doch auf den Anstand kann man sich bei den von Ehrgeiz getriebenen Wüstensöhnen offenbar nicht verlassen, deswegen war es gut, dass einmal festgeschrieben ist, dass Prügeleien, egal mit was, unerwünscht sind und sanktioniert werden. Als verboten aufgeführt werden auch Elektroschocks, Wasser- und Futterentzug, grobes Reißen im Maul und andere Scheußlichkeiten. Der menschlichen Fantasie sind in diesem Punkt offenbar keine Grenzen gesetzt.

Es waren nicht etwa FEI-Funktionäre vor Ort, geschweige denn einheimische Offizielle, die durch ihre Anzeige beim Weltverband dafür sorgten, dass der Fall vor dem Tribunal verhandelt wurde. Es war die britische Pferdesportjournalistin Pippa Cuckson, die – mal wieder – den Finger in die Wunde legte und bei der FEI Anzeige erstattete, nachdem sie einen Videofilm des Rittes gesehen hatte. Sie berief sich dabei auf Artikel 163.2 des Generalreglements, nachdem jeder, also auch Privatpersonen, eine Pferdemisshandlung anzeigen kann. Pippa Cuckson, wahrscheinlich die einzige Frau, die die Distanzreiter aus den Emiraten fürchten, hat ihnen über Jahre hinweg immer wieder Betrug und Missbrauch nachgewiesen. Dass jetzt das Tribunal nicht nur ihren Protest als regelkonform anerkannte sondern auch den Täter bestrafte, kann als Erfolg einer mutigen, dabei bestens informierten Journalistin gewertet werden. Ein Vorbild für uns alle. Sie schildert exakt, wie der Reiter im der vierten Loop um genau 14.37 Uhr Ortszeit die Flasche erst seinem Pferd über die Rippen zieht, dann damit auf den Kopf schlägt. Er habe sein Pferd nur zur Kühlung Wasser über den Kopf gießen wollen, versichert Al Hosani. Diesem Märchen folgte das Tribunal nicht und bescheinigte dem Reiter „aggressives Verhalten“ und sperrte ihn für sechs Monate plus 2000 Schweizer Franken Geldstrafe plus 1000 Franken Prozessbeteiligung. Kein überaus hartes Urteil, aber immerhin überhaupt eins. Es gibt genügend noch schlimmere Vorfälle bei Wüstenritten, die vor keinem Gericht landeten.

Wenige Wochen vor dem FEI Sports Forum in Lausanne, wo das Distanzreiten ganz oben auf der Agenda steht, hat das FEI Tribunal so etwas wie ein Zeichen gesetzt. Am 16. April wird sich entscheiden, ob sich das Distanzreiten quasi neu erfindet und noch eine Zukunft hat in der Familie des internationalen Pferdesports. Oder ob die ganze Disziplin  ausgeschlossen wird. Es gibt viele, die sich genau das wünschen, bevor das Image des gesamten Pferdesports weiter leidet. Doch das Leiden der Pferde würde ein solcher Rausschmiss nicht beenden. Bei Ritten, die von keiner internationalen Institution mehr kontrolliert werden, könnten die Wüstenreiter nunmehr unbehelligt ihre Pferde schinden und jagen, manche bis in den Tod.nike air jordan 1 low outlet | cheapest air jordan 1 high

Gabriele PochhammerHerausgeberin

Herausgeberin des St.GEORG, den sie als Chefredakteurin von 1995-2012 als erste Frau auf dieser Position verantwortet hat. Als Berichterstatterin auf elf Olympischen Spielen und unzähligen Welt- und Europameisterschaften. Erfolgreiche Pferdezüchterin: Der von ihr gezogene Wallach Leonidas II war eines der besten Vielseitigkeitspferde seiner Zeit. Eines der Fachgebiete: internationale Sportpolitik, schreibt für die Süddeutsche Zeitung.

  1. Heidi

    Es ist zu hoffen, dass Pippa Cuckson dem Distanzsport noch lange erhalten bleibt! Eine mutige, sachkundige Journalistin!
    Und ja, Endurance muss in der FEI bleiben, sehr wichtig für das Pferdewohl!

  2. Levke Böntgen

    Liebes Sankt Georg Team, ich begrüße diesen Artikel sehr, jedoch finde ich es ehrlich gesagt ziemlich hart und diskriminierend, dass in dem Artikel von generell „Ehrgeiz getriebenen Wüstensöhnen ohne Anstand“ gesprochen wird. Das sollte meiner Meinung nach eine Zeitschrift wie die Sankt Georg nicht nötig haben, sich auf dieser Stufe der verbalen Kommunikation auszudrücken. Das von unsportlichem Verhalten der Reiter berichtet wird und dieses auch endlich (wenn auch im Verhältnis relativ milde) Konsequenzen nach sich zieht, empfinde ich als sehr positiv. Dementsprechend lese ich die kritischen Artikel der Sankt Georg sehr gerne, und erzürne mich aus der Ferne auch über unsportliches Verhalten in jedweder Sparte der Reiterei. Allerdings finde ich nicht, dass man ganze Länder oder Herkunftsgebiete kategorisieren sollte, denn es gibt genügend deutsche Reiter die von der fairen Umgehensweise mit ihrem Partner Pferd genauso weit entfernt sind. Schlussfolgernd fände ich es ebenso erschreckend, wenn ein Sammelbegriff für die deutsche Reiterei in der ausländischen Presse benutzt würde, die dem obigen von Ihnen benutzten Wortspiel gleich käme. Meiner Meinung nach wäre es von daher angebracht Ihre Wortwahl noch einmal zu überdenken und den Artikel diesbezüglich abzuändern.

  3. A. Rauf-Vater

    „Ein Reiter darf sein Pferd nicht mit irgendwelchen Gegenständen verprügeln“….

    Es ist also nicht reiterlich, Pferden Gegenstände über die Rippen zu ziehen….(natürlich nicht), aber ist das nur bei „Wüstensöhnen“ unreiterlich? schon mal bei Pferderennen zu-und hinter die Kulissen- geschaut? … Betrug, Mißbrauch, tote Pferde en masse gibt es leider nicht nur in der Wüste. Aber leider ist Ihre Zeitschrift bei diesen „Sport“arten und auch dem Vielseitigkeitssport mit den zuvielen toten und überforderten Pferden nach wie vor blind. Schade.

  4. S. Naumann

    Gut und richtig, dass dies verfolgt und geahndet wird.

    Besser noch wäre, wenn Reitsport-Journalisten endlich auch einmal in der Disziplin Distanzreiten und Vielseitigkeitsreiten verstärkt die zahllosen ehrlichen Pferdeleute würdigen, die ihren Pferden – artgerechter denn eine andere Disziplin – die notwendige natürliche Bewegung verschaffen und näher bei ihren Pferden sind, als vielleicht Reiter, die mit der neuesten Mode für Pferd und Reiter sowie dem allerneuesten Zubehör, Pflegemittel oder Leckerl ihr Pferd beglücken, aus der wohlgemeinten Aussichtsbox ziehen um dann eine halbe Stunde in der Halle zu reiten.

    Eventuell haben sich hierzulande schon mehr vermeintlich betüddelte Pferde im sicheren Stall eingepackt zu Tode gestanden oder wurden schleichend dorthin gefüttert, als mutige und harte Distanz- und Buschpferde gequält oder zu Schanden geritten wurden. Was natürlich zu verabscheuen ist.

    Mehr Miteinander und das jeweils Gute vom Anderen lernen ist aus meiner Sicht angesagt.


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