Tierquälerei? Deutsch-Kanadierin Evi Strasser und Tochter Tanya vorläufig gesperrt

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WIESBADEN – PfingstTurnier 2022

Evi Strasser beim Wiesbadener Pfingst-Turnier 2022 (© www.sportfotos-lafrentz.de/Stefan Lafrentz)

Nachdem der kanadische Verband die aus Oberbayern stammende und für Kanada reitende Evi Strasser und deren Tochter vorläufig gesperrt hat, hat dies auch der Weltreiterverband (FEI) getan. Anschuldigungen, die mehr als fünf Jahre zurückliegen sollen, sind der Ausgangspunkt. Die Bilder eines blutenden Pferdes liegen St.GEORG vor.

Evi Strasser sieht sich mit Anschuldigungen konfrontiert. Hintergrund sind Bilder, die ein braunes Pferd zeigen, das unter dem Bauch blutet. Striemen und blutige Stellen in der Genitalregion des Wallachs lassen die Vermutung aufkommen, dass das Pferd mit Peitschen oder Gerten gezielt unter den Bauch geschlagen wurde. Blutige Stellen im Bereich der Sporen, Fotos von einem entweder geschlossenen oder nahezu komplett dicht geschwollenen Auge sowie blutigen Stellen auf dem Nasenbein werden ebenfalls demselben Pferd zugeordnet. Auch sind Schwellungen von Peitschenhieben auf der linken Hinterhand eines braunen Pferdes zu sehen. Diese Bilder sollen 2017 in den Good Tyme Stables in Sainte-Adèle, Quebec (CAN), entstanden sein.

Keine Reaktion auf die Bilder aus dem Stall von Evi Strasser

Eine junge Frau, die damals bei Evi Strasser angestellt war, will die Bilder in den Stallungen aufgenommen haben. 2018 hat sie angeblich die Bilder an den kanadischen Verband Equestrian Canada übermittelt. Erst 2021, auf Nachfrage in 2020, erhielt sie eine Antwort. Eine weitere Reaktion soll seitens Equestrian Canada dann aber ausgeblieben sein.

Erst seit Februar 2024 stehen nun Mutter und Tochter in der Rubrik „Disziplinarische Sanktionen“ als „Not in good Standing“ gelistet. Der Begriff beschreibt im Bankwesen, wenn ein Konto überzogen ist oder eine Firma ihren Verpflichtungen nicht mehr nachkommen kann. Sprich, die Strassers sind „im Soll“. Sie sind vorläufig gesperrt. Gegen sie läuft eine Untersuchung. Unter Bezug auf mehrere Artikel im Regelwerk bittet Equestrian Canada um Verständnis, das aktuelle keine weiteren Auskünfte während des laufenden Verfahrens gegeben werden. Auf den Fall hatte Eurodressage am 18. Februar 2024 erstmals hingewiesen.

FEI sperrt Evi und Tanya Strasser für internationale Turnierstarts

Die FEI hat Mutter und Tochter ebenfalls vorläufig suspendiert. In einem Statement auf Anfrage von Eurodressage erläuterte eine Sprecherin das generelle Verfahren in solchen Fällen:

Die FEI ist sich der vorläufigen Suspendierungen von Evi Strasser und Tanya Strasser-Shostak durch Equine Canada bewusst und hat diese auf FEI-Ebene umgesetzt. Es ist gängige Praxis, dass die FEI die (vorläufigen) Sperren der nationalen Verbände auf FEI-Ebene umsetzt und umgekehrt. Welches Gremium die Sperren zuerst umsetzt, hängt im Allgemeinen von der übergreifenden Zuständigkeit ab. Im jüngsten Fall von Cesar Parra beispielsweise übernahm die FEI die Führung und verhängte eine vorläufige Suspendierung, die dann von US Equestrian übernommen wurde, weil der nationale Verband nicht die erforderliche Zuständigkeit für die mutmaßlichen Vorfälle hat, da sie außerhalb des Wettkampfs stattfanden, während die FEI gemäß Artikel 142 der Allgemeinen Bestimmungen über den Wettkampf hinaus zuständig ist und daher eine vorläufige Suspendierung für die Dauer der Ermittlungen verhängen konnte.

Nehmen wir jedoch das Beispiel von Andreas Helgstrand (DEN): Als die Vorwürfe auftauchten, übernahm der dänische Verband die Führung des Verfahrens, da er über die entsprechenden Regeln und Vorschriften verfügt, mit der Maßgabe, dass etwaige Sanktionen dann von der FEI übernommen werden. Durch dieses Vorgehen wird vermieden, dass es zwei Verfahren gibt.

Mutter und Tochter Strasser hatten am 3. Dezember 2023 als die Fotos, um die es nun geht, auf einer Webseite auftauchten, die Verfasserin des Posts via Anwalt gezwungen, die Bilder wieder zu entfernen. Der YouTube-Kanal DressageHub (Triggerwarnung, die oben beschriebenen Fotos sind dort zu sehen) hat die Bilder mittlerweile veröffentlicht.

Wer hat die Bilder gemacht, die zur Untersuchung führten?

Nachdem die Causa Strasser publik geworden war, füllten sich die Social Media Kanäle mit Durchhalteparolen an die Deutsch-Kanadierinnen. Man stünde hinter ihnen, selbst der „Whistleblower“ des Falls Parra sendete „lots of love“.

Im Zuge dessen meldeten sich die beiden Gesperrten auf Facebook zu Wort, um ihre Sicht der Dinge darzustellen. Demnach sei eine wegen unprofessionellem Verhalten gekündigte Ex-Angestellte die Urheberin der Bilder:

Kürzlich erhielt Equestrian Canada eine unbegründete Anschuldigung von einer ehemaligen Mitarbeiterin von Good Tyme Stables, der vor einigen Jahren wegen ihres unprofessionellen und unangemessenen Verhaltens gekündigt worden war.

Seit 2018 hat diese ehemalige Mitarbeiterin, die behauptet, ein Konkurrent von uns zu sein, eine Verleumdungskampagne gegen uns geführt, die uns dazu veranlasste, dieser Person in den Jahren 2020 und 2023 zwei Unterlassungserklärungen zu schicken. Leider hat diese Person nun beschlossen, ihre Angriffe auf uns zu verstärken, indem sie eine Beschwerde bei Equestrian Canada wegen Anschuldigungen aus dem Jahr 2017 eingereicht hat. Wir weisen die Anschuldigungen dieser verärgerten Ex-Mitarbeiterin entschieden zurück. Wir verteidigen uns in dieser Angelegenheit energisch durch unseren Rechtsbeistand. Wie unsere Freunde und Mitglieder der Reitsportgemeinschaft wissen, ist die Verteidigung gegen solche Anschuldigungen ein schwieriger und manchmal langwieriger Prozess. Wir sind dankbar für die freundlichen Worte der Unterstützung, die wir erhalten haben und weiterhin erhalten werden, während wir diese schwierige Zeit durchstehen.

Wer sind Evi und Tanya Strasser?

Evi Strasser und ihre Tochter Tanya Strasser-Shostak sind im Dressurlager keine Unbekannten, vertraten Kanada schon auf internationalen Championaten. Mutter Evi, die 1988 nach Kanada ausgewandert ist, reitet seit 1994 für ihre Wahlheimat. Sie hat an den Olympischen Spielen 1996 und den Weltreiterspielen in Aachen 2006 teilgenommen.

Strasser, 60, betreibt schon seit mehr als 30 Jahren die „Good Tyme Stables“ in der kanadischen Provinz Quebec. Ihre Tochter nahm als Jugendliche an diversen überregionalen Championaten teil. Pferde aus dem Stall der Strassers sind an ihrem „Nachnamen“ Tyme zu identifizieren.

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Jan TönjesChefredakteur

Chefredakteur ab 2012, seit 2003 beim St.GEORG. Pferdejournalist seit 1988. Nach Germanistik/Anglistik-Studium acht Jahre tätig bei öffentlich rechtlichem Rundfunk, ARD, SFB, RBB in Berlin. Familienvater, Radiofan, TV-erfahren, Moderator, Pferdezüchter, Podcasthost, Preise: Silbernes Pferd, Alltech Media Award. Präsident Internationale Vereinigung der Pferdesportjournalisten (IAEJ).