Blog 4: Ende gut, fast alles gut

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 Was William Fox-Pitts im Gelände
gelernt hat, warum Mary King Glück hatte und einige „Ritte des Jahrhunderts“
fehlten.

Luhmühlen, Sonntag, 17 Uhr. Hinter den deutschen Reitern, Pferden, Trainern und Zuschauern liegt die erfolgreichste EM aller Zeiten. Teamgold, alle Einzelmedaillen und Platz vier so was gab es nur in der Dressur, aber das ist auch schon länger her. Die Reiter und ihr Tross treffen sich zum Umtrunk im Stall, im Pressezentrum werden die letzten Geschichten gesendet. Wir wurden hier fünf Tage lang super betreut. Unsere englischen Kolleginnen, in großer Besetzung angereist, müssen über den Absturz der achtfachen Europameister berichten, die Euphorie über Platz drei ist ungefähr so groß wie bei Dressurbronze für uns. Beim Triumph der Briten vor einer Woche in Rotterdam war kaum einer da von der Insel.

Der Brite William Fox-Pitt, der im Gelände mehrfach eindrucksvoll die Schwerkraft überwinden konnte und, wenn auch schwankend wie eine Binse, immer irgendwie doch noch auf seinem Pferd blieb, freute sich über eine interessante Erkenntnis: Zwei Minuten brauchte Cool Mountain nach dem Untertauchen am Messmer-Teich, bis er das Wasser aus Ohren, Nüstern und Lunge herausgeschüttelt hatte, Minuten in denen er weiter unverdrossen seines Weges zog. Jetzt wisse er, dass sein Pferd weiterkämpft. Das konnte ich noch nie testen, weil er noch nie was falsch gemacht hat, sagte Fox-Pitt. Etwas steif, aber mit heilen Knochen lief Mary King am Tag nach ihrem gefährlichen Sturz über den Platz. Nur der linke Busen war ein bisschen gequetscht. Die dritte der in der Teamwertung verbliebenen Briten, Piggy French, bekam bei den Verfassungsprüfungen Sonderapplaus: bei der ersten verlor sie einen Strumpf, bei der zweiten einen Schuh.

Noch am Sonntag sprachen alle von dem tollen Eröffnungsabend mit den Ritten des Jahrhunderts, einem Rückblick auf die Geschichte der Vielseitigkeit seit 1912. Allerdings enthielt er einige Lücken, die mit der Kürze der Zeit nicht zu erklären waren. Denn von den für die deutschen Reiter außerordentlich erfolgreichen Berliner Spielen 1936 wurden lediglich einige Sturzsequenzen am Wasser gezeigt. Die Szenen von Einzelolympiasieger Ludwig Stubbendorff und die Mannschaftsgoldmedaille der deutschen Reiter waren aus dem Film herausgeschnitten worden auf Druck des niederländischen Ko-Moderators Frans van Mechelen. Er setzte sich bei der Vorbesprechung in Warendorf mit seiner Ansicht durch, die Wehrmachtsuniformen, die die Reiter als Offiziere natürlich trugen, und eine längere Berichterstattung über die Nazi-Spiele seien nicht zumutbar für die ausländischen Gäste. So wurden die bis zu den beiden Goldmedaillen für Hinrich Romeike und das deutsche Team in Hongkong 2008 erfolgreichsten deutschen Vielseitigkeitsreiter, Ludwig Stubbendorff, Günther Lippert und Freiherr von Wangenheim, totgeschwiegen. Sie haben für Hitlers verbrecherischen Wahnsinn übrigens wie Millionen andere mit dem Leben bezahlt. Stubbendorff und Lippert fielen im Zweiten Weltkrieg, Wangenheim kam in russischer Kriegsgefangenschaft ums Leben.

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Gabriele PochhammerHerausgeberin

Herausgeberin des St.GEORG, den sie als Chefredakteurin von 1995-2012 als erste Frau auf dieser Position verantwortet hat. Als Berichterstatterin auf elf Olympischen Spielen und unzähligen Welt- und Europameisterschaften. Erfolgreiche Pferdezüchterin: Der von ihr gezogene Wallach Leonidas II war eines der besten Vielseitigkeitspferde seiner Zeit. Eines der Fachgebiete: internationale Sportpolitik, schreibt für die Süddeutsche Zeitung.