Ein Pony namens Legend

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Moment mal! Die Kolumne von St.GEORG Herausgeberin Gabriele Pochhammer (© Foto Bugtrup/Montage: www.st-georg.de)

Pferde, die Geschichten schreiben, das sind nicht nur die Sieger im Großen Preis von Aachen oder dem Three-Day-Event in Badminton, das sind nicht nur die Geschichten von Olympiamedaillen oder Millionenpreisgeldern. Auch eine Nummer kleiner  kommt manchmal ganz groß raus. Wie in der Geschichte von meiner Freundin Elizabeth Kitson und ihrem Pony Legend.

Elizabeth Kitson geb. Spencer auf Legend

Elizabeth lebte (und lebt bis heute) mit ihrer Familie im äußersten Westen von England, in Devon auf dem Land. Schon als Kind war sie im Sattel ihres Ponys so zuhause wie Gleichaltrige auf dem ihres Fahrrads. Ihren ersten Ritt unternahm sie in einem „Reitkorb“, der aufs Pony geschnallt wurde, konstruiert eigens für Kinder, die noch nicht laufen können.

Als Elizabeth ein halbes Jahr alt war, wurde bei ihrer Großmutter ein Ponyfohlen geboren, man taufte es hoffnungsvoll Legend. Vierjährig war Legend zu einem eleganten Füchschen herangewachsen. Elizabeth war viereinhalb und es wurde beschlossen, dass es Zeit sei, Legend einzureiten. Elizabeth’ Mutter, deren Erziehungsprinzipien am besten mit „Gelobt sei, was hart macht“ umschrieben sind, nahm die Ausbildung in die Hand. Nach ein paar Longenstunden mit Sattel, bei denen Legend buckelte wie in ein Bronco aus dem Wilden Westen, wurde Elizabeth auf Legends Rücken gehoben, wo sie allerdings nicht lange blieb, vielleicht eine halbe Minute. Das Spiel wiederholte sich ein paarmal, am Ende blieben die beiden immerhin zehn Minuten ein Paar. Das war ein Erfolg, der sich jeden Tag ein bisschen ausbauen ließ. Natürlich liebte Elizabeth das eigenwillige Pony, das im Stall wie ein Lämmchen schmuste, abgrundtief. Ihre Bemühungen, den Sattel nicht mehr unfreiwillig zu verlassen, wurden befeuert durch ein Versprechen ihrer Großmutter: Wenn es ihr bis zu ihrem fünften Geburtstag gelänge, länger als eine Stunde oben zu bleiben, dann bekäme sie Legend geschenkt. Und so geschah es, sie schaffte es.

Legend war nicht nur hübsch, sondern bewegte sich auch außerordentlich schwungvoll. „Etwa so wie Valegro“, sagt Elizabeth heute. Mindestens! Der Familienrat beschloss, dass Elizabeth und Legend sich in „Showing“-Klassen versuchen sollten, das sind Prüfungen vergleichbar unseren Reitpferdeprüfungen, es gibt sie für alle Altersklassen, Pferderassen und Kaliber. Die Erfolgsgeschichte begann. Auf Anhieb gewannen Elizabeth und Legend, wo sie auftraten.

1946 qualifizierten sie sich zum ersten Mal für die Royal International Horse Show, ein Höhepunkt im britischen Turnierkalender bis heute, wo die Besten des Jahres gegeneinander antreten, angefangen von den Ponykindern bis zu den Top-Springreitern. Dreimal gewannen die beiden den riesigen Silberpokal für das „Beste Pony des Turniers“ und erlangten so etwas wie landesweite Berühmtheit. Als Elizabeth im Jahr 1949 bei der ersten Horse of the Year Show aus dem Ring ritt, den Siegespokal unter den Arm geklemmt, stand ein Mann am Ausritt, Harry Llewellyn. Er und sein Pferd Foxhunter waren damals Stars so wie bei uns Ludger Beerbaum und Ratina oder Simone Blum und Alice. „Hey, little girl, „ sagte er, „well done. Es wird Zeit, dass Du mal ein richtiges Pferd reitest.“ Und dann holte er tatsächlich seinen Foxhunter hervor und Elizabeth durfte ihn auf dem Abreiteplatz reiten und sogar ein paar kleine Sprünge machen.“ So was vergisst man nicht, auch wenn man längst Großmutter ist.

Elizabeth wurde eine erfolgreiche Springreiterin, später nach ihrer Heirat mit einem Offizier, ritt sie, wo immer sie stationiert waren, Jagden und Hunter Trials, Geländeprüfungen, die die britische Rheinarmee veranstaltete. Dort lernte ich sie kennen. Bei einem Hunter Trial in der Nähe von Münster verlor Elizabeths Pferd beim Wassereinsprung in den Fluss Aa die Beine und sie musste ihrem Pferd hinterherschwimmen, unter den belustigten Blicken der jungen Offiziere am Ufer. Die ihr natürlich am Ende gentleman-like wieder in den Sattel halfen, damit sie ihren Ritt fortsetzen konnte, mit Stiefeln bis oben voll mit Wasser. „Es war ein bisschen schwer, nach dem Sprung den Sattel wieder zu treffen“, war ihr einziger Kommentar.

Jetzt holte die Vergangenheit sie wieder ein. Die Horse of the Year Show, inzwischen in Birmingham, wurde 70 und man erinnerte sich des kleinen Mädchens, das mit ihrem Pony die Menschen bezaubert hatte. Elizabeth, inzwischen 80 Jahre alt, siebenfache Großmutter und eine bekannte Künstlerin, wurde eingeladen, der Siegerin in der Klasse „Pony of the year“ den Pokal zu überreichen. Sie selbst erhielt einen Teller, mit einem Bild ihres Legend. Am Rande ist ein Gedicht eingraviert, geschrieben von Ronald Duncan, hier auszugsweise wiedergegeben:

„Wo in der Welt findet man Adel ohne Hochmut,

Freundschaft ohne Neid, Schönheit ohne Eitelkeit?

Hier, wo Anmut mit Kraft und Stärke mit Sanftmut gepaart sind.

Es dient ohne Unterwürfigkeit, es hat gekämpft ohne Feind.

Nichts ist so mächtig, nichts weniger gewalttätig, nichts ist schneller, nichts geduldiger. … Wir sind seine Erben, es ist unser Erbe – das Pferd.“

Julian Portch

Lady Kitson übergibt den Preis für das „Pony des Jahres“ an Kathleen Wood (Foto: Julian Portch)

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Gabriele PochhammerHerausgeberin

Herausgeberin des St.GEORG, den sie als Chefredakteurin von 1995-2012 als erste Frau auf dieser Position verantwortet hat. Als Berichterstatterin auf elf Olympischen Spielen und unzähligen Welt- und Europameisterschaften. Erfolgreiche Pferdezüchterin: Der von ihr gezogene Wallach Leonidas II war eines der besten Vielseitigkeitspferde seiner Zeit. Eines der Fachgebiete: internationale Sportpolitik, schreibt für die Süddeutsche Zeitung.


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