FEI-Generalversammlung: Olympische Sorgen – „Wir kriegen langsam kalte Füße“

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Moment mal_Gabriele Pochhammer

Gabriele Pochhammer, Herausgeberin St.GEORG (© Toffi)

In Paris werden in anderthalb Jahren Olympische Spiele auch in der Disziplin Reiten ausgetragen. Das wussten Sie schon? Glückwunsch! Sehr viel mehr wussten die Delegierten bei der Generalversammlung der Internationalen Reiterlichen Vereinigung (FEI) in Kapstadt nämlich auch nicht. Inzwischen wurde zwar ein Veranstalter für die Reitwettbewerbe gefunden, die Firma GL Events, die in Frankreich mehrere größere Turniere veranstaltet, aber die Vorbereitungen hinken gegenüber anderen Olympiaden weit hinterher.

So wird es kein Testevent geben, bei dem die ganze Organisation einen Probelauf absolvieren kann. „Wir kriegen langsam kalte Füße“, sagt Soenke Lauterbach, der gemeinsam mit FN-Präsident Hans-Joachim Erbel als Delegierter die deutschen Farben in Kapstadt vertrat. „Im besten Fall wäre jetzt, anderthalb Jahre vorher, alles fertig.“

Die Reiter kämpfen im Park von Versailles um Medaillen, wobei das Schloss rund zweieinhalb Kilometer entfernt ist, aber einen kleinen Blick aus der Ferne soll man erhaschen können. Die Geländestrecke führt quer durch den Park, die Pferde müssen also nicht irgendwohin gefahren werden, zweifellos ein Vorteil.

Einstallen nach Disziplinen

Wie FEI-Präsident Ingmar de Vos berichtete, sei die Arbeit vor Ort sehr schwierig und es müssten allerlei Kompromisse gemacht werden, schon weil der Venue mit den Fünfkämpfern geteilt wird. Bei denen ist Reiten zum letzten Mal dabei, wenigstens das eine gute Nachricht. Aber auf diese Weise gehen Wettkampftage verloren, die Pferde können nicht nach Nationen eingestallt werden, sondern nach Disziplinen, nicht ideal. Eine andere praktikable Variante gebe es nicht, wurde den Delegierten gesagt. Im Januar will das FEI Eventing Forum die Anlage besichtigen, im September soll mit ein paar Pferden der Boden der Geländestrecke getestet werden.

Die Pfleger sollen, so wird überlegt, in den LKW schlafen, die dann aufs Gelände gebracht werden. Das spart Kosten, wie überhaupt der Rotstift das wichtigste Instrument der Planer zu sein scheint. Die zu hohen Kosten sind das Hauptproblem des Olympischen Pferdesports im Allgemeinen und der Vielseitigkeit im Besonderen, nicht die Geländestrecke, die wie die Weltmeisterschaft in Pratoni zeigte, auch kostengünstig gestaltet werden kann, sondern vor allem der Aufbau für die TV- und Rundfunkübertragungen gehen ins Geld. Das brachte auch der Präsident des Internationalen Olympischen Komitees, Thomas Bach zum Ausdruck, der sich nicht ohne Grund im September einen Tag Zeit genommen hatte, um in Pratoni die Geländeprüfung live zu erleben.

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Olympische Zukunft des Reitsports unsicherer als gedacht

In verschiedenen Hintergrundgesprächen sei deutlich geworden, dass die olympische Zukunft in Los Angeles 2028 für die Reiter unsicherer sei als gedacht, so Lauterbach. Und selbst für Brisbane 2032 ist noch vieles offen, obwohl die Australier eine Nation von Pferdesportlern sind und seit jeher vor allem in der Vielseitigkeit reüssieren.

Immerhin haben die Springreiter mit ihrem Protest gegen den absurden Zeitablauf, wie er 2021 in Tokio praktiziert wurde, Erfolg gehabt, sodass das Mannschaftsspringen wieder vor dem Einzelspringen ausgetragen wird.

In den letzten Jahren ist bei Springveranstaltern die Unsitte eingerissen, sich mehrere Termine für ein Turnier zu sichern, und sich dann den besten auszusuchen. Dadurch wurden andere Veranstalter abgeschreckt und die Kalenderplanung gestaltete sich für alle Beteiligten schwierig. Manche Turniere wurden sogar erst nach Nennungsschluss abgesagt. Für Vier- und Fünfsterne-Turniere verlangt die FEI deswegen jetzt 10.000 SF Kaution, und eine entsprechende Gebühr bei Absage. Die deutsche FN habe das unterstützt, so Lauterbach, auch wenn es mehr Organisationsaufwand bedeute.

Der Pferdesport muss sich ändern

Mit dem allgegenwärtigen Thema „Social License“ beschäftigt sich zur Zeit die unabhängige zehnköpfige „Equine Ethics und Wellbeing Commission“, die ihre Ergebnisse auf dem FEI Sport Forum 2023 vorstellen wird, bei der Generalversammlung im Herbst 2023 in Mexiko soll über Maßnahmen abgestimmt werden. Das Thema liegt auf dem Tisch und da wird es wohl noch eine Weile bleiben. „Die Welt ändert sich, der Sport, die Medien, und die Sponsorenlandschaft ändern sich. Folglich muss sich auch die Art und Weise ändern, wie wir unseren Sport präsentieren und managen“, sagte der gerade mit 97 Prozent der Stimmen für eine dritte Amtszeit gewählte FEI-Präsident Ingmar de Vos. Noch gibt es die Chance, dass sich der Pferdesport aus sich selbst erneuert. Bevor es andere für ihn tun.

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Gabriele PochhammerHerausgeberin

Herausgeberin des St.GEORG, den sie als Chefredakteurin von 1995-2012 als erste Frau auf dieser Position verantwortet hat. Als Berichterstatterin auf elf Olympischen Spielen und unzähligen Welt- und Europameisterschaften. Erfolgreiche Pferdezüchterin: Der von ihr gezogene Wallach Leonidas II war eines der besten Vielseitigkeitspferde seiner Zeit. Eines der Fachgebiete: internationale Sportpolitik, schreibt für die Süddeutsche Zeitung.