Emmelie Scholtens und Indian Rock siegen in Weltcup-Grand Prix in Neumünster

Von
Indian Rock SLafrentz Sa

Emmelie Scholtens und Indian Rock siegten in Weltcup-Grand Prix in Neumünster 2024 (© sportfotos-lafrentz.de)

7,5 Punkte trennten die Siegerin vom Viertplatzierten beim Qualifikations-Grand Prix für die morgige Weltcup-Kür in Neumünster. Der Niederländerin Emmelie Scholtens und Indian Rock gelang es dabei die Nase vorn zu haben, auch im Wortsinn.

In der Trabverstärkung ließ Emmelie Scholtens die Nase von Indian Rock weiter vor als man das in dieser Lektion sonst von dem niederländischen Championatspaar kennt. Der Apache-Sohn dankte es ihr mit einem gleichmäßigen starken Trab, wobei man sich immer noch etwas mehr kraftvolles Abdrücken der Hinterhand wünschte. Insgesamt zeigte das Paar eine solide Leistung, die mit 73,457 Prozent auch entsprechend beurteilt wurde. Der mächtige Rappe neigt in den Piaffen dazu, extrem viel Last aufnehmen zu wollen – Stichwort Versammlung und Hakenbeuge. Dadurch macht er sich das Leben aber schwer, da das Abkippen im Becken (noch) zu Lasten von Fleiß und Rhythmus (Takt) im Hinterbein geht. Indian Rock rutschte in den 15 Einerwechseln leicht hinter die Senkrechte mit der Nasen-Stirnlinie. Die Reiterin war aber stets bemüht, den KWPN-Hengst wieder vor sich zu bekommen. In der Passage geht der Blick automatisch zunächst auf die exaltierte Vorhandsaktion des Rappen, wobei die Hinterhand aber ausreichend und auch synchron mitarbeitete.

Belgische Newcomer auf Rang zwei hinter Scholtens und Indian Rock in Neumünster

Mit einem neuen persönlichen Bestergebnis schloss die Belgierin Larissa Pauluis mit ihrem Wallach Flambeau den Grand Prix ab. 73,283 Prozent bedeuteten Platz zwei. Den bunten Braunen, ein Sohn des Ampere, hätte man sich häufiger noch offener im Ganaschenwinkel gewünscht. Wobei auch hier, beispielsweise in den Trabverstärkungen, die Tendenz, die Nase des Wallachs vorzulassen, zu erkennen war. In dieser Lektion zumeist auf der zweiten Hälfte der Diagonalen. In den Piaffen und Passagen versteht der 14-Jährige zu punkten. Auch die neun fliegenden Galoppwechseln zu zwei Sprüngen unterstützten die positive Bewertung.

Rath bester Deutscher

Dritter wurde Matthias Alexander Rath im Sattel des ehemaligen Bundeschampions Destacado. Der Hannoveraner holt nach wie vor mit seinem schreitenden, gelassenen starken Schritt Punkte. In den Piaffen wünschte man sich von dem Hengst das zu sehen, was der Sieger heute etwas zu gut machen wollte: Abkippen in der Hüfte, Senken der Hinterhand, Lastaufnahme, Versammlung. Stattdessen stützt der Fuchs auf den Vorderbeinen und fußt hinten ungleich und schwankend, wobei bei einigen Tritten der Eindruck aufkam, dass der rechte Hinterfuß tendenziell eher rückwärts, denn vorwärts in Richtung unter den Körperschwerpunkt wies.

Im starken Trab und starken Galopp sowie Passagen gab es mehrere Achten. Die Serienwechsel wünschte mach sich gerader (6,9 für die Zweier-, 7,0 für die Einerwechsel).73,217 Prozent waren 1684 Punkte, 1,5 weniger als die Zweitplatzierte und 5,5 wenige als die Siegerin – ein knapper Ausgang auf dem Podium.

Der Schwede Patrik Kittel wurde Vierter (73,13). Die Stute Forever Young stellte er gerade in den starken Tempi mit der Nase recht deutlich vor der Senkrechten vor. Im starken Trab fliegen die Vorderbeine und die Hinterbeine fußen energisch nach oben. Nur diesen Impuls in ein Tragen nach vorn, unter den Körper umzusetzen, gelingt der der Fürst Fugger-Tochter nicht. Das zeigt sich vor allem in den Passagen, bei denen die nicht immer gleichmäßig hoch fußenden Hinterbeine zur Hochentlastung tendieren und nicht zur Lastaufnahme. Entsprechend wenig balanciert zeigte die Stute auch die Lektion des höchsten Versammlungsgrads, die Piaffe.

„Raphi“ – Netzroller beim Einreiten, tolles Rückwärtsrichten

Raphael Netz und Great Escape Camelot begannen mit einer 4,1 für das Einreiten, weil der Niederländer nicht nur nicht stillstand beim Gruß, sondern sogar rückwärts lief. Also musste das Duo aus Aubenhausen noch entschiedener um jeden möglichen Punkt kämpfen. Das gelang vor allem im bestem Rückwärtsrichten des gesamten Feldes. Der hochbeinige Wallach stand sicher auf allen vier Beinen wie ein Fels vor Chefrichter Henning Lehrmann (der uns im Dezember im Podcast seine Sichtweise des Richtens erläutert hat) bei C. Die Unruhe beim Auftaktgruß? Vergessen! Diagonal und in Selbsthaltung trat er die geforderte Trittzahl rückwärts, um daraus geschmeidig wieder anzutraben.

In der Folge konnte der 13-jährige Johnson-Sohn in den Pirouetten und im versammelten Schritt weiteres Terrain wieder gutmachen. Am Ende lautete das Resultat  für die derzeit an Platz sieben in der Westeuropaliga rangierenden Jungs aus Aubenhausen 72,761 Prozent. Nach dem Schlussgruß ließ der 24-Jährige den Wallach noch länger im aufbrausenden Applaus still stehen – er weiß, das auch morgen das Halten beurteilt wird…

Weitere platzierte Deutsche, die auch morgen in der Kür ab 10 Uhr in der Holstenhalle in Neumünster zu sehen sein werden (Clipmyhorse überträgt), sind Bianca Nowag-Aulenbrock und Florine (6./71,609), Fabienne Müller-Lütkemeier und Valesco (11./69,217) sowie Ingrid Klimke, die erstmals die Fürstenball-Tochter First Class in einer Weltcup-Prüfung an den Start brachte (12./68,0).

„Es war nicht einfach heute einen Sieger zu finden,“ so die Bilanz von Chefrichter Henning Lehrmann. Die denkbar knappe Entscheidung zwischen den Top-Vier-Paaren erklärt er so: „Insgesamt hatten wir viele gute Teilnehmer, und es war ein solides Niveau. Das kann man an den Ergebnissen sehen. Es war nicht so einfach, einen klaren Spitzenreiter zu finden, weil jeder einen anderen Sieger hatte. Aber wenn man viele Reiter hat, die um die 73 Prozent liegen, dann ist der Standard natürlich gut“.

Die Ergebnisse von heute mit dem Sieg von Emmelie Scholtens und Indian Rock finden Sie hier.

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In einer früheren Version hatten wir geschrieben, der Zweitplatzierte Flambeau sei ein Apache-Sohn. Er stammt aber von Ampere ab. Wir haben es entsprechend korrigiert.

Jan TönjesChefredakteur

Chefredakteur ab 2012, seit 2003 beim St.GEORG. Pferdejournalist seit 1988. Nach Germanistik/Anglistik-Studium acht Jahre tätig bei öffentlich rechtlichem Rundfunk, ARD, SFB, RBB in Berlin. Familienvater, Radiofan, TV-erfahren, Moderator, Pferdezüchter, Podcasthost, Preise: Silbernes Pferd, Alltech Media Award. Präsident Internationale Vereinigung der Pferdesportjournalisten (IAEJ).

    • Marlis

      Also erstens ist das Pferd im VideoThiago und nicht Destacado, den Herr Rarh in der Prüfung geritten ist. Zweitens können Richter nur beurteilen was sie sehen, also sozusagen eine Momentaufnahme. Und das war im Fall von Herrn Rath und Destacado ordentliches Reiten und wurde fair bewertet.
      Drittens ist es völlig unsachlich und überzogen wegen eines Reiters, der Ihnen nicht gefällt gleich das Dressurreiten abschaffen zu wollen.


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