Deutsches Spring- und Dressur Derby nach 25 Jahren ohne Volker Wulff

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Der Derbyplatz in Klein Flottbek 2023 (© Thomas Hellmann)

Lange Jahre war Volker Wulff als Organisator des Deutschen Spring- und Dressur Derby der „Mister Derby“. Die Ära als Derby-Chef hat nun ein Ende. Der Norddeutsche und Flottbeker Reiterverein (NFR) hat den Vertrag mit der Veranstaltungsagentur En Garde nicht verlängert.

Himmelfahrt, Wochenende, der Springsport zu Gast in Hamburg, Deutsches Spring- und Dressur Derby, organisiert von Volker Wulff. 24 Jahre lang war diese Konstellation gesetzt. Zuletzt 2023, da kamen in den fünf Veranstaltungstagen mehr als 97.000 Zuschauer in den Derby Park nach Hamburg Klein-Flottbek. Das Deutsche Spring- und Dressur Derby 2024 wird das letzte unter der Regie von En Garde. Im Jahr 2000 hatte die Agentur, die nördlich von Bremen ansässig ist und z. B. auch das Weltcup-Turnier Partner Pferd in Leipzig organisiert, erstmalig das Derbywochenende veranstaltet. Wobei der Veranstalter der Norddeutsche und Flottbeker Reiterverein (NFR) ist, En Garde war vertraglich mit der Durchführung des Events betraut.

Derby und Volker Wulff: Etat in 24 Jahren mehr als verfünffacht

Als En Garde das Deutsche Spring- und Dressur Derby übernommen hat, lag der Etat bei 1,7 Millionen. Das war im Jahr 2000 und damals war die Deutsche Mark noch Zahlungsmittel. Im vergangenen Jahr bezifferte sich das Budget der Traditionsveranstaltung auf vier Millionen Euro. 30.000 Zuschauer kamen im Jahr 2000, 2023 waren es 97.000. 250.000 Mark Gewinngelder gab es vor 24 Jahren zu gewinnen. Heutzutage wird um Preisgelder im Wert von einer Million Euro im Klein Flottbek gesattelt.

Vorstand des NFR verlängert Vertrag nicht

Um eine langfristige Planungssicherheit zu haben, wurden die Verträge zwischen dem NFR und En Garde stets über einen längeren Zeitraum, um fünf bzw. zweimal zehn Jahre, abgeschlossen. En Garde zahlte an den NFR einen fest vereinbarten Betrag. Dafür kümmerte sich die Agentur auch um die Pflege der Hindernisse im „schwersten Springen der Welt“. Eine erneute Vertragsverlängerung stand nun an, doch Derbychef Wulff erfuhr am 24. Februar, dass sich der Vorstand gegen eine Fortschreibung des Vertrags ausgesprochen habe.

Ganz überraschend kam die Absage für Wulff, der mit diesem Telefonat zum „Ex-Derbychef ab 2025“ wurde, nicht. Schon bei der Durchführung des Derbys im Jahr 2023 waren wohl atmosphärische Probleme aufgetaucht. Nicht zuletzt, weil ein Mitglied des NFR-Vorstands Matthias Alexander Rath in den VIP-Bereich eingeladen und den Dressurreiter und Chef der Agentur Schafhof Connects einigen der VIPs als zukünftigen Derbyorganisator vorgestellt haben soll. Schafhof Connects veranstaltet neben Dressurturnieren auf dem familieneigenen Schafhof im Taunus das Frankfurter Festhallenturnier sowie erstmalig in diesem Jahr das Turnier in Donaueschingen.

Im vergangenen Jahr war der erste Vorsitzende Claus Büttner Mitte Juni im Rahmen des Jugendturniers des NFR tragisch ums Leben gekommen. Seitdem führt Dietmar Dude, 82, den Verein. Dude ist seit 1972 im Vorstand des NFR aktiv. Er war es, der Wulff von der Nichtverlängerung des Vertrags in Kenntnis gesetzt hat. „Ich kann nicht leugnen, dass ich über den Verlauf der Gespräche in den letzten Monaten enttäuscht bin. Es hat sich ein Umgang offenbart, der unter norddeutschen Geschäftsleuten nicht üblich ist. So wäre eine weitere Zusammenarbeit für mich ohnehin nicht denkbar gewesen. Die Entscheidung ist nicht einfach zu verkraften, aber die positiven Erinnerungen werden bleiben. Die Derby-Zeit hat mir sehr viel gegeben“, so Volker Wulff.

Das Vertrauensverhältnis zum NFR als Basis des Erfolgs? „Zutiefst erschüttert“, sagt Wullf. Und auch er selbst, der als Derby-Chef das Spring Derby mit Paul Schockemöhle an seiner Seite zu der Bedeutung gebracht hat, die die Veranstaltung auch für die Stadt Hamburg hat, bleibt nicht unemotional. „Ich richte nun meinen Dank an alle, die meinen Partner Paul Schockemöhle und mich in der langen Zeit unterstützt haben. Ein großer Dank geht an diejenigen, die durch unsere Zusammenarbeit Freunde geworden sind. Und einen ganz besonderen Dank möchte ich an mein Team und an meine Familie richten, die alles für die Entwicklung und das Wohlergehen des Derbys gegeben haben! Alle haben das Derby geliebt und gelebt – in jeder Minute! Wir bleiben Freunde des Derbys!“ Bei seinem Team, 19 festangestellte Kräfte arbeiten fürs Derby bei En Garde, seien Tränen geflossen, so Wulff.

Trübsal will der Turniermanger aber nicht blasen. Für den 8. bis 12. Mai verspricht er: „Wir werden ein wunderbares Derby 2024 vorbereiten und versuchen, uns auf allerhöchstem Niveau zu verabschieden.“


Update: Der NFR hat mit einer Pressemitteilung die neue Veranstalterkonstellation bekanntgegeben. Darin heißt es:
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„Es ist uns eine große Ehre und die Vorfreude ist riesig“, erklärt Matthias Alexander Rath, Geschäftsführer der Veranstaltungsagentur Schafhof Connects. Ab dem Jahr 2025 wird Rath mit seinem Team das Deutsche Spring- und Dressur-Derby in Hamburg ausrichten.
Von Seiten des NFR wird der Vorsitzende Dietmar Dude zitiert: „Wir haben uns ausgetauscht, unsere Ideen passen sehr gut zusammen und nun freuen wir uns auf die gemeinsame Zukunft mit der Agentur Schafhof Connects aus Kronberg. Die Zusammenarbeit mit den Veranstaltern der Vier- und Fünf-Sterne-Dressurturniere auf dem Schafhof, dem Internationalen Festhallen Reitturnier Frankfurt und seit diesem Jahr auch dem CHI Donaueschingen passt wunderbar mit dem Deutschen Spring- und Dressur-Derby zusammen.“ Für den bald Ex-Derbychef Volker Wulff hatte Dude lobende Worte parat. Wulff habe „das Hamburger Derbys zu einem Höhepunkt im Reitsportkalender gemacht. Sein Engagement und seine Expertise sind beispielhaft und wir danken ihm herzlich für seinen Beitrag.“

Rath nennt Partner

„Unsere langjährige Erfahrung und unser weitreichendes Engagement im Reitsport sind großartige Partner, um eine der bedeutendsten Pferdesport-Veranstaltungen der Welt zu übernehmen – hinzu kommt ein fantastisches Team, das mit vollem Einsatz und Herzblut arbeitet“, wird Matthias Rath weiter zitiert. „Es ist eine wunderbare Herausforderung.“

Jan TönjesChefredakteur

Chefredakteur ab 2012, seit 2003 beim St.GEORG. Pferdejournalist seit 1988. Nach Germanistik/Anglistik-Studium acht Jahre tätig bei öffentlich rechtlichem Rundfunk, ARD, SFB, RBB in Berlin. Familienvater, Radiofan, TV-erfahren, Moderator, Pferdezüchter, Podcasthost, Preise: Silbernes Pferd, Alltech Media Award. Präsident Internationale Vereinigung der Pferdesportjournalisten (IAEJ).