Niederlande sind Mannschaftseuropameister der Para-Dressur, Silber für Deutschland

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Glückliche Gesichter bei der Siegerehrung der Europameisterschaften der Para-Dressur 2023 mit Gold für die Niederlande, Silber für Deutschland und Bronze für Großbritannien. (© FEI/Leanjo de Koster)

Riesenjubel, Freudentränen und zig Umarmungen überall im deutschen Lager, endlich wieder eine Medaille für die deutschen Para-Dressurreiter! Erwartungsgemäß holten die Niederländer Gold.

Mit 226,979 Prozentpunkten gewann die deutsche Mannschaft mit Martina Benziger, Heidemarie Dresing und Regina Mispelkamp die Silbermedaille. Die Erleichterung und Freude war auch deshalb besonders groß, weil das Team 2017 und 2019 ohne Medaille nach Hause gefahren war. Die Niederländer mit Sanne Voets, Demi Haerkens, Frank Hosmar und Lotte Krijnsen erreichten 232,63 Prozentpunkte und setzten sich damit klar an die Spitze.

Die Multichampions aus Großbritannien, die bei acht Championaten sieben Mal Gold gewonnen hatten, mussten sich 2019 erstmalig von den Niederländern geschlagen geben. In Riesenbeck reichte es für Gabby Blake, Sophie Wells, Charlotte Cundall und Georgia Wilson (222,663 Prozent) zu Bronze. Das war aber keine Enttäuschung, im Gegenteil. Die Briten hatten Veränderungen in ihrem Team, überhaupt eine Medaille zu bekommen, war eher eine – angenehme – Überraschung.

Das galt auch für den vierten Platz der Italiener, die mit 221,983 Prozentpunkten vor allem dank der Leistung ihrer besten Reiterin Sara Morganti so weit nach vorn rückten.

Im einzelnen

Die Entscheidung über die Medaillen wurde in zwei Gruppen ausgetragen, Grade I, II und II am ersten Tag, Grade IV und V am zweiten Tag. In der zweiten Gruppe der Teamwertung gingen die Para-Dressurreiter der Grades IV und V an den Start. Nachdem Martina Benziger auf Nautika (Grade I), Heidemarie Dresing mit Dooloop (Grade II) und Melanie Wienand (Grade II) mit Lemony’s Loverboy am Vortag schon mit guten Leistungen vorgelegt hatte, galt es für Regine Mispelkamp in Grade V das Mannschaftsergebnis, für das die drei besten Ritte gewertet werden, noch zu verbessern. In Grade V müssen die Reiterr eine Aufgabe vergleichbar zur Dressur der Klassen L bis M im Regelsport auf „Normalturnieren“ absolvieren. Die Athleten haben Behinderungen in der Funktion einzelner Gliedmaßen oder Einschränkungen der Sehfähigkeit. Die Prüfungen bestehen aus Schritt-, Trab- und Galoppsequenzen.

Sehr zufrieden mit ihrem Wallach Highlander Delight`s war Regine Mispelkamp nach ihrer Vorstellung, für die sie 74,079 Prozentpunkte erhielt. Damit floss ihr Ergebnis in die Teamwertung ein, zusätzlich qualifizierte sie sich für die Kür am Samstag.

„Mein Pferd hat toll gewartet, er ist sonst gern auch ungeduldig. Es fühlte sich heute mega an, im Vergleich zur ersten Prüfung (In der das Paar die Bronzemedaille gewann) war Highlander Delight`s stabiler und besser vor mir. Ich hatte auch nicht so großen Druck, weil meine drei Teamkolleginnen mit ihren guten Ergebnissen ein aussichtsreiches Fundament für eine Medaille gelegt haben. Wie haben eine tolle Stimmung in der Mannschaft, ein großes „Wir“ Gefühl. Das liegt sicher auch an dem Gesamtkonstrukt, das wir jetzt haben, es gibt uns Ruhe und Sicherheit.“

Neue Strategie

Seit Jahresbeginn ist Silke Fütterer-Sommer neue Bundestrainerin der Para-Dressurreiter, für Equipechef Nico Hörmann ist es das zweite Championat. Gemeinsam habe sie in der Zusammenarbeit mit den Athleten eine andere Herangehensweise gefunden, ein Wechsel, der einen Leistungsschub bei allen bewirkt hat. Jetzt geschieht das Training und die Betreuung der Athleten und deren Teams sowie das gesamte Management unter der Aegide des DOKR. „Damit sind wir auch integriert in die Fördermaßnahmen der Stiftung deutscher Sportpferde“, das lässt uns ruhiger schlafen“, sagt Regine Mispelkamp mit einem Lächeln. „Das gibt uns Ruhe, Klarheit und weitere Entwicklungsmöglichkeiten. In dem neuen System werden Stärken mehr gefördert, das Training ist individueller. Wir bekommen bei Heimbesuchen der Bundestrainerin oder bei Lehrgängen „Hausaufgaben“, die dann gemeinsam mit dem Heimtrainer abgearbeitet werden.“

Bundestrainerin Silke Fütterer-Sommer erläutert: “Wir haben für jeden Einzelnen einen Trainingsplan entwickelt, ganz individuell. Einbezogen haben wir immer das ganze Team hinter dem Reiter, allen voran den Heimtrainer, mit dem wir in ständigem Kontakt stehen. Für die Europameisterschaft hatten wir meiner Ansicht nach einen guten Zeitplan aufgestellt, inklusive einer Umstellung der Lehrgänge. Wir waren auch viel unterwegs um Prüfungssituationen für das gesamte Team zu üben, damit jeder genau weiß, was er wann zu tun hat. Das zahlt sich hier in Riesenbeck alles aus. Wir sind alle so gut aufeinander abgestimmt, haben eine sehr gute Zusammenarbeit in ständigem Austausch. Das Vertrauen aufeinander spielt eine große Rolle. Das ist sicherlich ein Grund für die tollen Leistungen, die unsere Reiterinnen hier abgeliefert haben.“

Natürlich schauen bei der Europameisterschaft alle noch einmal schärfer hin, nächstes Jahr sind die Paralympics in Paris, das erklärte Ziel ist eine Medaille. Dort werden auch die US-Amerikaner ein Wörtchen mitreden, die – schon mächtig aufgerüstet – zwei Millionen Dollar in den Kauf neuer Pferde für die Para-Dressurreiter investiert haben.

Christine Meyer zu HartumRedakteurin

Expertin für den Fahrsport mit eigener Erfahrung sowohl auf dem Bock als auch als Turnierorganisatorin. Westfälische Züchterin mit erfolgreichen Kindern in Pferdesport und -zucht. Reitwartin und Ansprechpartnerin in der Rubrik „Leser fragen, Experten antworten“. Berichterstatterin über internationale Voltigierevents von vielen Welt- und Europameisterschaften.