Dressurrichter Dr. Joachim Bösche lebt nicht mehr

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Maria Günther und Dr. Joachim Bösche, Stuttgart 2012

Beobachter des Geschehens, hier 2012 in der Schleyerhalle in Stuttgart: Maria Günter und Dr. Joachim Bösche. (© Frieler)

Dr. Joachim Bösche lebt nicht mehr. Der Jurist hatte in den 1960-er Jahren mit dem Richten begonnen. Als internationaler Richter auf Championaten und engagiertes Mitglied der Deutschen Richtervereinigung hat Bösche maßgeblich den Pferdesport mitgeprägt.

Dr. Joachim Bösche stammte aus Braunschweig. Dort hatte er zu reiten begonnen. Nach dem zweiten Weltkrieg fand er über die Studentenreiterei wieder zurück zum Pferd. Nach dem Studium ritt er in den 1950-er Jahren zunächst selbst aktiv auf Turnieren. Zu seinen bekannten Pferden mit Erfolgen auf Grand Prix-Niveau zählten Admiral, Aga Khan, Ali Baba, Amfortas und Westpoint.

Dr. Bösche und die „Braunschweiger Mafia“

Ab 1962 wechselte die Perspektive. Dr. Bösche startete seine Karriere als Dressurrichter. Ab 1968 richtete er international. Als internationaler offizieller Dressurrichter („O-Richter“, heute 5*-Richter) war er weltweit im Einsatz. Häufig an seiner Seite: Heinz Schütte, ein enger Freund von Dr. Joachim Bösche und ebenfalls Olympiarichter. Zusammen mit Maria Günther saßen die beiden Männer nicht nur nach jeder Prüfung zusammen, um über ihre Noten zu sprechen. Auch in den Pausen, oder wenn die drei gerade einmal nicht bei E, H, C, M oder B gefragt waren, saßen sie auf der Tribüne, folgten dem Geschehen im Viereck und diskutierten.

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Unter Reiterinnen und Reitern war gern die Rede von der „Braunschweiger Mafia“, denn Bösche und seine Freunde bestimmten, wie geritten wurde. Zu dem Kreis dieser „ehrenwerten Gesellschaft“ zählten, auch wenn regional nicht Braunschweig zuzuordnen, Richterpersönlichkeiten wie Heinz Lemmermann, Uwe Mechlem oder Dr. Dieter Schüle.

Dr. Bösche, im Auftreten stets freundlich und ruhig, ein Gentleman, war berühmt für seine Protokolle. Selbst ein Reiter, der den Eindruck hatte, „der mag mich nicht“, konnte nach dem Durchlesen der richterlichen Kommentare nachvollziehen, warum Bösche welche Note wann gegeben hatte.

Bösche, Motor der Deutschen Richtervereinigung

Früh schon engagierte sich Dr. Bösche in der Deutschen Richtervereinigung (DRV). 1967 wurde der Jurist zu deren stellvertretendem Vorsitzenden gewählt. 16 Jahre, 1980 bis 1996, war er der Vorsitzende, also quasi „Deutschlands oberster Richter“.

In der Zeit lag sein Augenmerk stets auch immer auf den Bereichen Richteraus- und -fortbildung sowie den Richterprüfungen. Viele der gängigen Abläufe auf dem Weg zum Richteramt wurden in der Zeit unter Bösche initiiert. Bereits 1986 wurde der Braunschweiger von der Deutschen Reiterlichen Vereinigung (FN) mit dem Deutschen Reiterkreuz in Gold geehrt. Als er 1996 den DRV-Vorstand abgab, wurde er von der DRV zum Ehrenmitglied ernannt.

Die Passion fürs Richten, fürs Reiten und vor allem fürs gute Reiten, hat Bösche nie losgelassen. Als sein guter Freund „Heinzi“, Heinz Schütte, verstarb, rief Bösche danach in der Redaktion des St.GEORG an, um sich für den Nachruf zu bedanken, den wir veröffentlich hatten. Aus dem als kurzer Dank gedachten Telefonat entspann sich ein langes Gespräch, in dem Schütte auf die Tendenzen im Reiten und Richten zu sprechen kam. Er berichtete, wie eifrig und intensiv er via Clipmyhorse nach wie vor das Geschehen in internationalen Dressurvierecken verfolgte. Präzise konnte er sich an Ritte erinnern, an Urteile einzelner Richterinnen und Richter. Er benannte Dinge, die er anders gesehen hatte. Und das in genau jener freundlichen, aber bestimmten und unbestechlichen Art, die schon seine Protokollkommentare ausgezeichnet hat. Damals war Dr. Bösche 93 Jahre alt.

Im November vergangenen Jahres hatte Dr. Joachim Bösche seinen 95. Geburtstag gefeiert. Am 25. August 2022 ist er verstorben.air jordan 1 factory outlet | cheap air jordan 1 womens

Jan TönjesChefredakteur

Chefredakteur ab 2012, seit 2003 beim St.GEORG. Pferdejournalist seit 1988. Nach Germanistik/Anglistik-Studium acht Jahre tätig bei öffentlich rechtlichem Rundfunk, ARD, SFB, RBB in Berlin. Familienvater, Radiofan, TV-erfahren, Moderator, Pferdezüchter, Podcasthost, Preise: Silbernes Pferd, Alltech Media Award. Präsident Internationale Vereinigung der Pferdesportjournalisten (IAEJ).