Deutscher Triple-Sieg im Championat von Leipzig

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LEIPZIG – Partner Pferd 2024

Die Sieger im Championat von Leipzig 2024: Kendra Claricia Brinkop und Do it Easy. (© sportfotos-lafrentz.de)

Es war das perfekte Springen, von 43 Startern erreichten neun das Stechen, und von denen hätte jeder das Championat von Leipzig gewinnen können. Ohne Wenn und Aber setzte Kendra Claricia Brinkop den Namen ihres Pferdes um: Do it Easy heißt der elfjährige Selle francais, mit dem auch die engste Kurve und das rasanteste Tempo ganz leicht aussahen.

41,13 Sekunden benötigte Kendra für den 410 Meter langen Stechparcours, den mit 13 Hindernissen gespickten Kurs, da kam auch ihr Kollege in den Stephex Stables, der letzte Starter Daniel Deusser mit dem Sieger von Donnerstag, dem 13-jährigen Gangster nicht heran. Er musste mit 41,28 Sekunden mit Rang drei zufrieden sein. Dazwischen schieben konnte sich Jana Wargers auf der zehnjährigen irischen Stute Rockwell v. Kannan (0/41,27), ein Traumergebnis auch für Bundestrainer Otto Becker. Und womöglich der Auftakt für eine vielversprechende Saison. Kendra-Claricia Brinkop träumt nicht vom Weltcupfinale, dazu hat sie bisher zu wenig Punkte, aber dafür von erfolgreichen und entspannenden sechs Wochen auf der Sunshine Tour. Der belgische Stall Stephex reist mit 30 bis 40 Pferden und drei bis vier Reitern über die Pyrenäen. Auch die Toppferde kommen mit. „Die muss ich ja auch bespaßen“, sagt Brinkop. Und vielleicht galoppiert ihr da noch mal ein Pferd wie Do it Easy über den Weg. Der Selle francais wurde einst in Spanien entdeckt, wanderte zu irischen Besitzern, für die Kendra ihn jetzt reitet, wahrhaftig ein vierbeiniger EU-Bürger.

Deusser plant mit sieben Pferden für die Sunshine Tour, will vorher noch Weltcup-Punkte sammeln. Falls es fürs Finale reicht, steht auch der Championatsdritte von Leipzig auf der Liste. „Ich hatte Gangster eigentlich nur zur Probe, Leipzig war erst unser zweites Turnier“, sagt Deusser. „Aber er hat sich so gut entwickelt, da muss ich wohl umdenken.“ Man kann davon ausgehen, dass der Eldorado-Sohn die Probe bestanden hat. Sowohl Deusser als auch Jana Wargers haderten mit den hundertstel Sekunden, die zwischen ihnen und dem Sieg lagen, aber am Ende war der Abstand winzig, nur 15 hundertstel Sekunden.

Auch Jana Wargers will mit jüngeren Pferden zur Sunshine Tour, ihr Championatspferd Limbridge hatten einen ruhigen Winter. Und natürlich streben die Gedanken schon nach Paris, zu den Olympischen Spielen. Am Sonntag im Weltcup setzt Jana Wargers auf ihr zweites Pferd Dorette.

Gar nicht so weit weg vom führenden Trio war Mynou Diederichsmeyer. Sie brauchte für ihren fehlerlosen Ritt 41,88 Sekunden, das war Platz vier. Auch ihr Pferd machte seinem Namen alle Ehre: Quick and Fly heißt der 13-jährige Quaid-Sohn, mit dem Diederichsmeyer über den Kurs fegte. Mit der absolut schnellsten Zeit (40,25) aber einem Abwurf wurde der Ire Denis Lynch auf dem 15-jährigen Casall-Sohn Cordial (Holst) Sechster. Auch für Carsten Otto Nagel auf dem Holsteiner Curacao v. Clarimo hätte die Zeit gereicht (41,12). Mit einem Abwurf blieb Platz sieben übrig.

Goldener Sattel für Max Paschertz

Erst im Dezember wurde Max Paschertz 18 Jahre alt. Als Jüngster der vier für den 38 Jahre alten Klassiker „Goldener Sattel“ nominierten Nachwuchsreiter ließ er mit insgesamt 35,9 Punkten seine älteren Konkurrenten hinter sich: Mick Haunhorst (34,50), Teresa Häsler (33,7) und Magnus Schmidt (32,60). Alle vier überzeugten durch rhythmisches Reiten mit einem meist sicheren Auge für die Distanzen und großem Einfühlungsvermögen in die ihnen fremden Pferde. Denn die Besonderheit des Goldenen Sattels, den einst Springreiterlegende Hans Günter Winkler ins Leben rief, ist der Pferdewechsel: Jeder muss erst sein eigenes, dann die Pferde der Konkurrenten reiten. So wie es bis 2014 bei der Weltmeisterschaft der Springreiter war. Paschertz trainiert seit sieben Jahren mit Mario Stevens, der auch als Besitzer seines Pferdes, des zwölfjährigen Hannoveraners Sem Semper v. Semper Fi-Quattro B (OS), in den Listen steht. Paschertz‘ Ziel ist nicht eine Profikarriere, sondern das Abitur 2025 und ein BWL-Studium („Damit man erst mal was in der Tasche hat.“).

Ihm gelang es als einzigem, außer seinem eigenen Pferd auch die drei Pferde der Mitbewerber ohne Abwurf über den Parcours mit den Anforderungen eines Stilspringens Klasse M (1,25 bis 1,35 Meter) zu steuern. Wobei Marco Kutscher, der die Prüfung zusammen mit Bundestrainer Otto Becker und Stephan Hellweg richtete, betonte, dass es zwar auf Sitz und Einwirkung ankomme, aber am Ende das effektive Reiten zähle, also wie schnell der Reiter einen Draht zu dem fremden Partner findet. Das gelang allen vier Reitern durchweg sehr gut, weswegen es wohl noch nie einen so hohen Notendurchschnitt gegeben hat, keine Grundnote unter 8,0.

Die wenigsten Probleme machte das Pferd von Teresa Häsler, die elfjährige Lisa v. Camax L-Last Man Standing (OS), eine patente Fuchsstute, die mit allen Reitern unbeirrt ihre Bahnen zog. Als nicht ganz einfach erwies sich die erst etwas hektische zehnjährige Bella d’Or v. Balou-Camargue (DWP), das Pferd von Magnus Schmidt, die aber von Runde zu Runde gelassener wurde, sodass Paschertz als letzter ihrer Reiter die Bestnote des Tages erhielt, 9,3. Die größte Herausforderung war der erst achtjährige, kompakte Fuchshengst Undercover v. Unbreakable-Conthargos (DSP) von Mick Haunhorst, der seine mangelnde Routine nicht verbergen konnte und am Ende für die filigrane Teresa Häsler nur noch schwer zu motivieren und auf Linie zu halten war. Das vierte Mal auf einen Oxer zu vom Eingang weg, da hatte er einfach die Faxen dicke. Es gab einen groben Fehler, was die Richter aber der Reiterin nicht allzu streng ankreideten angesichts der bis dahin fast perfekten Runde.

Pony Trophy

Da wo Max Paschertz und seine drei Mitbewerber schon sind, will Frieda Heinrich noch hin. Sie gewann auf dem zehnjährigen Schimmelwallach Piccolino die Pony Trophy, ausgetragen in einem Zweiphasen-Springen bis 1,20 Meter. Neun Reiter qualifizierten sich für die zweite Phase, das vorweggenommene Stechen. Zweite wurde Antonia Häsler auf Indimill A, die jüngere Schwester von Teresa, die sich so gut im Kampf um den Goldenen Sattel geschlagen hatte. Dritte wurde Laura Herz-Eichenrode auf Linda.

Youngster Cup: Dakota ist nicht zu stoppen

Nicht nur die jungen Reiter, auch die Nachwuchspferde haben einen festen Platz im Leipziger Programm. Die 2. Qualifikation für den Nachwuchscup, getrennt ausgetragen für Sieben- und Achtjährige, gewann bei den jüngeren Pferden erneut die Diamant de Semilly-Carthago-Tochter Dakota de Semilly unter Philipp Schulze Topphoff mit einem schnellen fehlerlosen Ritt in 52,48 Sekunden, gefolgt vom Hannoveraner Cockpit v. Cornet Obolensky-Balou du Rouet (0/58,99) unter Josch Löhden. In wie immer perfektem Stil steuerte der in Holstein lebende Schwede Rolf-Göran Bengtsson den Verbandshengst Charaktervoll v. Comme il Faut-Contendro I sicher auf Platz drei (0/59,75).
Schon Donnerstag hatte Dakota mit fast drei Sekunden Vorsprung gewonnen. Am Samstag legte sie noch deutlich eins drauf und dominierte mit einem unglaublichen Vorsprung von mehr als sechs Sekunden! Jetzt geht sie als Favoritin in das Finale der Youngster Tour der Siebenjährigen.
„Dakota wächst hier über sich hinaus“, schwärmt Schulze Topphoff. „So wie hier ist sie noch nie gesprungen.“ Seit viereinhalb Monaten hat der Profireiter die Stute unter dem Sattel und ist begeistert: „Sie hat sich kräftemäßig unheimlich entwickelt und schon viel mehr Übersicht im Parcours bekommen. Sonst ging sie immer noch ein bisschen zu viel nach vorne und musste sich selbst noch etwas sortieren, aber in der Leipziger Halle fühlt sie sich offensichtlich total wohl, ist kernig und spritzig und dabei super in der Balance.“
Bei den Achtjährigen sprang der Holsteiner Viva Las Vegas v. Vagabond de la Pomme unter dem Derbysieger 2023, Marvin Jüngel, in 0/51,10 Sekunden an die Spitze, gefolgt von Chapagnarde v. Chap II-Carabas (OS) unter David Will (0/53,08) und Quercus van den Oude Elk v. Jenson-Darco (BWP) unter Kendra Claricia Brinkop (0/53,38).

Alle Ergebnisse aus Leipzig finden Sie hier.

Gabriele PochhammerHerausgeberin

Herausgeberin des St.GEORG, den sie als Chefredakteurin von 1995-2012 als erste Frau auf dieser Position verantwortet hat. Als Berichterstatterin auf elf Olympischen Spielen und unzähligen Welt- und Europameisterschaften. Erfolgreiche Pferdezüchterin: Der von ihr gezogene Wallach Leonidas II war eines der besten Vielseitigkeitspferde seiner Zeit. Eines der Fachgebiete: internationale Sportpolitik, schreibt für die Süddeutsche Zeitung.