Malin Hansen Hotopp Vierte im CCI5*-L Lexington 2024, Oliver Townend siegt bei 100. Fünf-Sterne-Ritt

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Oliver Townend und Cooley Rosalent siegten im CCI5*-L Lexington 2024 (© Michele Dunn Photo)

Das CCI5*-L Lexington 2024 ist eines für die Geschichtsbücher: Bei seinem 100. Start in einem Fünf-Sterne-Event gewann der Brite Oliver Townend zum vierten Mal den Three Day Event Kentucky. Und Malin Hotopp-Hansen konnte ein weiteres Erfolgskapitel im Buch „Kinder, Küche, Cross Country“ schreiben.

Das Podium im CCI5*-L Lexington 2024 liest sich wie das Who is Who der Vielseitigkeitsreiter: Sieg für den Weltranglistenersten Oliver Townend (GBR) vor dem Olympia-Silbermedaillengewinner von Tokio, Tom Mc Ewen (im Sattel des Europameisters 2021, Dublin) und Weltmeisterin Yazmin Ingham mit Bonzai du Loir. Und Vierte? Malin Hotopp-Hansen, Mannschafts-Vizeeuropameisterin 2023 und neben Oliver Townend die einzige, die ohne Abwurf aus dem Springparcours im Stadion am Kentucky Hose Park kam.

Von Meck-Pomm zum CCI5*-L Lexington 2024

Malin Hotopp-Hansen, Mutter dreier Söhne, betreibt mit ihrem Mann einen landwirtschaftlichen Betrieb in Mecklenburg-Vorpommern. Trainiert wird auf dem heimatlichen Areal. Galoppieren am Berg oder eben mal nach Luhmühlen oder Warendorf fürs Training? Nicht nur, nicht so einfach, sondern eigentlich unmöglich für die 46-Jährige. Wobei sie mittlerweile einen Hügel in der Nähe ihres Heimat ausfindig gemacht hat, der beim Training hilfreich ist.

Flugpanne auf dem Weg

Wie das so ist mit besonderen Geschichten. Sie haben immer etwas überraschendes. Für Malin Hotopp-Hansen war das ein verpasster Anschlussflug auf dem Weg in die USA. Ihr Pferd, der Holsteiner Carlitos Quidditch K war schon sicher in Kentucky angekommen – „ich hatte alle meine Reitsachen in den Sattelschrank gequetscht, sodass alles, was ich zum Reiten brauchte, auf jeden Fall vor Ort war“ – ihr Flug aber strandete in Island. Eine Nacht im Hotel in einem Industrieviertel mit Schwerpunkt Fischverarbeitung. Als geborener Holsteinerin machte das Malin Hotopp-Hansen nicht zu viel aus. Morgens gejoggt, danach ein „phänomenales Frühstück“ und weiter gen USA. Zehn Tage später: Platz vier in einer der schwersten Vielseitigkeitsprüfungen der Welt, mission (over)accomplished.

Nach der Dressur lag der von Miriam Kühl, einer langjährigen Freundin der Reiterin, gezogene Quidditch K an Position sieben (31,1). Im Gelände, gehandicapt durch eine Unterbrechung der Prüfung während das norddeutsche Duo auf der Strecke war, gab es für den Quiwi Dream-Sohn lediglich 6,8 Zeitstrafpunkte, Rang zehn. „Mein Pferd ist einfach der Wahnsinn. Wie er springt, ist einfach genial. Auch wenn ich mal die Linie etwas verloren habe. Wenn ich ihm sage: Achtung, da müssen wir hin – dann springt er los“. Zu den 37,9 Strafpunkten gesellte sich im SPringparcours kein weiterer hinzu. 35.000 US-Dollar Gewinngeld nimmt das Paar mit vom CCI5*-L Lexington 2024.

Oliver Townend verwandelt 110. Ritt in Sieg.

Der Weltranglistenerste Oliver Townend ging beim CCI5*-L Lexington 2024 zum hundertsten (!) Mal in einer Vielseitigkeitsprüfung auf diesem Niveau an den Start. Er verwandelte diesen Rekordritt in seinen vierten Sieg in Kentucky. Die zehnjährige Schimmelstute Cooley Rosalent hat er als vierjähriges Talent entdeckt. Die Mutter Bellaney Jewel ist eine Vollblutstute, die in Schottland schwerste Rennen im Hindernissport gewonnen hat.„Ich kann gar nicht sagen, wie stolz ich auf dieses Pferd bin“, sagte der Sieger über die Irish Sporthorse-Stute. Sie steht im Besitz von Paul und Diana Ridgeon ist. „Paul ist ein großer Unterstützer von mir und Andrew Nicholson. Er besitzt seit 45 Jahren Vielseitigkeitspferde und hat gerade seinen 92. Geburtstag gefeiert, und dies ist sein erster Sieg auf diesem Niveau, also vielen Dank an Paul“, so der Sieger.

Nach der Dressur hatte das Paar auf Platz acht gelegen (31,4), zwei Sekunden über der Optimalzeit ließen sie auf Platz drei nach dem Gelände rangieren (31,8). Und dann gelang Townend nach Malin Hotopp-Hansen der einzige weitere Nullfehlerritt im Parcours. Der Sieger preist seine Schimmelstute, „ich mag diese Farbe“, in den höchsten Tönen: „Sie ist zäh, und sie kennt definitiv ihren Job. Sie ist nicht fröhlich, aber sie weiß, was sie will. Sie ist eine ganz andere Persönlichkeit als (mein anderes Pferd) Ballaghmor Class (der kommende Woche in Badminton geht). Sie ist ziemlich angriffslustig und muss auf diese Weise geführt werden, aber ich habe das Gefühl, dass sie ihre Arbeit in allen drei Phasen liebt und dass es keine Schwachstellen gibt. Alle Fehler sind Unerfahrenheit oder Mangel an Erfahrung. Sie ist eines der besten Pferde, das ich je geritten habe.“

Vierter Sieg in Kentucky beim 100. Ritt – selbst ein hartgesottener Profi wird da emotional: „Ich kann in meinem Alter immer noch weinen, und wir sind einfach so stolz auf das Team zu Hause. Ich stehe immer noch unter Schock. Das ist einfach das schönste Event der Welt und ein besonderer Tag in unser aller Leben.“

Durch seinen Sieg liegt Oliver Townend nun mit zwei gewonnenen Etappen des Rolex Grand Slam of Eventing gut im Rennen. Nach Burghley hat er nun das CCI5*-L Lexington gewonnen. Mit einem Sieg in Badminton könnte er „den Sack zumachen“ und 350.000 Dollar Extra-Prämie gewinnen.

Zwei Abwürfe für britische Kollegen.

Die Briten Tom McEwen und JL Dublin (33,8) und Yasmin Ingham und Banzai Du Loir (35,6), die vor dem Springen noch auf den Plätzen eins und zwei lagen, mussten beide einen Abwurf hinnehmen. Ihnen blieben die Plätze zwei und drei. Tom McEwens Bilanz des Wochenendes im Bluegrass State Kentucky: „Ich habe das Gefühl, dass dieses Wochenende unsere Partnerschaft wirklich gefestigt hat. Er ist so ein netter, höflicher Kerl, und wir haben uns einfach ein bisschen Zeit genommen, um unseren Weg zu finden“.

Christoph Wahler Neunter mit D’Accord

„Ich schon gedacht, dass wir das in der Zeit schaffen, weil er unheimlich schnell ist. Aber gedanklich war ich natürlich mehr bei den Hindernissen als bei der Zeit, schließlich war es ein sehr anspruchsvoller Kurs“, sagte Christoph Wahler nachdem ihm mit dem Hannoveraner D’accord eine von nur zwei fehlerfreien Geländerunden innerhalb der Zeit gelungen war. Im Springen gab es dann zwei Abwürfe. Den zweiten ausgerechnet am letzten Hindernis. Ohne diesen Fehler hätte es, auch mit den zwei Zeitfehlern aus dem Springparcours, noch zu Platz fünf gereicht (42,4).

Calvin Böckmann erfüllt sich beim CCI5*-L Lexington einen Traum

Seinen 23. Geburtstag feierte Calvin Böckmann am Tag des Geländeritts in Kentucky. Lange Zeit ließ er die schwierige Strecke wie einen Stilgeländeritt mit steigenden Anforderungen aussehen. Nachdem ihm sein Holsteiner The Phantom of the Opera beim Einsprung in den legendären Wasserkomplex am Kentucky Horse Park etwas geholfen hatte, gab es einen Stop beim Absprung von der Normandie Bank, also dem Wall. Damit beendeten die beiden Fünf-Sterne-Debütanten den Cross Country als 20. (58,6), Im Springen kassierte das Duo eine Stange und landete auf Rang 18 der Gesamtwertung (62,6). „Mein Pferd war grandios! Ich bin so stolz auf ihn. Es war der schwerste Kurs, den ich je gesehen und geritten habe, und es hat sich angefühlt wie ein Drei-Sterne-Kurs. Und im Ziel war er total fit“, so Calvin Böckmann. Seine Enttäuschung konnte er aber nicht ganz verhehlen: „Das Ergebnis hat er eigentlich nicht verdient, es spiegelt nicht seine Leistung wider.“

Endergebnis CCI5*-L Lexington 2024

Jan TönjesChefredakteur

Chefredakteur ab 2012, seit 2003 beim St.GEORG. Pferdejournalist seit 1988. Nach Germanistik/Anglistik-Studium acht Jahre tätig bei öffentlich rechtlichem Rundfunk, ARD, SFB, RBB in Berlin. Familienvater, Radiofan, TV-erfahren, Moderator, Pferdezüchter, Podcasthost, Preise: Silbernes Pferd, Alltech Media Award. Präsident Internationale Vereinigung der Pferdesportjournalisten (IAEJ).