Blog 10 aus Aachen: Last-Minute-Tickets zu haben

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Stall 1 – da, wo die deutschen Springpferde wohnen.

Es geht um den Mannschaftstitel, aber auch um drei Tickets Last-Minutes-Tickets für die Copacabana.

Die Spannung steigt vor dem Mannschaftsfinale. Noch drehen die Vierspänner ihre Runden beim Kegelfahren auf dem Platz. Aber wer, wie Karsten Huck, Bronzemedaillist 1988, schon mal gespickt hat, sieht, dass es „sehr schwer“ wird, Steilsprung bis knapp 1,70. Es treffen immer mehr Leute ein, die man ewig nicht gesehen hat und die heute nichts verpassen wollen, etwa Franke Sloothaak, der zu so vielen deutschen Springreiter-Medaillen beigetragen und sich längst aus dem großen Sport zurückgezogen hat. Dafür arbeitet er bei Paul Schockemöhle in Mühlen gelegentlich die Nachwuchspferde und zwar so gut, dass die jungen Leute den Munde nicht mehr zukriegen und auch mancher Dressurreiter sich wünscht, er könnte sein Pferd so versammeln wie Franke. Paul Schockemöhle selbst ist auch vor Ort, wie überall, wenn Pferdegeschäfte in der Luft liegen. In ein paar Monaten macht ihn übrigens seine Tochter Vivian zum Großvater. Pierre Durand, Olympiasieger 1988 auf dem unvergessenen Jappeloup, genießt den Tag aus der ersten Etage des VIP-Palastes und prostet mir gut gelaunt zu.

Auch in den Ställen geht es zu wie im Bienenstock, jede Nationen hat ihren Bereich mit Landesfähnchen geschmückt und bevor es gleich mit der entscheidenden zweiten Nationenpreisrunde losgeht, versucht der eine oder andere noch ein Nickerchen in der seit gestern freundlich scheinenden Sonne einzubauen. Die Deutschen belegen wie immer Stall Nummer eins in den weiß gestrichenen Baksteingebäuden und weil es diesmal weniger deutsche Pferde sind als in den üblichen CHIO-Jahren, durften sich die Holländer mit einquartieren. Zwischen elf Uhr abends und sechs Uhr morgens herrscht übrigens absolute Stallruhe. Wenn ein Pfleger unbedingt das Bedürfnis verspürt, nach seinem Schützling zu sehen, dann nur in Begleitung eines Stewards. Die Zeiten der nächtlichen LKW-Ausflüge in die nahegelegenen Reithallen befreundeter Kollegen, um den Springpferden „Nachhilfeunterricht“, sprich „einen vor die Füße“ zu geben, scheinen tatsächlich vorbei. 18 Tierärzte sind in den Ställen eingeteilt, um das Wohlergehen der Pferde sicherzustellen, vier bis fünf Schmiede warten auf Arbeit.

Tjark Nagel ist mit seinen Dänen beschäftigt, die haben zum ersten Mal bei einem Championat die zweite Runde erreicht und sind noch im Rennen um die freien Plötze für Rio. Niederlande, Frankreich, Schweden und Deutschland sind seit den Weltreiterspielen 2014 qualifiziert, auch das quasi-deutsche Team aus der Ukraine, zu dem Kathi Offel und Rene Tebbel gehören. Auch Ulrich Kirchhoff, der Olympiasieger 1996 von Atlanta, ist dabei, in Aachen aber mit Cowboyhut und Jeans unterwegs und kündigt an, demnächst wieder ins Geschehen einzugreifen. Er lebt inzwischen in Italien.

Tebbel und Offel haben dem deutschen Team auch deswegen den Rücken gekehrt, weil sie keine Chance sahen, jemals einen Teamplatz zu ergattern. Jetzt sind sie womöglich in Rio dabei. Das gilt auch für Max Kühner, der inzwischen dem Vorbild von Hugo Simon folgte und nach Österreich gewechselt ist. Gestern gelang ihm eine Superrunde mit seinem 15-jährigen Coriano-Sohn Coeur de Lion, leider die einzige in seinem Team.

Die drei besten Teams, die bereits Qualifizierten abgerechnet, lösen in Aachen das Last-Minute-Ticket für die Copacabana. Gute Aussichten haben die Briten, die ohne ihren besten Reiter und ihre bestes Pferd kämpfen müssen, weil der Weltranglisten-Erste Scott Brash seinen Hello Santos für Turniere aufhebt, auf denen es mehr zu gewinnen gibt. Falls seine Kumpels hier die Quali schaffen, ist er dann der Nutznießer – das findet man im Lande des Fair Play nicht wirklich toll. Während Ben Maher schon in London Teamgold gewonnen hat und der 55jährige Michael Whitaker mit unerschütterlicher Ruhe versucht, die Kohlen aus dem Feuer zu holen, setzt sich hier einer richtig ins Rampenlicht: Joe Clee. Den Namen schon mal gehört? Mit 37 Jahren auch kein Grünschnabel mehr, lebt er in Belgien, ist verheiratet mit der jüngeren Tochter des verstorbenen belgischen Springreiters Eric Wouters. Die ältere ist die Lebensgefährtin von Daniel Deußer und Mutter seiner sechs Monate alten Tochter. Deußer und Clee sind also gewissermaßen Schwippschwäger. Als jüngste Reiterin ist die 19-jährige Jessica Mendoza ins Brit-Team gerückt. Sie tat sich ziemlich schwer mit den Weltklassekursen in Aachen, aber ihr Selbstbewusstsein ist ungetrübt. Auf ihrer Website stellt sie sich in schöner Bescheidenheit als „wahrscheinlich erfolgreichste Juniorenreiterin aller Zeiten“ vor. Immerhin hat sie schon in Nationenpreisen für England Nullrunden hingelegt. Die Schweizer hoffen ebenfalls, noch in den Flieger nach Rio einsteigen zu können. Ihr bester Reiter ist nicht am Start, Olympiasieger Steve Guerdat, weil sein bestes Pferd, Nino des Buissonets, nach dem Fund von Mohnsamen noch gesperrt ist. Dumm gelaufen. Thomas Fuchs, unvergessen mit Dollargirl, sitzt als Trainer und Manager seines 23-jährigen Sohnes Martin am Rande, der bei seinem ersten Championat antritt. Auf seiner Website verrät Thomas Fuchs den peinlichsten Moment seines Lebens: „Als ich Athina Onassis fragte, ob sie noch bei ihrer Mutter wohnt.“ (Bekanntlich verlor Athina schon mit drei Jahren ihre Mutter Christina). Au weia, wo ist das Loch, in dem man dann am liebsten verschwindet?!

Neues von der Krankenstation: Heute kümmerte sich Manni Giensch, der Menschenarzt, um unseren dpa-Kollegen Michael Rossmann durch Verabreichen einer Ibuprofen-Tablette. Damit nicht genug: Auch Physiotherapeut Christian Peiler nahm sich seiner persönlich an, legte ihn in einer Pferdebox auf eine ausklappbare Liege und renkte die schmerzenden Knochen ein. Auch die deutschen Springreiter hat Peiler heute mogen schon vorgehabt. Dann kann ja eigentlich nichts mehr schiefgehen.Nike Jordan Jumpman hoodie in grey – release dates & sneakers., Jordans – Yeezys, Urlfreeze News | do nike outlets have jordans

Gabriele PochhammerHerausgeberin

Herausgeberin des St.GEORG, den sie als Chefredakteurin von 1995-2012 als erste Frau auf dieser Position verantwortet hat. Als Berichterstatterin auf elf Olympischen Spielen und unzähligen Welt- und Europameisterschaften. Erfolgreiche Pferdezüchterin: Der von ihr gezogene Wallach Leonidas II war eines der besten Vielseitigkeitspferde seiner Zeit. Eines der Fachgebiete: internationale Sportpolitik, schreibt für die Süddeutsche Zeitung.