Süddeutsche Hengsttage: Vernünftige Selektion, Aufgaben für die Zukunft

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Die Körkommission der Süddeutschen Hengsttage in München-Riem sortierte streng und nachvollziehbar. Am Ende wurden von 80 Hengsten 29 gekört und sieben prämiert. Getrübt wurde die Veranstaltung durch zwei Unfälle, die zum Glück glimpflich ausgingen. Aber es hätte auch anders kommen können.

Vier der 14 gekörten Dressurhengste erhielten das Prädikat Prämienhengst. Darunter war auch einer, der nicht in einem der Süddeutschland zugehörigen Zuchtgebiete zur Welt kam: die Katalognummer 80, ein Dänischer Warmblüter v. Don Olymbrio-Fidermark aus dänischer Zucht und dem Besitz des Gestüts Blue Hors. Dem Dunkelfuchs mit auffällig gezeichneter Blesse fehlt vielleicht noch ein wenig der letzte Hengstausdruck, dafür war er äußerst harmonisch konstruiert, elegant, aber dennoch kraftvoll. So bewegte er sich denn auch mit kraftvollem Antritt, stets erkennbarer Bergauftendenz und durch den ganzen Körper schwingend. Seinen neuen Besitzern war das 115.000 Euro wert, für die er auf der anschließenden Auktion zugeschlagen wurde. Zuvor hatte er beim Freilaufen flinke Füße bewiesen und die Fähigkeit, sich in jeder Phase ausbalancieren zu können. Das zeigte er auch an der Longe als eines von nicht allzu vielen Pferden, das auch hier losgelassen seine Bahnen zog.

Wobei es den Youngsters an dieser Stelle auch nicht gerade leicht gemacht wird. Zwar waren die Zirkel vergrößert worden, aber das hatten manche Longenführer anscheinend noch nicht mitbekommen. Andere nutzten den Platz, um ihren eng ausgebundenen Vierbeinern ordentlich Dampf zu machen unschön und vor allem unnötig. Qualität kommt auf andere Weise besser zur Geltung. Vorbildlich war das Longieren der Landgestütskandidaten, insbesondere das des sächsischen Hengstes v. Decurio-Zinaad xx. Zwar wurde er nicht gekört, aber so stellt man sich die Vorstellung eines jungen Pferdes an der Longe vor genügend lang ausgebunden, in fleißigem, aber nicht eiligem Grundtempo und mit einem Longenführer am anderen, der mit Longe und Peitsche umgehen kann.

Teuerster Hengst der Auktion wurde der ebenfalls prämierte Sohn des in Belgien beheimateten Sir Donnerhall-Florestan-Sohnes Bailamos Biolley mit der Katalognummer 2 aus einer Mutter v. Lanciano-Donnerschlag. Der in Bayern eingetragene Braune stammt aus der Zucht von Sabine Klößinger im bayerischen Ort Sachsen und wuchs bei Heinrich Ramsbrock in Menslage auf. Der konnte sich über einen Zuschlagspreis von 240.000 Euro für seinen Hengst freuen. Neben gutem Antritt, absoluter Taktsicherheit und natürlicher Kadenz in den Bewegungen überzeugte dieser vor allem mit viel Übersicht beim Freilaufen. War der Schritt hier noch etwas knapp im Raumgriff, änderte sich das tags darauf nach dem Longieren. Dort kam er gelassener zum Schreiten und zeigte dann auch genügend Raumgriff. Überhaupt machte dieser Hengst einen vertrauensvollen, zufriedenen Eindruck an der Hand und an der Longe von Ramsbrock-Bereiter Hermann Burger. Das konnte man bei weitem nicht bei allen Pferden behaupten.

Auch in München gab es begehrenswerte Nachkommen aus dem ersten Jahrgang des Trakehner Gribaldi-Enkels Millennium. Zwei von dreien wurden gekört (Wobei auch der dritte körfähig war. Davon später mehr), einer prämiert. Der stammt aus einer Mutter vom Brandenburger Landbeschäler Samba Hit und kam bei Dietmar und Cerstin Mewes in Gardelegen-Estedt zur Welt. Mit 1,73 Meter Stockmaß war der Hengst äußerst hochgewachsen, wirkte aber weder schlaksig noch bullig, sondern im Gegenteil hoch elegant. Leichtfüßig und geschmeidig zog er seine Bahnen beim Freilaufen und zeigte sich auch an der Longe locker und elastisch mit viel Mechanik. Auch bei ihm gefiel sein Verhalten in dieser für die Pferde ja nicht einfachen Halle mit den Zuschauern direkt an der Bande. Vorsichtig und aufmerksam, aber dennoch absolut brav ging er an der Hand seines Führers in die Bahn, nahm alles in Augenschein, behielt aber die Nerven. Sein Preis: 40.000 Euro.

Ein Sohn des einst unter Emma Hindle Grand Prix-erfolgreichen Diamond Hit erhielt die vierte Prämie der Süddeutschen Hengsttage 2015 und kostete 110.000 Euro. Es handelt sich um einen bayerischen Dunkelfuchs aus einer Mutter v. Pour Plaisir-Piaster (Z.: Else Hermine Schnell, Burgthann), ein imposantes Pferd, das deutlich größer wirkt als die gemessenen 1,67 Meter Stockmaß. Er überzeugte mit enorm kraftvollem Antritt und viel Kadenz, wobei er beim Freilaufen vor jeder Ecke deutlich erkennbar durch den Körper zurückkam. Und das sowohl im Trab als auch im Galopp, einer Grundgangart, in der dieser Dunkelfuchs besondere Stärken hat. Der sah nach zukünftigem Grand Prix-Pferd aus.

Bei den Springpferden wurden drei Prämien verteilt. Getrübt wurde das Freispringen durch Hengste, die unnatürlich hoch und verkrampft sprangen bei manchen konnte man das Talent trotzdem erahnen, andere waren nicht zu beurteilen. Schade für die Pferde! Das erste Pferd, das für „Ahs und Ohs“ sorgte, erschien in Gestalt der Nummer 44, ein Balou du Rouet-Kolibri-Sohn der Marke DSP aus der Zucht von Kai-Uwe Fricke in Krüssau. Mit kleinen Abmessungen gab dieser Hengst sich nicht ab. Da sprang er wenig spektakulär ohne Rücken und mit etwas hängendem Vorderbein. Das Bild änderte sich ab ca. 1,20 Meter. Da zeigte der Braune sich vorsichtig, reaktionsschnell und mit großem Vermögen. Er wurde gekört, aber nicht prämiert.

Ein echtes Leistungspferd war die Nummer 58, ein Selle Français-Hengst v. Diamant de Semilly-Quick Star-Laudanum xx aus dem Besitz des Gestüts Nijhof in den Niederlanden. Mit beeindruckender Leichtigkeit und perfekter Technik flog der Dunkelbraune nur so über die Stangen. Endlich ein Springpferd!, war da auf der Tribüne zu hören. Ein Springpferd, das auch gekört wurde, bei dem sich allerdings auch der unterschiedliche Ansatz unserer Nachbarn und der deutschen Zucht offenbarte. Das ist ein echtes Leistungspferd. Aber mit großem Kopf, kurzem Hals und steifem Bewegungsablauf entspricht er nicht gerade dem Zuchtziel für das Deutsche Reitpferd. Prämiert wurde auch dieser Hengst nicht.

Dafür aber ein anderer Hengst, bei dem anscheinend schon vorher feststand, wie seine Beurteilung ausfallen würde, denn im aktuellen Körkatalog warb die Besitzerstation Klatte bereits mit ihm als Neuzugang für die Züchter auf ihrer Station. Es handelt sich um einen bunten Dunkelbraunen aus bayerischer Zucht von Nikolaus Chrissikos in Pocking, der v. Clooney-Landkaiser abstammt. Offenbar zu Ehren des Züchters trägt der Hengst nun laut Werbung im Katalog auch den Namen Chrissikos. Im Freispringen zeigte der Hengst sich talentiert, aber nicht überragend. Springreiter André Thieme, der die Körkommission in Sachen Springhengste beriet, erklärte: Dieser Hengst begeisterte von Anfang an. Wir wussten eigentlich schon vorher, was dabei rauskommen würde. Beim eigentlichen Freispringen war er wohl ein bisschen zu ehrgeizig. Aber er hat alle Möglichkeiten am Sprung in Sachen Technik und Vermögen.

Cornet Obolensky-Carolus lautet die klangvolle Abstammung des zweiten prämierten Springers aus der Zucht von Thomas Sagel auf dem Sudheimer Hof. Der noch dunkle westfälische Schimmel war vielleicht etwas weich in der Oberlinie, aber ein echter Typ und sprang besonders in technischer Hinsicht hervorragend. André Thieme lobte: Ich glaube, dieser Hengst hat eine große Karriere vor sich als Zucht- und vielleicht auch als Sporthengst. Das hat wohl auch die Kundschaft in der Olympia-Reithalle überzeugt. Mit 160.000 Euro wurde der Schimmel zweitteuerstes Pferd der anschließenden Auktion.

Und schließlich ging noch eine Prämie an einen wunderschön aufgemachten bayerischen Los Angeles-Contender-Sohn, der bei Petra und Guntram Miller in Ursberg auf die Welt kam. Er überzeugte nicht nur am Sprung, sondern vor allem auch an der Longe, wo er ganz locker und ausbalanciert bei ruhiger, stetiger Anlehnung seine Runden drehte. Ein Hengst wie gemalt, der keine Schwäche hat, schwärmte André Thieme. Ihm sei als Springreiter das Herz aufgegangen als er sah, wie der Hengst auf einen Fehler reagierte. So wünscht man sich das als Springreiter. Zuvor hatte er sich den Baum, der da an der Gasse stand, jedes Mal genau angesehen. Nach dem Fehler konzentrierte er sich ganz aufs Springen und zeigte dabei dieselbe Beweglichkeit wie tags zuvor an der Longe. 41.000 Euro kostete dieser Hengst.

Mit dem Auktionsergebnis der gekörten und ungekörten Hengste konnten die Süddeutschen zufrieden sein. Fast 9000 Euro mehr brachten die 52 Kandidaten durchschnittlich im Vergleich zum Vorjahr, nämlich knapp 40.000 Euro im Mittel.

Getrübt wurde die Veranstaltung zum ersten Mal durch einen Unfall, der sich beim Freilaufen der Dressurhengste am Donnerstag ereignete. Der dritte Millennium-Sohn der Kollektion aus einer Wolkentanz II-Akzent II-Mutter, ein hoch talentiertes Pferd, bekam offenbar Panik in der recht engen Halle mit den Zuschauern an allen Seiten und dem Bodenpersonal in der Mitte und suchte sein Heil in der Flucht. Die führte ihn auf die kurze Seite in Richtung Ausgang zu, wo er versuchte, über die Absperrung zu springen, dabei aber hängen blieb. Hinter diesem Gatter befinden sich nur Stehplätze, so dass die Zuschauer recht schnell zur Seite springen konnten. Zwei wurden dennoch leicht verletzt, wurden von den Sanitätern versorgt und kamen im Großen und Ganzen mit dem Schrecken davon. Der Hengst zappelte eine Weile, um sich von dem Metallrohr zu befreien, dass man auf die Bande aufgebracht hatte, um diese zu erhöhen. Das gelang ihm schließlich und nach einem Galoppsprung in Richtung Kuchenbüffet konnte er eingefangen werden. Ihm war wie durch ein Wunder nichts passiert außer einigen Schürfwunden. Er trat sowohl zum Schrittring nochmal an, als auch tags darauf zum Longieren. Da war er allerdings derartig verängstigt, dass an eine normale Beurteilung nicht zu denken war. Es wird ihm keiner übel genommen haben! Wieso man nach diesem Ereignis die Hengste im Anschluss an das Freispringen, bei dem die Gasse diesmal die Mittellinie entlang aufgebaut war, noch einmal freilaufen ließ, war nicht ganz zu verstehen. Darauf eingestellt, springen zu müssen, rasten sie kopflos die langen Seiten hinunter, die durch die Freispringgassen in der Mitte zu einer Art Treibgang geworden waren. Die Zuschauer an allen Seiten wedelten bei vielen Hengsten aufgeregt mit den Armen und die Bodencrew mühte sich redlich, um ein Szenario wie das vom Donnerstag zu verhindern.

Der zweite Unfall ereignete sich während des Freispringens. Diesmal war der Führer Matthias Schepper betroffen. Er geriet beim Einlaufen in die Halle unter die Hufe seines Hengstes, ging zu Boden und blieb bewusstlos liegen. Die Sanitäter waren schnell zur Stelle, stabilisierten den Mann aber zunächst noch in der Bahn, während herbeigeeilte Freiwillige Decken hochhielten, um den Verletzten vor den Blicken der Zuschauer zu schützen. Dann kam eine Trage und der Mann wurde hinaus transportiert. Draußen kam er wieder zu Bewusstsein und wurde ins Krankenhaus gebracht. Von dort hat Schepper sich dann selbst entlassen.

Diese Ereignisse und die zum Teil unschönen Bilder beim Longieren warfen Fragen auf.
Tobias Galmbacher, Vorsitzender der AG Süddeutsche Hengsthalter, erklärte im Gespräch mit St.GEORG (das allerdings noch vor dem zweiten Unfall am Freitag stattfand): Wir haben einen Arbeitskreis zum Thema ,Süddeutsche Körung 2020′. Wir stellen alles in Frage, was hier passiert vom Zeitpunkt der Körung über den Ablauf bis hin zu den Aspekten unter Tierschutzgesichtspunkten. Einen Erfolg konnte Galmbacher noch auf dieser Veranstaltung verzeichnen. Statt zehn Hengsten, die am Donnerstag in der Halle auf dem Schrittring gingen und kaum eine Pferdelänge Abstand halten konnten, waren es tags darauf nur noch acht. Mehr zu den Ideen von Galmbacher und seinen Kollegen für die Süddeutschen Hengsttage in St.GEORG 3/2015.

Weitere Infos rund um die Süddeutschen Hengsttage finden Sie unter www.suedpferde.de!nike air jordan 1 mid outlet | jordan retro 6 release date 2023