Am Rande der WM: Harte Arbeit für Hermes, Vorbildfunktionen und das Leben einer Engländerin in den Niederlanden

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Blog-WM-Herning

Gabriele Pochhammer in Herning (© st-georg.de)

Gestern war Ruhetag bei der WM in Herning. Zumindest für die meisten. Andere mussten nochmal richtig ran.

Heute geht es also mit dem Springen los, Zeitspringen, erste Wertung und schon schwer wie ein Großer Preis. Denn wer hier Bruchteile von Sekunden verliert, kann schon weg vom Fenster sein. 103 Reiter sind am Start, das wird ein langer Tag. Und spätabends gehen ein letztes Mal die Dressurreiter in der Musikkür. Gestern beim Flutlichttraining konnte man schon sehen, wer was drauf hat. Die Bronzegewinnerin Dinja van Liere ließ ihren Hermes bis zum Abwinken passagieren, bis er wie aus dem Wasser gezogen war. Isabell und Quantaz zeigten ein paar Ausschnitte aus ihrer neuen Kür, die heute Abend Premiere hat. Es sah nach höchstem Schwierigkeitsgrad aus, das müssen die anderen erstmal bringen. Wenn es klappt, hat sie eine gute Chance auf eine Medaille, wenn nicht, dann ist es so. „Ich habe nichts zu verlieren“, sagt sie vorgestern zu mir.

Die Wetten gehen auseinander, ob nun Glamourdale von Lottie Fry oder Vamos Amigos von Cathrine Laudrup-Dufour ihren Reiterinnen den Titel bringen. Beide haben auch Schwächen, die längst hinter den Kulissen diskutiert werden. Bei Glamourdale sind es die Piaffen und das oft offene Maul. Phantastische Grundgangarten sind halt doch nicht alles. Und Vamos Amigos ging in den vergangenen Prüfungen doch häufig hinter der Senkrechten, die Piaffen mehr in die Erde als gesetzt erhaben. Aber das kann heute Abend schon wieder ganz anders sein. Und um den Kaffeesatz zu Ende zu lesen: Wer weiß, ob Benjamin Werndl und Famoso ihre Superform nicht noch einmal steigern können – bis aufs Treppchen? Alles ist drin. Dressur ist eben wahnsinnig spannend!

Zwei Frauen, zwei Pferde und ein Give me five

Pauline von Hardenberg

High Five: Isabell Werth und Weltmeisterin Dressur Grand Prix Special Charlotte Fry und Glamourdale (GBR)
Vet Check (© Pauline von Hardenberg)

Lottie Fry verlässt mit Glamourdale das Viereck nach einer sensationellen Vorstellung im Grand Prix Special, sie ist quasi schon Weltmeisterin. Isabell Werth als nächste und letzte Starterin weiß bereits, dass sie nicht mehr gewinnen kann. Vielleicht hofft sie noch auf Bronze, das hat dann der britische Richter Peter Storr mit seinen Niedrignoten verhindert. Sie bietet der jungen Konkurrentin, die ihre Tochter sein könnte, ein „Give-me five“. Gut gemacht, heißt das. Neidlose Anerkennung. Und das heißt was in Dressureiterkreisen, von denen doch oft behauptet wird, dass man sich nicht das Schwarze unter den Nägeln gönne, jedenfalls nicht höhere Noten. Das scheint in diesem Fall nicht zu stimmen. Und die sportlich-faire Geste von Isabell Werth ist mehr als das rheinisch-fröhliche „Man muss auch jönne könne.“ Noch am Tag zuvor hatte sie Lottie ein paar Tipps für bessere Pirouetten gegeben. Sie weiß, dass hier eine starke Konkurrentin herangewachsen ist, die ihr und den anderen das Siegen in den nächsten Jahren schwer machen wird. Sie weiß auch, dass ihr Sport von solchen Wettkämpfen lebt, dass die, die immer siegen, am Ende nur gähnende Langweile verbreiten. Man könnte das Bild auch als Wachwechsel interpretieren. Von wegen. Kaum hatte Isabell wieder alle vier Zügel in der Hand, ihren Quantaz wach gemacht, kämpfte sie, als ginge es um Gold. Das ist ihre Stärke und deswegen verging keine Dressur-Pressekonferenz in Herning, in der nicht ihr Name fiel, als Vorbild für Generationen junger Dressurreiter, als jemand, der motiviert und nie aufgibt. Die Zukunft von Lottie hat gerade erst begonnen, aber die von Isabell Werth ist auch nach 48 Championatsmedaillen noch nicht zu Ende.

Lotties Leben mit Sirenen

Sie lebt nun schon acht Jahre in Holland, aber Charlotte Fry muss zugeben, dass sie eine Zeitlang brauchte, bis sie sich jenseits des Kanals eingewöhnt hatte. Da waren diese ohrenbetäubenden Sirenen jeden ersten Montag im Monat. Beim ersten Mal stand sie mit ihrem Pferd wie erstarrt in der Halle. Als Lottie ihre Trainerin und Pferdebesitzerin Anne van Olst fragte, was das bedeuten soll, bekam sie zur Antwort: „Das bedeutet, die Deutschen marschieren ein und Du musst ganz schnell nach oben zum Radio laufen und die Durchsagen hören.“ Lottie rannte in ihr Zimmer, alles, was sie hörte, war fetzige Popmusik. What a joke! Sehr sehr witzig!!men’s new jordans release dates | 1576 nike air jordan 1 grises y negras

Gabriele PochhammerHerausgeberin

Herausgeberin des St.GEORG, den sie als Chefredakteurin von 1995-2012 als erste Frau auf dieser Position verantwortet hat. Als Berichterstatterin auf elf Olympischen Spielen und unzähligen Welt- und Europameisterschaften. Erfolgreiche Pferdezüchterin: Der von ihr gezogene Wallach Leonidas II war eines der besten Vielseitigkeitspferde seiner Zeit. Eines der Fachgebiete: internationale Sportpolitik, schreibt für die Süddeutsche Zeitung.