An die Züchter gedacht

Von

Die Züchterprämie, Anerkennung und Mittel zur Motivationssteigerung der Züchter ist das Thema, dessen sich St.GEORG-Herausgeberin Gabriele Pochhammer an diesem Dienstag angenommen hat.

Gestern bekam ich einen Brief von der Deutschen Reiterlichen Vereinigung (FN). Drin war keine Rechnung, sondern ein Scheck über 177 Euro. Das war die Züchterprämie für zwei von mir gezogene Pferde, die sich 2017 mit bescheidenen Erfolgen im Sport getummelt haben. Kein Lottogewinn, aber zu einmal extra Autowaschen innen und außen reicht’s. Und ich habe mich gefreut, dass irgendjemand auch mal an die Züchter all der Pferde im Parcours, in den Dressurvierecken und den Geländestrecken denkt. Ohne uns gäbe es keine Pferde, ohne Pferde keinen Pferdesport. Topreiter können sich vielleicht in Holland, Belgien oder Frankreich mit den entsprechenden Cracks versorgen, Otto Normalreiter kann es nicht, die Basis ist darauf angewiesen, dass auf unseren Weiden genügend Reitpferde heranwachsen. Dass die Haltung einer Mutterstute und das Aufziehen eines Fohlens im Normalfall kein Geschäft ist, schon gar keines, von dem sich leben lässt, hat sich ja inzwischen herumgesprochen. Diese Erkenntnis ist auch an vielen Jungbauern, die jetzt die landwirtschaftlichen Betriebe übernehmen, nicht vorübergegangen. Wenn außer Hof und Land nicht auch die Passion zur Pferdezucht vererbt wurde, dann sind die Stuten schneller abgeschafft, als die nächste Heuernte eingebracht ist. „Allenfalls reicht es dann noch für ein Reitpferd für die Frau“, sagt Dr. Klaus Miesner, der Geschäftsführer der Abteilung Zucht der FN. Die Zahlen sind tatsächlich alarmierend. Um rund ein Drittel ist der Stutenbestand in Deutschland in den letzten 20 Jahren geschrumpft, von 134.048 im Jahre 1995 auf 80.416 im Jahr 2017, nachzulesen im FN-Jahresbericht. Statt 57.299 Fohlen im Jahr 1996 registrierten die deutschen Zuchtverbände 21 Jahre später nur noch 37.080 Fohlen.

Nicht nur Miesner liegt daran, die verbliebenen Züchter bei der Stange zu halten, abgesprungene zurückzuholen und neue zu gewinnen. Dazu soll die Züchterprämie beitragen, sie wurde bereits in den 1920er-Jahren zur Stärkung der deutschen Pferdezucht eingeführt und hat sich bis heute gehalten, wenn auch in immer wieder veränderter Form. Da stellt sich die Frage: Woher kommt eigentlich das Geld für die Züchterprämien?

Es kommt von den Turnierveranstaltern und richtet sich nach dem ausgeschütteten Gewinngeld. Nicht alle sind begeistert über diese Pflichtabgabe. Dazu Volker Wulff, Chef der Veranstaltungsagentur Engarde, unter anderem Veranstalter des Weltcup-Turniers in Leipzig und der Global Champions Tour-Stationen in Hamburg und Berlin: „Auf das Preisgeld, das ich ausschreibe, muss ich zehn Prozent für die FN plus zehn Prozent für die Internationale Reiterliche Vereinigung FEI ansetzen. Das heißt um 100.000 Euro Gewinngeld zu verteilen, muss ich 120.000 aufbringen. Das ist in anderen Ländern teilweise deutlich günstiger, das heißt, die deutschen Veranstalter sind nicht konkurrenzfähig.“ Von den zehn Prozent, die die FN für alle möglichen Dinge kassiert, Verwaltungsaufwand, aber auch für den so genannten Olympiagroschen, gehen 2,5 Prozent in den Topf für die Züchterprämien. Darin sind in diesem Jahr rund 800.000 Euro, die zu verteilen sind. Miesner: „Auch dieser Topf ist kleiner geworden, es waren schon mal zwei Millionen Euro, als die Zahl der Turniere größer war.“

Wie das Geld verteilt wird, ist vielen, auch den Veranstaltern, ein Buch mit sieben Siegeln. Muss es nicht, aber ganz einfach ist es auch nicht. Auf der Webseite der FN wird der Ausschüttungsmodus der Züchterprämie aufgedröselt. Er ist eine Art Mischkalkulation aus Erfolgen bei Bundeschampionaten, internationalen Championaten, Ranglistenpunkten der Weltzuchtorganisation (WBFSH) und Ranglistenpunkten aufgrund von Turniererfolgen in Deutschland. Einbezogen werden auch internationale Erfolge deutscher Pferde unter ausländischen Reitern. Allerdings ist außer bei Olympia und Championaten nicht jeder Erfolg der FN gleich viel wert. 64,08 Prozent des zu verteilenden Geldes geht an die Züchter von Springpferden, 25,94 Prozent in die Sparte Dressur und nur je 3,11 Prozent in die Disziplinen Vielseitigkeit und Fahren. Die Messlatte ist, wie gesagt, der Geldpreis und der ist im Springen mit Abstand am höchsten.

Züchter von Spitzenpferden können auf 12.000 bis 13.000 Euro Prämie kommen. Das System belohnt außergewöhnliche Leistungen, wogegen im Prinzip nichts einzuwenden ist. Doch die meisten Züchter bleiben allenfalls im dreistelligen Bereich. Das Geld macht nicht reich, vielleicht ein bisschen glücklich, gibt aber wohl bei keinem Züchter den Ausschlag, ob er weitermacht oder auch die letzte Stute verkauft. „Ich würde mich schon über ein anerkennendes Schreiben freuen“, sagt Volker Wulf, nebenbei auch ein erfolgreicher Züchter und Aufzüchter. Das gab es in den vergangenen Jahren, in diesem Jahr nicht, weil, laut Miesner, das Computersystem umgestellt wurde. Wir können uns also für 2019 wieder darauf freuen. Aber die Züchterprämie kann durch einen netten Brief nicht ersetzt werden. Schon weil jeder Züchter die kleine Chance sieht, auch einmal zu den fünfstellig Prämierten zu gehören. Die Hoffnung stirbt zuletzt und hat schon manchem Fohlen auf die Welt geholfen.Axel Arigato Men's Bird Tape Sneakers in Cremino, women and kids • Hanbags and accessories | nike air jordan 1 outlet

Gabriele PochhammerHerausgeberin

Herausgeberin des St.GEORG, den sie als Chefredakteurin von 1995-2012 als erste Frau auf dieser Position verantwortet hat. Als Berichterstatterin auf elf Olympischen Spielen und unzähligen Welt- und Europameisterschaften. Erfolgreiche Pferdezüchterin: Der von ihr gezogene Wallach Leonidas II war eines der besten Vielseitigkeitspferde seiner Zeit. Eines der Fachgebiete: internationale Sportpolitik, schreibt für die Süddeutsche Zeitung.