Moment Mal! Besuch auf dem Hof Thormählen

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Moment mal! Die Kolumne von St.GEORG Herausgeberin Gabriele Pochhammer (© Foto Bugtrup/Montage: www.st-georg.de)

Eine Art Vernissage erwartete St.GEORG-Herausgeberin Gabriele Pochhammer kürzlich auf dem Hof Thormählen. Nirgendwo sonst wurden auf so wenigen Quadratkilometern so viele internationale Springpferde hervorgebracht. Zwei ihrer erfolgreichsten Zuchtstuten ehrte die Familie nun mit Gemälden – und gab auch Einblick in die züchterische Zukunft.

Den Hof Thormählen in Langenhals mitten in den Holsteiner Marschen kann man gar nicht verfehlen. Capitol I weist den Weg. Das schneeweiße Abbild des legendären Schimmelhengstes steht im Garten und grüßt herüber zu den Besuchern, die an diesem sonnigen Hochsommernachmittag zu Harm und Ingela Thormählen nach Langenhals gekommen waren: Züchter, Reiter und viele Freunde der Familie Thormählen und des Holsteiner Pferdes, unter den Gästen der zweifache Derbysieger Achaz von Buchwaldt der pferdebegeisterte Journalist Stefan Aust, inzwischen auch Besitzer einer Holsteiner Stute, und Holsteins Zuchtleiter Dr. Thomas Nissen.

Es gab nämlich was zu feiern, eine Art Vernissage: zwei neue Gemälde, geschaffen von der Künstlerin Heike Landherr, die auch Capitol modelliert hat, wurden enthüllt. Sie hängen in der Reithalle, wo schon andere Pferdegrößen der Thormählen-Zucht verewigt sind, auch hier natürlich Capitol I. Neu in der Galerie sind Fein Cera, die Weltmeisterin der Springpferde von 2002 unter Peter Wylde, und die Acord II-Tochter Kaiserkrone, beide aus den bewährten Thormählen’schen Stutenstämmen, die zum Besten gehören, was Holstein zu bieten hat. Wir befinden uns züchterisch gesehen auf historischem Boden: „Nirgendwo in der Welt sind auf einem Areal von ein paar Quadratkilometern so viele internationale Sportpferde geboren“, sagt Harm Thormählen stolz.

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Die Gäste vor dem Gemälde von Fein Cera. V. l. n. r.: Malerin Heike Landherr, Ingela Thormählen, Harm Thormählen, Pato Muente (Derbysieger 2017 mit Fein Ceras Tochter Zera), Philipp Baumgart. (© St.GEORG)

Von der Landwirtschaft zum Sport

Es ist 500 Jahre her, dass die Thormählens aus Holland eingewandert sind. „Das Land musste der Elbe abgerungen werden“, erzählt Harm, „unsere Vorfahren waren Kämpfer, viele Deichgrafen darunter.“ Der Hof ist seit 1561 der Familie; 1647, ein Jahr vor dem Ende des 30-jährigen Krieges, wurde neu gebaut. „Und das Mauerwerk steht bis heute.“ Pferde gab es natürlich immer auf dem Hof, geformt von der harten Arbeit auf den schweren Böden. „Das waren starke Charaktere, die Pferde mussten knochenhart arbeiten.“ Kein Platz für Drückeberger also. Hengste wie Mackensen und Makler, bis heute in vielen Holsteiner Pedigrees zu finden, wurden hier von Harms Großvater Ferdinand gezüchtet.

Und doch gab es einen großen Schnitt. Harms Vater Rheder Thormählen erkannte in den 50er-Jahren, dass die Zukunft der Pferdezucht nicht mehr in der Landwirtschaft lag sondern im Sport. Er trennte sich von seinen alten Stutenlinien, die zum Teil seit Generationen auf dem Hof waren, weil sie den neuen Anforderungen des Sportes nicht genügten. Stattdessen erwarb er Sport-erfolgreiche Stuten, wie die Ramzes-Tochter Retina, die mit sieben Jahren unter Fritz Thiedemann das Hamburger Springderby gewonnen hatte, und die Galvani-Tochter Gera. Sie gewann unter Harm Nationenpreise und Sb-Springen, wurde verkauft und kam nach ihrer Sportkarriere zurück nach Langenhals in die Zucht. Zu den Nachfahrinnen von Retina und Gera zählen auch Fein Cera und Kaiserkrone, die Models der neuen Gemälde, fliegend über dem Sprung.

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Das Gemälde von Kaiserkrone. (© St.GEORG)

Eine Legende: Capitol I

Retinas Enkel Capitol, auf den Angloaraber Ramzes ingezogen, gehört zu den Holsteiner Stempelhengsten Ende des 20. Jahrhunderts. Ein Drittel der Springpferde bei den Olympischen Spielen in Rio führte ihn im Pedigree. „Er hat den Springsport weiß gemacht“, sagte der holländische Journalist Jac Remijnse über die Zuchtlegende. „Mindestens 50 Prozent aller Schimmel im Springsport führen Capitol-Blut.“ Und in Holstein noch viel mehr.

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Der Holsteiner Hengst, der den Springsport eins weiß färbte: Capitol I. (© Janne Bugtrup)

Züchten heißt ja bekanntlich, in Generationen zu denken. Bei Thormählens sind es sechs Generationen von der Stammmutter Gera zur Derbysiegerin 2017, Zera v. Cero, eine Enkelin von Fein Cera, deren Reiter Pato Muente auch nach Langenhals gekommen war. Aber weil Züchten eben auch heißt, nach vorne zu blicken und nicht im Gestern zu verharren, hatten auch die zukünftigen Generationen ihren Auftritt. Ingela Thormählens Neffe Philipp Baumgarten, der designierte Hofnachfolger, präsentierte die Jugend: Stuten mit ihren Fohlen, galoppierten durch den Ring, wie zufällig stand da auch ein Cavaletti und man sah schnell, dass beim Nachwuchs das Springblut pulsiert. Obwohl das mit Springen ja nichts zu tun habe, wie Harm eilig erklärte. Fohlenspringen ist bekanntlich verpönt, „aber über eine Stange galoppieren kann schließlich nicht schaden.“

Familie Thormählen hält durch

Gut zu wissen, dass ach die nächste Generation Talent hat. Die Zeiten sind auch in Holstein nicht einfacher geworden. „Viele Landwirte geben auf“, sagt Harm, „andere werden größer und haben für die Pferde keine Zeit mehr. Aber wir halten durch.“ Und dabei blickt er einen älteren Herrn an, Professor Schmidt, der so erfolgreiche Pferde wie Corradina gezüchtet hat, Weltspitze unter Carsten-Otto Nagel. Eine halbe Stunde zuvor hatte Hartwig Schmidt mir strahlend erzählt, dass es ihm gelungen ist, sieben Portionen von Heraldik xx zu ergattern, dem erfolgreichsten Blüter der letzten 20 Jahre, Vater von Olympiasiegern und Weltmeistern. „Ich möchte doch noch mal ein internationales Buschpferd züchten“, sagte er. Züchten heißt eben auch, den Blick immer wieder in die Zukunft zu richten.men’s jordan retro 13 release date | mens jordan shoes release dates

Gabriele PochhammerHerausgeberin

Herausgeberin des St.GEORG, den sie als Chefredakteurin von 1995-2012 als erste Frau auf dieser Position verantwortet hat. Als Berichterstatterin auf elf Olympischen Spielen und unzähligen Welt- und Europameisterschaften. Erfolgreiche Pferdezüchterin: Der von ihr gezogene Wallach Leonidas II war eines der besten Vielseitigkeitspferde seiner Zeit. Eines der Fachgebiete: internationale Sportpolitik, schreibt für die Süddeutsche Zeitung.