Reiten nach Zahlen

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Moment mal! Die Kolumne von St.GEORG Herausgeberin Gabriele Pochhammer (© Foto Bugtrup/Montage: www.st-georg.de)

Die Statistik als Trainingshelfer – das klingt für Vielseitigkeitsreiter nicht unbedingt einladend. Aber der jetzt von der Internationalen Reiterlichen Vereinigung (FEI) vorgestellte „Horse Form Index“ (HFI) könnte helfen, das Geländereiten sicherer zu machen.

Für einen Sport, der nach jedem Unfall erneut in Erklärungsnöte kommt, ist jede Maßnahme, die die Sicherheit erhöht, erstmal willkommen. Dass der Horse Form Index (HFI) Risiken minimieren kann, davon ist die FEI-Arbeitsgruppe „Risk Management“ überzeugt, die das Bewertungssystem in den letzten fünf Jahren getestet und jetzt Reitern, Trainern und Offiziellen zugänglich gemacht hat. Entwickelt wurde es von der in Irland ansässigen Firma Equirating in Zusammenarbeit mit dem irischen WM-Zweiten (Team) von 2018, Sam Watson.

So funktioniert’s

Es geht allein um das Geländeergebnis eines Reiter/Pferde-Paares in den letzten Prüfungen. Für jeden Geländeritt ab Zweisterne-CCI aufwärts werden gestaffelt nach Schwierigkeitsgrad der Prüfung Punkte vergeben, für Nullrunden Pluspunkte, für Ritte mit einem oder mehreren Versehen Minuspunkte.

Der so errechnete Punktwert wird in ein Buchstaben-Bewertungssystem ähnlich dem englischen Schulnotensystem oder auch nach der bekannten A++ bis E-Skala bei Elektrogeräten umgewandelt. Also A++ heißt: „hervorragend vorbereitet“, E heißt „den Anforderungen nicht gewachsen“.

Die Kurve muss nach oben zeigen

Reitmeister Martin Plewa, langjähriger FEI-Richter und früherer Bundestrainer, der unter anderem die deutschen Vielseitigkeitsreiter 1988 in Seoul zu Olympiagold führte, begrüßte den Formindex. „Das ist schon eine große Datenmenge, die in den letzten fünf Jahren ausgewertet wurde. Auch wenn ich kein Statistiker bin, halte ich sie für aussagekräftig“ so Plewa. „Der Ansatz ist richtig und ich kann ihn aus meinen Erfahrungen bestätigen.“

Er wünschte sich eine noch deutlichere Formulierung, in welchen Zeitraum die Geländeleistungen erbracht werden müssen, um in den Index einzufließen. Die Rede ist etwas verschwommen von „recent results“. Es zählen mindestens drei bis vier, maximal sechs bis acht Ergebnisse.

„Nach meinen Erfahrungen sind vor allem die neuesten Ergebnisse aussagekräftig“, sagt Plewa. Resultate, die ein Jahr zurücklägen, seien kaum noch relevant. „So sind wir auch immer bei den Teamnominierungen vorgegangen. Es nützt nichts, wenn einer vor einem Jahr sehr gut war, aber danach zweimal hingefallen ist. Denn Stürze und Verweigerungen wirken sich auch auf die Psyche aus.“ Die Kurve muss nach oben zeigen, nicht nach unten.

Eigenverantwortung bleibt

Plewa begrüßt es, dass der HFI nur einen Hinweis liefert, für den Reiter, die Richter und die jeweilige FN. Startgenehmigungen sollen davon nicht abhängig gemacht werden, auch hat der HFI keinen Einfluss auf die Grundqualifikation für Championate, die „Minimum Eligibility Requirements (MER)“, ohne die ein Reiter zum Beispiel nicht für Olympische Spiele nominiert werden kann.

Ob das Bewertungssystem wirklich taugt, wird die Zukunft zeigen müssen. Die Erprobungsphase lieferte bereits einige Anhaltspunkte. „Nach Auswertung im FEI-Entry-System hat Equirating bereits eine Einstufung vorgenommen und die nach ihrer Meinung wenig bzw. nicht qualifizierten Paare der FEI benannt,“ so Plewa.

Die FEI hat die Informationen dem Technischen Delegierten (TD) weitergegeben, der sie wiederum an die Jury weitergegeben hat. Ein Reiter, der mit einem niedrigen HFI antritt, steht also unter besonderer Beobachtung. Die Vorhersagen über die risikobehafteten Ritte trafen übrigens nur gelegentlich zu. So einfach ist es also nicht.

Martin Plewa erklärt sich das mit den unterschiedlichen Geländeanforderungen. Ob ein Kurs extrem schwer oder besonders leicht für seine Klasse ist, kann der HFI nicht prophezeien. Bei einem sehr schweren Kurs können auch A++-Musterschüler in Bedrängnis kommen, bei einem sehr leichten Kurs schaffen es auch D-Reiter. Logisch. Auch diese Statistik ist schließlich kein Orakel. „Die in der Probephase von Equirating benannten Reiter und der Veranstalter wurden übrigens vorab nicht informiert, es blieb bei einer vertraulichen Info an TD und Richter. Dies ist ja jetzt sehr öffentlich und transparent, was ich auch gut finde“, sagt Martin Plewa.

Im Prinzip kann jeder, den es interessiert, für jeden Reiter und jedes Pferd anhand der FEI-Datenbank den HDI selbst berechnen. Die Punktetabelle findet man auf der FEI-Seite.

Natürlich entlässt der Horse Form Index den Reiter nicht aus seiner Verantwortung, selbst die aktuelle Form seines Pferdes zu beurteilen. Das kann ihm am Ende niemand abnehmen und das ist gut so.Air Jordan 1 Outlet Store | mens jordans release dates 2023

Gabriele PochhammerHerausgeberin

Herausgeberin des St.GEORG, den sie als Chefredakteurin von 1995-2012 als erste Frau auf dieser Position verantwortet hat. Als Berichterstatterin auf elf Olympischen Spielen und unzähligen Welt- und Europameisterschaften. Erfolgreiche Pferdezüchterin: Der von ihr gezogene Wallach Leonidas II war eines der besten Vielseitigkeitspferde seiner Zeit. Eines der Fachgebiete: internationale Sportpolitik, schreibt für die Süddeutsche Zeitung.