Herpes: keine Impfpflicht mehr für Turnierpferde ab 15. April 2024

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Ab dem 15. April 2024 wird die Impfpflicht gegen Herpes für Turnierpferde in Deutschland keinen Bestand mehr haben. (© St.GEORG)

Die Impfpflicht gegen Herpes für Turnierpferde ist Geschichte. Der Beirat Sport der Deutschen Reiterlichen Vereinigung (FN) hat entschieden, zur Empfehlung der Impfung wie sie bis 2022 bestand, zurückzukehren.

Keine Impfplicht gegen Herpes für Turnierpferde! Ab dem 15. April 2024 gilt für Pferde, die auf deutschen Turnieren an den Start gehen, wieder die Regelung, wie sie bis 2022 Praxis war: Demnach wird eine Impfung gegen das Herpesvirus (EHV1) zwar empfohlen, ist aber nicht mehr verpflichtend. Das hat der Beirat Sport der FN entschieden. Mehr als 200 Mitglieder des Gremiums waren um ihr Votum gebeten worden, nachdem der weltweite Alleingang der Deutschen Reiterlichen Vereinigung, die 2023 eine verpflichtende Impfung für die Turnierteilnahme beschlossen hatte, für Unmut gesorgt hatte. Nun haben sich 76 Prozent im Beirat Sport gegen die Impfpflicht ausgesprochen. Die Impfung wird aber weiterhin empfohlen.

Herpes Impfpflicht für Turnierpferde ist Geschichte

Generalsekretär Soenke Lauterbach erläutert in einer Pressemitteilung, warum die FN sich damals für die verpflichtende Impfung im Regelwerk ausgesprochen hatte: „Als wir die Impfpflicht eingeführt haben, sind wir davon ausgegangenen, dass der Weltreiterverband und andere Nationen mitziehen werden. Das ist aber nicht der Fall. Auch der Weltreiterverband verzichtet nach wie vor auf eine Impfpflicht. Zugleich spüren die Landesverbände einen anhaltenden Widerstand in der Mitgliedschaft gegen die Impfpflicht. Mit unserer erneuten Abstimmung reagieren wir auch auf aktuelle Entwicklungen wie beispielsweise die hohe Inflation der vergangenen Jahre oder die neue Gebührenordnung für Tierärzte“.

Empfehlung der Impfung gegen Herpes für Turnierpferde bleibt bestehen

Lauterbach verweist darauf, dass laut Ständiger Impfkommission Veterinärmedizin (StIko Vet) die Impfung gegen Herpes zu den „Core- Komponenten“ gehört. „Daher bleibt die Empfehlung zur Impfung auch ganz klar bestehen“, so der FN-Generalsekretär. „Lediglich die Entscheidung darüber bleibt nun wieder jedem Pferdebesitzer eigenverantwortlich selbst überlassen.“

Unter dem Eindruck des Seuchengeschehens vor allem im spanischen Valencia, wo 2021 Turnierpferde an den Folgen einer Herpesinfektion  gestorben waren, hatte die FN als erster Sportverband weltweit eine Impfpflicht gegen Herpes ins Regelwerk aufgenommen. Der Unmut über diese Entscheidung war noch einmal stärker geworden, als mit der neuen Leistungsprüfungsordnung (LPO 2024) auch Ponys und Pferde, die in E-Prüfungen an den Start gehen sollten, von der halbjährlichen Pflichtimpfung betroffen waren.

Zu den Hintergründen der Entscheidung

Letztlich sei die Entscheidung pro Impfpflicht im Jahr 2021 vor dem Hintergrund des EHV-1 Ausbruchs in Valencia getroffen worden. Damals kamen 19 Pferde ums Leben. „Die Folgen waren massiv“, so die FN. Im Frühjahr 2021 habe die FN viele Nachrichten von Mitgliedern erhalten, die die Einführung der Herpesimpfpflicht gefordert hatten.

Das ist nun drei Jahre her. Inzwischen hat die Stimmung sich verändert. „Als der Beirat Sport im Sommer 2021 die Entscheidung für eine Impfpflicht getroffen hat, waren die Rahmenbedingungen noch ganz anders. Heute würde die Entscheidung über eine Impfpflicht wahrscheinlich anders aussehen, das hat ja unsere erneute Abstimmung auch gezeigt“, sagt Soenke Lauterbach zu den Hintergründen.

Die FN habe den Widerstand aus den Landesverbänden gespürt und das habe „natürlich auch eine Rolle bei der jetzigen Entscheidung gespielt“, heißt es aus Warendorf. Die Vorteile einer Impfung könnten nur dann erreicht werden, wenn „alle mitziehen“.

Auch der Rückgang des Turniersports sei ein Argument gewesen. „Fakt ist, dass sich der Turniersport nach Corona nicht so erholt hat wie es in anderen Sportarten der Fall ist. Wir haben einen Rückgang der Veranstaltungen um rund vier Prozent, aber einen Rückgang der Starts um mehr als 17 Prozent seit 2019. Das zeigt also, dass weniger Reiter zum Turnier fahren. Dafür gibt es mehrere Gründe. Uns wurde vielfach von der Basis widergespiegelt, dass die Herpesimpfpflicht ein wichtiger Grund dafür ist.“ Was nicht stimme, sei die Behauptung, dass die FN durch die Herpesimpfungen zusätzliche Einnahmen generieren konnte. Man habe sich lediglich darum bemüht, für ausreichend vorhandenen Impfstoff zu sorgen.

Wer sein Pferd nur deshalb geimpft hat, um weiter Turniere reiten zu können, kann nicht mit einer Kostenerstattung rechnen. Auch wenn die Impfung nicht mehr verpflichtend ist, sei sie „nach wie vor empfohlen und sinnvoll“.

Jan TönjesChefredakteur

Chefredakteur ab 2012, seit 2003 beim St.GEORG. Pferdejournalist seit 1988. Nach Germanistik/Anglistik-Studium acht Jahre tätig bei öffentlich rechtlichem Rundfunk, ARD, SFB, RBB in Berlin. Familienvater, Radiofan, TV-erfahren, Moderator, Pferdezüchter, Podcasthost, Preise: Silbernes Pferd, Alltech Media Award. Präsident Internationale Vereinigung der Pferdesportjournalisten (IAEJ).

  1. Jana

    Warum genau jetzt, wo die meisten schon geimpft haben? Weil reihenweise Prüfungen ausfallen? Weil teilweise ganze Vereinsturniere ausfallen, weil kaum eine Prüfung über 10 Nennungen kommt? Vermutlich wird dies jetzt nur auf Druck der Vereine und Veranstaltrer ruckartig beschlossen. Die Teilnehmer hätten sich gefreut wenn es schon im Herbst oder Winter beschlossen worden wäre, statt genau zum Start der Saison, wo die allermeisten schon 300€ pro Pferd für die Impfung versenkt haben. Das Geld hätte ich wirklich gern zurück. Bin mal gespannt, ob sich da Anwälte mit befassen werden.

    • Claudia R.

      Ich bedauere die Entscheidung der FN, zumal sie offenbar aus rein monetären Gründen getroffen wurde (Logik: Weniger Impfungen weil zu teuer, weniger Turniermeldungen, weniger Beiträge für die FN). Bei der Stiko lässt sich nachlesen, warum die Impfung (und zwar 2x jährlich) anzuraten ist. Bleibt zu hoffen, dass die Tierarztgebührenerhöhung sich wieder einfangen lässt. Ansonsten wundere ich mich noch, dass 200 Euro und mehr für Handlungen am Pferd mehrfach pro Jahr ausgegeben werden (Osteo, Physio, Magnetresonanz…, Reizstromimpulse oder ähnlich), aber sehr oft liegt beim Anbieter überhaupt keine fundierte Ausbildung vor. Beim Impfen ist der Geldbeutel dann plötzlich verschlossen. Übrigens: Ich lasse seit Jahrzehnten gg. Herpes Impfen, obwohl ich inzwischen nicht mehr an Wettbewerben teilnehme. Und eine Impfpflicht am Stall sorgt für eine fast 100%ige Impfdecke – und darüber waren wir dieses Jahr im Rheinland froh, denn es gab mehrere betroffene Ställe und Herpes-Todesfälle in der Region.

  2. Günter Zachmann

    Claudia R. hat recht. Ist auch meine Meinung.
    Und außerdem: Was ist, wenn ein Veranstalter in seiner Ausschreibung auf Herpesimpfung besteht.

  3. Julia

    Ich finde es gut, dass die Impfpflicht aufgehoben wurde .Kenne so viele Pferde, die die Impfung schlecht vertragen. Ich bin auch gegen die Influenza- Impfung alle sechs Monate und Tetanus alle zwei Jahre, während wir Menschen uns jährlich gegen Grippe und alle zehn Jahre gegen Tetanus impfen sollen. Jeder der impfen möchte, soll das gerne weiterhin tun, aber die Impfpflicht finde ich nicht gut.
    Ich stand schon in Ställen mit Herpes Impfpflicht, da wurde glaube ich jährlich geimpft. Warum reicht das nicht, warum muss man die Pferde zweimal jährlich so stark belasten?


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