Trotz IOC-Empfehlung: FEI lässt weiterhin keine russischen und weißrussischen Athleten auf internationalen Turnieren zu

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FEI Ukraine

FEI Ukraine

Das Internationale Olympische Komitee (IOC) unter Führung des Deutschen Thomas Bach hatte Ende März internationalen Sportverbänden empfohlen, die Sanktionen gegen Athleten aus Russland und Weißrussland unter bestimmten Voraussetzungen aufzuheben. Dem wird der Weltreiterverband FEI nicht folgen.

Was 2022 noch ein „Verbot“ der Teilnahme von Reitern, Pferden und Offiziellen aus Russland bzw. Weißrussland sowie FEI-Turnieren im Staatsgebiet der Kriegstreiber und -unterstützer war, sind nun „protective measures“, also Schutzmaßnahmen. Der Inhalt bleibt aber der gleiche: Wie der FEI Vorstand am 4. April im Rahmen einer Telefonkonferenz beschlossen hat, bleiben die oben genannten Maßnahmen weiter in Kraft. „Der FEI-Vorstand hat sich getroffen, um den am 28. März vom IOC empfohlenen Rahmen für die Rückkehr neutraler Athleten aus Russland und Weißrussland zu diskutieren“, so FEI-Präsident Ingmar de Vos.

Zum Hintergrund: Das IOC ist der Ansicht, russischen und weißrussischen Sportlern solle erlaubt werden, unter neutraler Flagge wieder an Sportereignissen teilnehmen zu dürfen, sofern sie keine aktiven Unterstützer des Angriffskrieges gegen die Ukraine sind. Begründet wird das zum einen mit der viel zitierten politischen Neutralität des IOC und zum anderen mit den Empfehlungen zweier UN-Sonderberichterstatterinnen, die den Ausschluss von Athleten aufgrund ihrer Herkunft als Diskriminierung bezeichnet haben.

Bei der Diskussion geht es natürlich vor allem auch um die Frage, wie es um die Teilnahme russischer Sportler bei den Olympischen Spielen 2024 bestellt ist. Ingmar de Vos: „Während das IOC noch keine Entscheidung über die Teilnahme russischer und weißrussischer Athleten an den Olympischen Spielen 2024 in Paris getroffen hat, ist der FEI-Vorstand der Ansicht, dass zum jetzigen Zeitpunkt die Neutralität (s. o. nicht ausreichend) definiert und bewertet werden kann. Der Vorstand war sich einig, dass die FEI nicht über die notwendigen Instrumente verfügt, um die Teilnahmebedingungen für einzelne neutrale Athleten und Betreuer in fairer und objektiver Weise zu bewerten, wie es in den Empfehlungen des IOC vorgesehen ist.“

Von daher sei es allen russischen und weißrussischen Athleten, Pferden und Offiziellen weiterhin untersagt, an FEI-Veranstaltungen teilzunehmen. In Übereinstimmung mit den vom IOC verhängten Sanktionen können keine in Russland und Weißrussland organisierten FEI-Veranstaltungen in den FEI-Kalender für 2023 aufgenommen werden. Alle Offiziellen-Lehrgänge sowie alle anderen FEI-Aktivitäten, die 2023 in Russland und Weißrussland stattfinden sollten, wurden abgesagt oder verlegt und alle FEI-Solidaritätsprojekte in Russland und Weißrussland bleiben eingefroren.

„Der Vorstand bekräftigt seine volle Unterstützung für das ukrainische Volk, das so sehr gelitten hat, und sagt der ukrainischen Reitsportgemeinschaft seine fortgesetzte Solidarität und Unterstützung durch den FEI Solidarity Relief Fund zu“, so Präsident De Vos abschließend.

Nationenwechsel bei Pferden und Reitern

Was die FEI den russischen und weißrussischen Pferdesportlern allerdings nicht verbietet, ist zum Beispiel eine andere Nationalität anzunehmen, mit der sie ihren Sport ganz normal weiter ausüben können. So wurde zum Beispiel der Springreiter Egor Shchibrik in die Young Riders Academy aufgenommen, der bis Ende Oktober noch für seine Heimat Russland ritt, nun aber unter der Flagge Palästinas antritt.

Ein anderes Beispiel ist Frederic Wandres‘ Erfolgspferd Bluetooth. Der Oldenburger Wallach war als junges Pferd an die Kasselmann-Stammkundin Elena Knyginicheva verkauft worden, auch sie russischer Herkunft. Damit der Bordeaux-Sohn weiterhin auf Turnieren starten darf (was er allerdings von Anfang an immer mit deutschen Reitern getan hat), wechselte er Anfang März 2022, also kurz nach Bekanntgabe der FEI-Sanktionen gegen Russland, offiziell in der FEI-Datenbank wieder in den Besitz des Hofes Kasselmann, also in deutschen Besitz.

Dominique WehrmannRedakteurin

Studierte Politologin, seit 2006 bei St.GEORG. Als Jugendliche Dressurtraining bei Hans-Georg Gerlach, Michael Settertobulte und Reitmeister Hubertus Schmidt und das auf einem selbstgezüchteten Pferd. Verantwortet die Bereiche Spitzensport und Pferdezucht. Im Presseteam des CHIO Aachen und der Pferdemesse Equitana, hat für den NDR im Fernsehen kommentiert.

  1. Jo Reinbacher Dr.

    Warum kann denn Sport nicht ohne Politik auskommen und was kann ein:e Sportler:in für die Gegebenheiten in seinem/ihrem Land?
    Unter neutraler Flagge zu starten? Warum denn? Seit wann richten wir Pferdesport, der immer schon mit friedvollen Emotionen verbunden ist, menschlichem Versagen und Herrschaftsverhältnissen nach aus?
    Wir sind Menschen, egal, welcher Nation zugehörig. Unsere Pferde und Teampartner hätten Offenheit und Toleranz und Geduld und alle diese Weisheit…

  2. Ellen

    Im Grundsatz begrüße ich diese Entscheidung. Wer als Russe über die finanziellen Mittel/Möglichkeiten verfügt, im Reitsport intl. unterwegs zu sein, egal ob als Pferdeeigentümer/in oder Reiter/in, kann m.E. kein Kritiker Putins sein. Und wer diesen Menschen und sein Regime unterstützt, hat nichts auf Turnierplätzen verloren. Dass allerdings Nationenwechsel erlaubt sind…tja, damit macht sich die FEI leider völlig unglaubwürdig – schade.

    • Andrea

      Dann dürfte auch kein Amerikaner mehr irgendwo starten, wenn man die vielen Kriege und Menschenrechtsverletzungen entsprechend in Rechnung stellt.

  3. Janny

    Und da ist sie wieder, die die Kriegsverbrechen der RU relativieren will. Gelingt längst nicht mehr. Und auch das letzte Wort über die amerikanischen Kriegseinsätze ist noch nicht gesprochen. aber hier und jetzt geht es um Putler und seine Schweinerei.


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