Zum Tode von Breido Graf zu Rantzau – immer mitten drin

Von
Pferdesport

Breido Graf zu Rantzau 1987 (© www.toffi-images.de)

Er war der Schrecken aller Kleingeister, vor allem, wenn sie auf Funktionärssesseln saßen. Er nahm kein Blatt vor den Mund und fand doch immer den richtigen Ton, egal, mit wem er es zu tun hatte. Er war Gentleman und Pferdemensch zugleich und hatte viel von dem, was man heute emotionale Intelligenz nennt: Interesse an dem Menschen, mit dem er gerade sprach und ein Gespür für dessen Befindlichkeiten. Deswegen trägt die Pferde-Szene heute Trauer über den Tod des FN-Ehrenpräsidenten Breido Graf zu Rantzau.

Er hatte noch so viel vor und er hat gekämpft bis zuletzt, um die tückische Krankheit in ihre Grenzen zu weisen. Am Ende ließ sie ihn nicht los. Sonntagmorgen, am 6. November 2022, erlag Breido Graf zu Rantzau seinem Krebsleiden, nur 73 Jahre alt. Er war so vielen Menschen so vieles, dass eine Aufzählung seiner Ehrenämter, die er über Jahrzehnte mit großer Verve ausfüllte, nicht ausreicht, um den Mann zu beschreiben, der 16 Jahre lang der Deutschen Reiterlichen Vereinigung (FN) als Präsident vorstand, der den Verband der Holsteiner Züchter 21 Jahre lang leitete, sich darüber hinaus in der Kirchen und Gemeindearbeit engagierte. Nie hat ein Reiterpräsident vor ihm und womöglich auch nicht nach ihm so komplett das verkörpert, was man unter einem „Horseman“, einem Pferdemann, versteht.

Er kannte den Sport und die dazugehörige Zucht in all ihren Facetten. Aufgewachsen in der ländlichen Reiterei ritt er mit 16 seine ersten Deutschen Meisterschaften der Junioren (in der Dressur!), wurde Dritter. Seinen letzten Parcours absolvierte er mit 60 Jahren. Dazwischen lagen zahlreiche Podiumsplätze bei Nachwuchschampionaten, 1967 wurde er auf Weintraube Europameister. Ein Highlight der Seniorenkarriere war der fünfte Platz beim Hamburger Spring-Derby im Jahre 1985.

Als Holsteiner Jung lag ihm natürlich auch die Pferdezucht zwischen den Meeren besonders am Herzen, auch wenn die alteingesessenen Züchter in den Marschen erst überzeugt werden mussten, dass der junge Mann aus selbstbewusstem Holsteiner Uradel, der im Familiensitz Breitenburg bei Itzehoe residierte, doch eigentlich einer von ihnen war. Insgesamt gingen aus der Breitenburger Zucht 60 eingetragene Turnierpferde mit teils internationalen Erfolgen hervor.

Von 1986 bis 2007 leitete Breido Graf zu Rantzau den Holsteiner Verband als erster Vorsitzender. Von 1999 bis 2005 war er Vizepräsident des Weltzuchtverbandes WBFSH. 2005 wurde der diplomierte Betriebswirt zum Präsidenten der Deutschen Reiterlichen Vereinigung (FN) gewählt, eine Zeit, in der es erhebliche Meinungsverschiedenheiten zwischen dem Dachverband und den „Landesfürsten“, das heißt den Vorsitzenden der Landesverbände, gab. Dabei kamen Graf Rantzau zwei Eigenschaften zugute, die sein langjähriger Freund, der frühere Championatsreiter Dr. Michael Rüping so beschreibt: „Breido konnte einerseits sehr direkt sein, nahm kein Blatt vor den Mund, auf der anderen Seite konnte er Leute zusammenbringen und Gräben überwinden. Das ist eine große Gabe. Er war sehr gefühlvoll und emotional, übrigens auch als Reiter.“ Rüping und Graf Rantzau gingen schon zusammen in Itzehoe zur Schule und blieben ein Leben lang eng verbunden.

Eine so lange Funktionärskarriere hat natürlich ihre Höhen und Tiefen. Highlight waren die Weltreiterspiele 2006 in Aachen, die einzige Erfolgsgeschichte, die bei diesem Mammut-FEI-Event je geschrieben wurde. Der Tiefpunkt waren die Medikations-bzw. Dopingfälle bei den Olympischen Spielen in Hongkong 2008, als auf einmal der ganze Springsport und die deutschen Verbandsoberen am Pranger standen. Noch lange bedrückte ihn die Geschichte um Christian Ahlmann, der als Dopingsünder abgestempelt und länger gesperrt wurde als vier andere Reiter, die exakt das gleiche getan, nämlich ihren Pferden die verbotene Substanz Capsaicin verabreicht hatten. Dass er zugelassen hat, dass die FN gegen ihren eigenen Reiter beim Sportgericht CAS vorging, bereute er bis zuletzt. „Das hat das Vertrauen in uns Funktionäre schon sehr beschädigt. Es war der größte Fehler meiner Amtszeit“, sagte er und fuhr persönlich zu Ahlmann, um die Sache zurecht zu rücken.

Noch mehr als seine Vorgänger musste sich Graf Rantzau gesellschaftlichen und politischen Themen stellen. Er sah das Problem, Spitzenpferde im Lande zu halten, und gehörte zu den Gründervätern der Stiftung Deutscher Spitzenpferdesport im Jahre 2013, für die er Förderer und Sponsoren gewinnen konnte. Er wusste gleichzeitig, wie wichtig der Breitensport für den gesamten Pferdesport ist, kämpfte erfolgreich gegen die Pferdesteuer und die unkontrollierte Ausbreitung des Wolfes und konnte gemeinsam mit den Warendorfer Hauptamtlichen während des Corona-Lockdowns Sonderregelungen für den Pferdesport erwirken.

2020 zwangen ihn die Anzeichen seiner Krankheit zum Rückzug. Er stellt sich 2021 nicht mehr zur Wahl, präsentierte aber seinen Wunschkandidaten Hans-Joachim Erbel, der ein halbes Jahr später zum Nachfolger gewählt wurde. Zum Abschied bekam Graf Rantzau die höchste Auszeichnung, die der Verband zu vergeben hat, das Deutsche Reiterkreuz in Gold mit Brillanten.

Journalisten, die den Präsidenten anriefen, wussten, sie bekommen eine vernünftige, ehrliche Antwort. Wer bei einem internationalen Championat schon von weitem die Wolke aus roten Polos mit „Germany“ auf dem Rücken sah, wusste, der Präsident ist mitten drin. Er saß auf der Tribüne, hielt seinen Reitern egal welcher Disziplin die Daumen. Er ermunterte, tröstete, feuerte an und ließ keinen allein. Und deswegen werden ihn unglaublich viele Menschen vermissen.

www.toffi-images.de

Immer mittendrin: Breido Graf zu Rantzau (© www.toffi-images.de)

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Gabriele PochhammerHerausgeberin

Herausgeberin des St.GEORG, den sie als Chefredakteurin von 1995-2012 als erste Frau auf dieser Position verantwortet hat. Als Berichterstatterin auf elf Olympischen Spielen und unzähligen Welt- und Europameisterschaften. Erfolgreiche Pferdezüchterin: Der von ihr gezogene Wallach Leonidas II war eines der besten Vielseitigkeitspferde seiner Zeit. Eines der Fachgebiete: internationale Sportpolitik, schreibt für die Süddeutsche Zeitung.

  1. Helmold Baron von Plessen

    Ein ganz grosses Dankeschoen fuer diesen mit so viel Einfuehlungsvermoegen formulierten Nachruf auf einen Menschen, den auch ich sehr vermissen werde. Treffender haette man seine Persoenlichkeit, sein Engagement bezueglich der Werte, die er in den Bereichen des Pferdesport’s und der Pferdezucht vertrat und darueber hinaus in zahlreichen anderen des oeffentlichen Lebens, nicht beschreiben koennen.


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