„Club der Besitzer von Vielseitigkeitspferden“: Das Wir-Gefühl schmieden

Von
Moment mal_Gabriele Pochhammer

Gabriele Pochhammer, Herausgeberin St.GEORG (© Toffi)

Am letzten Märzwochenende werden nicht nur die Uhren umgestellt. Auch in der Vielseitigkeit soll ein Schalter umgelegt werden. Pferdebesitzer, Züchter und andere Freaks bei der Stange halten – dafür will sich der „Club der Besitzer von Vielseitigkeitspferden (CBS)“ künftig einsetzen. Am 24./25. März stellt er sich in Luhmühlen vor.

Damit unser Pferdesport blüht und gedeiht und möglichst vielen Leuten Spaß macht, braucht es bekanntlich mehr als Pferde und Reiter. Es braucht auch mehr als die mit dem Modewort „Social License“ beschriebene Akzeptanz der Gesellschaft. So wichtig die sein mag, sie ist nicht alles. Meine Mathelehrerin hätte gesagt, letztere ist eine notwendige, aber keine hinreichende Bedingung. Sie würde gar nichts nützen, wenn die Akteure nicht selber Freude an dem Sport mit Pferden hätten. Die Akteure, das sind neben Pferden und Reitern die Grooms, oft die wahren Bezugspersonen für die Pferde. Die Veranstalter, ohne die es keine Turniere gäbe, die Funktionäre, damit alles reibungslos läuft, die Sponsoren, ohne die das alles nicht zu bezahlen wäre, die Ausbilder und Trainer, ohne die kein Mensch vernünftig reiten lernen würde. Ja, und die Besitzer und Züchter, ohne die es nämlich keine Pferde gäbe. Sie führen im nationalen Reitsport, dort, wo sich die meisten Turnierreiter tummeln, ein Schattendasein oder, wenn es sich um familieneigene Besitzer handelt, die Existenz von dringend benötigten, aber gerne herumgeschickten TT (Turniertrotteln). Sie sitzen selten im VIP-Bereich und sind froh, wenn „ihr“ Reiter ein Besitzerbändchen für sie ergattert.

Auch das ist mal wieder in England anders. Man kommt gar nicht umhin, über den Kanal zu schauen, wenn es um den Vielseitigkeitssport geht. Hier wird, wie im Rennsport, der Besitzer zuerst genannt, der Züchter allerdings nur sehr selten. Dabei sind doch wir Züchter die eigentlichen Sponsoren dieses Sports, tragen das größte Risiko und geben erstmal viel Geld aus, damit so ein Wunschfohlen gesund erwachsen wird, bevor es den Besitzer wechselt. Zumindest in der Vielseitigkeit soll sich das jetzt ändern.

Idee von Insidern: „Club der Besitzer von Vielseitigkeitspferden“

Hier ist die Szene vielleicht näher beieinander als in den anderen beiden olympischen Disziplinen. Und die Zahl der Besitzer und Züchter von Buschpferden durchaus übersichtlich. Bei Ball des CDV (Club deutscher Vielseitigkeitsreiter) im Hotel Hof Sudermühlen vor einigen Wochen wurden nun Nägel mit Köpfen gemacht und der „Club der Besitzer von Vielseitigkeitspferden“ aus der Taufe gehoben. Auch Züchter dürfen mitmachen, die sich (oft entgegen den aktuellen Trends) dafür entscheiden, einen Vollbluthengst oder zumindest einen hoch im Blut stehenden Hengst zu benutzen, um das „xx“ nicht ganz aus den Pedigrees verschwinden zu lassen, um Härte, Galoppiervermögen und „Saft“ für kommende Pferdegenerationen zu erhalten. Wer einen Blick in die Abstammungen der diesjährigen Körungen wirft, was ich meine.

Und auch wer sich entscheidet, ein Vielseitigkeitspferd zu kaufen, zu halten und einem Reiter zur Verfügung zu stellen, muss ein bisschen verrückt sein. Im Vergleich zu Dressur- und Springpferdebesitzern sieht er sein Pferd nur selten am Start, das Gewinngeld ist im Vergleich zu den anderen mager, aber die Tierarzt- und andere Kosten sind dieselben. Das ist was für Freaks. Aber sie bekommen dafür anderes: Eine Szene, in der Horsemanship und Teamgeist eine große Rolle spielen, Geld dafür (noch) eine kleinere. Es gibt also genug Gründe, das Häufchen Besitzer und Züchter von Vielseitigkeitspferden bei der Stange zu halten. Und das soll jetzt geschehen.

„Gemeinsam erfolgreich“ lautet das Motto des neuen Vereins, und das heißt in diesem Fall, ein Netzwerk im Vielseitigkeitssport knüpfen, verbunden durch die Leidenschaft fürs Buschreiten. „Wir wollen zusammenrücken“, sagt Claudia Kirchfeld. Zusammen mit Dietrich Baumgart bildet sie den Vorstand des neuen Clubs. Beide sind in jungen Jahren selbst erfolgreich querbeet geritten, Kirchfeld stand auf der Longlist für die Weltmeisterschaft in Luhmühlen 1982, damals noch unter ihrem Mädchennamen Claudia von Brauchitsch. Baumgart wurde als 17-Jähriger Europameister der Junioren und 1982 Deutscher Vizemeister bei den Senioren. Inzwischen ist er Professor für Kardiologie und Vater einer erfolgreichen Buschreiterin. Die beiden wissen also, wovon sie reden.

Zu den Initiatoren gehörte auch Peter Thomsen, der in den vielen Jahren, in denen er erst als Reiter und jetzt als Bundestrainer auf den großen Plätzen dieser Welt unterwegs ist, gesehen hat, wie Besitzer und Züchter anderswo behandelt werden. „Dort haben sie auf den großen Turnieren ihren Anlaufpunkt, wo sie sich treffen können. Man kann die Besitzer doch nicht einfach am Rande des Abreiteplatzes stehen lassen.“

Wirklich nicht. Und in so einer gemütlichen Ecke am Rande Turniers kann man sich austauschen, fachsimpeln vielleicht über den Kauf eines neuen Pferdes oder etwas mehr Unterstützung für einen Reiter reden. Beifall bekommt Peter Thomsen von seinem Vorgänger Hans Melzer. Die vielen deutschen Erfolge in der Vielseitigkeit in den vergangenen Jahren seien ohne die Pferdebesitzer nicht möglich gewesen, sagt der. Nun bekommen sie ihren eigenen Verein, an der Satzung wird noch gebastelt. Gegen einen geringen Jahresbeitrag, man spricht von 90 Euro, ist man dabei. In Luhmühlen am 25./26. März stellt der Club sich vor. Willkommen sind Besitzer, Züchter, Reiter und Sponsoren. „Wir wollen dafür sorgen, dass künftig auch diejenigen im Rampenlicht stehen, ohne die der Erfolg von Reiter und Pferd niemals denkbar wäre“, heißt es. Deswegen also: „Club der Besitzer von Vielseitigkeitspferden“. Unter uns: Ins Rampenlicht drängt sich keiner. Ein trockenes Plätzchen, eine heiße Tasse Kaffee und das Gefühl, dazu zu gehören, das wäre schon was!air jordan 1 royal nike outlet | michael kors outlet store grove city

Gabriele PochhammerHerausgeberin

Herausgeberin des St.GEORG, den sie als Chefredakteurin von 1995-2012 als erste Frau auf dieser Position verantwortet hat. Als Berichterstatterin auf elf Olympischen Spielen und unzähligen Welt- und Europameisterschaften. Erfolgreiche Pferdezüchterin: Der von ihr gezogene Wallach Leonidas II war eines der besten Vielseitigkeitspferde seiner Zeit. Eines der Fachgebiete: internationale Sportpolitik, schreibt für die Süddeutsche Zeitung.

  1. Horst Müller

    Liebe Frau Pochhammer,
    eine wirklich schöne Darstellung der Situation im Vielseitigkeitssport.
    Doch vielleicht sollte man nicht vergessen, dass die Pflege der Pferdebesitzer, der Mäzene und der Sponsoren eine Pflichtaufgabe des Reiters sein sollte.
    So habe ich dieses in über zwei Jahrzehnten erleben dürfen, in denen ich diesen Job stellvertretend für einen Championatsreiter erledigt habe.
    Wir unterhielten eine große Sponsorenfamilie die sich nicht nur auf Veranstaltungen traf, sondern im ständigen persönlichen Kontakt war und mit „Sponsorenheften“ bedacht wurde, die umfassende Informationen lieferten.

    Wie wichtig die Information von Besitzern, Mäzenen und Sponsoren ist, erkannt man auch an der damaligen Initiative des leider viel zu früh verstorbenen Vielseitigkeitsausschussvorsitzenden Holger Heigel, der für die Bundeskaderreiter ein Internetportal geschaffen hatte, welches Unterstützern, Mäzenen und Sponsoren ermöglicht hatte sich umfassend über den Sport zu informieren.
    Neben Terminübersichten, Ergebnisarchiven, Reglement und Prüfungsvoraussetzungen sowie Porträts der Kaderreiter verlinkt mit den Ergebnisdareien der FEI und den Homepages der Reiter lieferte Holger Heigel schon sehr gute Informationen um nicht nur Interessierten den Sport näher zu bringen, sondern auch den Eingeweihten Informationen zu ihren Reitern und Pferden zu geben.
    Bei den auf dem o.g. Internetportal dargestellten offenen und für jedermann zugänglichen Informationen konnte damals auch noch nachvollzogen werden wie die Kader- und Championatsnominierungen aufgrund der von der FN erlassenen Vorschriften wie z.B. der Verfahrensordnung zustande kamen.

    Eine gute Transparenz hat dem Sport noch nie geschadet. Wohl aber nicht nachvollziehbare Entscheidungen, die nicht im Einklang mit geltenden Vorschriften stehen.


Schreibe einen neuen Kommentar