Nach den Mannschafts-Medaillen Springen, Plastikgeld und digitale Nationalflaggen

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Christian Ahlmann und Sohn Leon beim Parcoursabgehen, EM Rotterdam 2019. (© Pauline von Hardenberg)

St.GEORG Herausgeberin Gabriele Pochhammer über Springreiternachwuchs, digitale Nationalflaggen, Plastikgeld und Entspannungsbierchen.

Das sind die Momente, derentwegen es so einen Spaß macht, über Reiter, Pferde und Turniere zu berichten. Wenn es gut gelaufen ist, dann lacht auch das Herz des Reporters, dann freut er sich über diese tollen Leistungen, am meisten natürlich, wenn es die eigenen Leute sind, aber auch über die anderen Sternstunden des Sports, egal wer sie uns hinzaubert.

So wie gestern Abend, die Belgier, die sich vom achten Platz zum Titel durchgewühlt haben, laut Trainer Peter Weinberg ja das Ergebnis einer generalstabsmäßigen Planung. Der Mann aus Herzogenrath, Vorstandsmitglied des Aachen-Laurenberger Rennvereins (ALRV) und früher selbst hocherfolgreich im Springsattel, strahlte wie ein Honigkuchenpferd. Hochstimmung auch bei den deutschen Vizeeuropameistern. Der Stress war weg, Otto Becker griff zum Entspannungsbierchen und man sah ihm an, wie froh er war, auch dass er die beiden Heimkehrer Daniel Deußer und Christian Ahlmann wieder mit dabei hatte. Ohne sie hätte es tatsächlich trübe ausgesehen, und am Ende hatte jeder der vier Reiter, außer den beiden auch Marcus Ehning und Simone Blum, seinen Anteil an dieser Silbermedaille. „Wir haben nicht Gold verloren, sondern Silber gewonnen“, sagte Otto Becker. Das sagt er immer in so einem Moment und es stimmt ja auch.

Der Abend wurde bei einem fröhlichen Essen mit Familien, Pflegern und wer sonst noch dazu gehört gefeiert. Auch der siebenjährige Leon, Christian Ahlmanns Sohn, durfte ein bisschen länger aufbleiben. Vorher hatte er gemeinsam mit dem Papa den Parcours abgeschritten und ihm beim Abreiten zugeschaut. „Er mag keine Fehler“, sagte Christian. Dann konnte der Junior ja gestern hochzufrieden sein. Morgen wird Clintrexo nicht mehr gehen, eine gute Entscheidung, der zehnjährige Schimmelhengst hat am Ende bei seinem ersten Championat seine Sache sehr gut gemacht.

Es wird ja beim Springreiten nicht gewettet, was sicher sein Gutes hat, aber wer sein Geld daraufsetzen würde, dass Ben Maher auf Explosion W morgen Europameister wird, bekäme wohl gerade mal seinen Einsatz zurück. Der erste zehnjährige Fuchs ist nicht nur ein weiterer Erfolgssohn des selbst im Sport bewährten Spitzenvererbers Chacco Blue mit vielen Holsteiner Genen auch auf der Mutterseite, er ist das überragende Pferd dieser EM. Maher reitet ihn, seitdem der Fuchs sechs Jahre alt ist, zwischendurch sammelte er Erfahrungen unter Carly Anthony, Daniel Zettermann und Emily Watson. Seit April 2018 hat Maher ihn wieder selbst übernommen. Explosion sei in jeder Hinsicht selbstbewusst und vertrauensvoll, sagt er. „He loves life.“ Er liebt offenbar auch den Sport, könnte gar nicht schnell genug auf den LKW kommen, wenn es losgeht. Er gibt seinem Reiter das Gefühl, alles sei möglich, und den Eindruck hat auch der Zuschauer.

Mit den optisch etwas kargen Parcours haben wir uns abgefunden, der Aufbauer Louis Konickx zeigt uns, dass es nicht unbedingt teurer Aufbauten bedarf, um Weltklassekurse zu bauen. Der Blumenschmuck wird inzwischen von einer Düsseldorfer Gärtnerei ins Blumenland Holland geliefert, ohne wirklich Aha-Erlebnisse zu produzieren.

Nicht gewöhnen können wir uns daran, dass bei den Siegerehrungen keine Flagge weht, sondern man auf der großen Leinwand lediglich ein digitales Pendant sieht, das so tut, als sei es vom Wind bewegt. Dass man für jede Cola, die man käuflich erwirbt, die Karte ziehen muss, erwärmt einen ebenfalls nicht fürs digitale Zeitalter. Die wollen uns wohl das Bargeld abgewöhnen!!

Auch für die Musik hätte ich noch ein paar Tipps. Es muss ja nicht gleich die Ambosspolka sein. Aber Ohrwürmer aus dem vorigen Jahrhundert in mit Beats und Klatschern unterlegter Grölversion, wie „Let it be“– das hat John Lennon nicht verdient.

Heute gibt es nochmal mindestens zwei Medaillen in der Dressurkür – wenn Showtime und Bella Rose nicht aus dem Viereck springen. Also Daumen halten! Und Dalera ist ja auch noch da …Axel Arigato Men's Bird Tape Sneakers in Cremino, women and kids • Hanbags and accessories | adidas yeezy boost 350 v2 citrin fw3042

Gabriele PochhammerHerausgeberin

Herausgeberin des St.GEORG, den sie als Chefredakteurin von 1995-2012 als erste Frau auf dieser Position verantwortet hat. Als Berichterstatterin auf elf Olympischen Spielen und unzähligen Welt- und Europameisterschaften. Erfolgreiche Pferdezüchterin: Der von ihr gezogene Wallach Leonidas II war eines der besten Vielseitigkeitspferde seiner Zeit. Eines der Fachgebiete: internationale Sportpolitik, schreibt für die Süddeutsche Zeitung.