Zu Besuch beim amerikanischen Traum

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In gut einem Jahr beginnen die Weltreiterspiele im amerikanischen Tryon. St.GEORG-Herausgeberin Gabriele Pochhammer war vor Ort und hat sich ein Bild gemacht.

Es ist schwer, Mark Bellissimo eine Frage zu stellen. Man muss warten, bis er Atem holt, wenn er von seinen Visionen erzählt, und dann blitzschnell verbal dazwischen grätschen. Und der Mann hat einen verdammt langen Atem. Den braucht er auch, normalerweise reicht ein Menschenleben nicht, um alles umzusetzen, was Mark Bellissimo sich vorgenommen hat.

Die besten Weltreiterspiele aller Zeiten

Etwa im nächsten Jahr vom 11. bis 23. September im Tryon International Equestrian Center (TIEC) inmitten im bewaldeten Hügelland von North Carolina, also in the middle of nowhere, die besten Weltreiterspiele aller Zeiten auf die Beine zu stellen. Es sieht so aus, als könnte es klappen. Wir, eine Gruppe europäischer Pferdesportjournalisten, durften uns drei Tage lang umschauen, auf dem Gelände, auf dem im nächsten Jahr Pferdesportler in acht Disziplinen um WM-Titel kämpfen werden. Per Auto, im Golfwagen und im Hubschrauber.

Meine Versuche, ein paar kleinere Strecken zu Fuß zu bewältigen, gestalteten sich schwierig. Kaum hatte ich hundert Meter hinter mir, hielten ein Caddywagen oder ein Auto an und wollte mich mitnehmen. Ich glaube, wer in den USA freiwillig zu Fuß geht, mit dem kann was nicht stimmen. Dennoch habe ich auf meinem Fußmarsch bestanden, schon um den Schrittzähler in meinem Handy zufriedenzustellen und um die Hündchen, die stolz wie Bolle auf dem Beifahrersitz thronten, nicht zu vertreiben. Man ist ja einiges aus Badminton oder Burghley gewöhnt, von rattenkleinen Kläffern bis zu stattlichen Kälbern, aber so viele Hunde habe ich noch nie auf einem Turnier gesehen. 

Erster Eindruck nach drei Tagen TIEC-Erlebnis: Zwei Dinge werden schon mal keine Rolle spielen, Platz und Geld. Und das ist ja mehr, als man von den meisten World Equestrian Games (WEG) bisher sagen kann… Aber es wird ein Wettlauf mit der Zeit. Und Mark Bellissimo lässt keinen Zweifel daran, dass er den zu gewinnen gedenkt.

Wer braucht schon ein Orga-Team?!

Den 50-Millionen-Etat wuppen Mark und seine Milliardärspartner, fünf Familien, offenbar mit links, eine siebenstellige Summe davon kassiert übrigens die Internationale Reiterliche Vereinigung (FEI) und das, obwohl sie vor anderthalb Jahren händeringend nach einem Organisator für die Mammutveranstaltung suchte. Das kanadische Bromont musste die WEG zurückgeben, nachdem die Regierung sich weigerte, den Geldhahn aufzudrehen, was sie im übrigen nie zugesagt hatte. Mark Bellissimo braucht kein Regierungsgeld, er braucht noch nicht mal ein Organisationskomitee. „Es werden die ersten Weltreiterspiele ohne öffentliche Gelder und ohne Organisationskomitee“, sagt er. Der 55-Jährige und seine Partner zahlen alles selbst, bis auf die Zugangsstraßen, die zur Zeit überall neu angelegt werden. Die übernimmt der Staat. Natürlich bringt er auch eine Anzahl Sponsoren. Aber man hat nicht den Eindruck, als sei er darauf angewiesen. Unter anderem ist der FEI-Generalsponsor Longines mit von der Partie, eine Bedingung des Weltverbandes. Dafür räumt Uhrenkonkurrent Rolex für zwei Wochen im September 2018 das Feld. In diesem Jahr – während wir da sind, läuft gerade ein CSI 5* mit einem mit 330.000 Dollar dotierten Grand Prix – ist die George-Morris-Arena noch von den grün-gelben Rolex-Banden und -Hindernissen geprägt, im nächsten Jahr weht die Longines-Fahne. „Rolex war in diesem Punkt sehr großzügig“, sagt Mark Bellissimo.

 

Amerikanischer Gigantismus

Er lässt es sich nicht nehmen, selbst mit uns herumzufahren. Er hat das Gelände vor sieben Jahren gekauft und die fünf Partner zusammen haben, wie er sagt, rund 200 Millionen Dollar investiert. Die Arbeitslosigkeit betrug bis dahin 18 Prozent, konnte auf unter zehn Prozent gesenkt werden. Das mag erklären, warum die Gemeinde die neuen Investoren mit offenen Armen aufnahm und alle bürokratischen Hürden in Windeseile aus dem Weg räumte. Die jetzt schon riesige Anlage, insgesamt 1600 acres (circa 647 Hektar), wird noch einmal neu gestaltet. Eine Hauptarena für 40.000 Zuschauer soll entstehen, der Schauplatz der Dressur- und Springprüfungen. In der bisherigen Hauptarena  finden Vielseitigkeitsdressur und Paradressur statt. Das Gelände für den Cross und Vierspänner-Marathon liegt gleich daneben, ein kleiner Teil der Strecke führt durch das Hauptstadion. Eine gigantische Halle steht für Voltigierer und Reining bereit.

Alle Pferde werden in festen Boxen untergebracht, 1200 an der Zahl, in denen jetzt schon die Vierbeiner für die Turniere logieren, die an mehr als 30 Wochenenden in Tryon organisiert werden. Die Reiter, Pfleger, Offizielle und sonstige Entourage können in Blockhäusern auf dem Gelände wohnen. Wenn die denn reichen. Denn jetzt schon wurde es knapp, so musste sich der deutsche Parcoursaufbauer Olaf Petersen Jun. ein Hotel in 50 Kilometer Entfernung suchen, weil in Tryon kein Platz mehr war. Näher gebe es nichts halbwegs Vernünftiges, erklärte er mir. Der Sohn des zweifachen Olympiadesigners Olaf Petersen kommt jedes Jahr ein paarmal aus München um aufzubauen, aber nur zwischen Oktober und Mai. „Im Sommer ist es einfach viel zu heiß.“

Ob bauen oder kaufen – Geld spielt keine Rolle

Die sportliche  Leitung liegt allein in den Händen des Iren Michael Stone, der auch schon mal FEI-Generalsekretär war. Die Herausforderung für Mark Bellissimo ist Unterbringung aller Leute, die im nächsten Jahr nach Tryon strömen, man hofft voller Optimismus auf 500.000 Zuschauer. Viele werden Quartier brauchen. Bellissimo spricht von fünf Hotels direkt in Tryon. Zwei will er bis zu den Weltreiterspielen fertig haben. „Hier kommt der Ballsaal hin“, sagt er und zeigt auf eine freie Fläche, auf der Baumaschinen gerade enorme Mengen rote Erde bewegen.

Die Zimmer werden als Module mit Hilfe von hochmodernen Robotern in einer Fabrik hergestellt, die Mark Bellissimo mal eben gekauft hat, zehn Meilen entfernt. Auch die bekommen wir zu sehen. Wir dürfen nicht fotografieren, nur ein Bild ist erlaubt. Die Maschinen kommen aus Schweden, hätten eigentlich eine Lieferzeit von anderthalb Jahren, aber dann sind die Weltreiterspiele schon Geschichte. Zu seinem Glück fand Bellissimo einen US-Unternehmer, der die Roboter schon hatte und sie ihm flugs verkaufte. Einige Prototypen der Zimmer sind bereits fertig, einfach, mittel und Luxus, alle in ihrer Kategorie gleich ausgestattet und am Ende stapelbar. 16 solcher Zimmer schaffen die Roboter pro Tag. Und jeder Tag zählt. Für die Innenausstattung ist Katherine Bellissimo zuständig, Mutter zweier Töchter und zweier Söhne, und deutlich mehr als die Frau an seiner Seite. Die schlanke Blondine ist eine passionierte Reiterin, die Töchter auch. Sie teilt seine Vision, die Region nach vorne zu bringen, auch über die Weltreitersspiele hinaus.

Wie das funktioniert, haben die beiden in Wellington in Florida vorgemacht, dem ersten großen Turniersportzentrum in den USA. Seit dem die Bellissimos es vor sieben Jahren übernahmen, haben sich die Immobilienpreise in der Region vervielfacht. So ähnlich sollte es auch rund um Tryon funktionieren. Im Moment kostet Bauland fast nichts, doch das könnte sich ändern. Denn auch jemand wie Mark Bellissimo, der bereits große Flächen rund um Tryon gekauft hat, will doch, dass sich alles am Ende irgendwie rechnet.

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Gabriele PochhammerHerausgeberin

Herausgeberin des St.GEORG, den sie als Chefredakteurin von 1995-2012 als erste Frau auf dieser Position verantwortet hat. Als Berichterstatterin auf elf Olympischen Spielen und unzähligen Welt- und Europameisterschaften. Erfolgreiche Pferdezüchterin: Der von ihr gezogene Wallach Leonidas II war eines der besten Vielseitigkeitspferde seiner Zeit. Eines der Fachgebiete: internationale Sportpolitik, schreibt für die Süddeutsche Zeitung.